20.04.2024

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Folge 42-21 vom 22. Oktober 2021 / Linkspartei / Streit um die Ursachen der Niederlage / Sahra Wagenknechts Kritik ist scharf, doch nicht jeder will sie hören

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-21 vom 22. Oktober 2021

Linkspartei
Streit um die Ursachen der Niederlage
Sahra Wagenknechts Kritik ist scharf, doch nicht jeder will sie hören
Peter Entinger

Die Linkspartei war der große Wahlverlierer der Bundestagswahl. Gegenüber 2017 hat sich ihr Ergebnis fast halbiert. Mit 4,9 Prozent drohte sie sogar den Einzug in den Bundestag zu verpassen. Nur weil die dafür erforderlichen drei Direktmandate gewonnen wurden, konnte die Linke dank der Grundmandatsklausel die Fünf-Prozent-Hürde umgehen. Von den 69 Sitzen, die sie in der vergangenen Legislaturperiode hatte, sind aber nur noch 39 übrig.

 Die Analyse hat längst begonnen, die Streitigkeiten sind geblieben. Im Mittelpunkt steht die frühere Bundestagsfraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht, Ehefrau des Ex-Parteichefs Oskar Lafontaine. Sie kritisiert in einem Buch, dass sich die „Lifestyle-Linke“ von der Arbeiterklasse distanziere und eine akademische Mittelschicht bediene, also ein Milieu, das oft grün wählt. 

Zumindest für den Westen gilt das. In der „alten BRD“ bekamen die Postkommunisten gerade noch 3,7 Prozent der Stimmen. Jene, denen ihre Anbindung an Antifa-Kreise sowie ihr vehementes Eintreten für multikulturelle Utopien und für eine großzügige Einwanderungspolitik gefällt, wählen dort trotzdem lieber grün. „Diese Wähler haben in großer Zahl gleich das Original, die Grünen gewählt. Mit denen haben sie ja auch eine Regierungsoption“, sagte die bisherige Zwickauer Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann, die nun ihren Stuhl räumen muss. 

Und im Osten hat den Linken die AfD den Rang als „soziale Protestpartei“ längst abgelaufen. Dort einst Volkspartei hat sie nicht einmal mehr in allen neuen Bundesländern ein zweistelliges Ergebnis geschafft. Schlimmer noch: Sie fiel in Sachsen und in Brandenburg hinter die FDP zurück. 

Konkurrenz der Grünen im Westen

„Es gibt eine ganze Reihe von Umfragen, in denen gerade die Menschen, die nicht in Großstädten wohnen und nicht akademisch gebildet sind, sagen: Die Linke ist nicht mehr meine Interessensvertretung“, analysierte Wagenknecht. Menschen im Niedriglohnsektor sowie Rentner habe die Linke zuletzt zu stark außer Acht gelassen. „Wenn viele von diesen Leuten das Gefühl haben, dass ihre Pro-bleme nicht mehr ernst genommen werden, ist das etwas, was wir sehr ernsthaft zur Kenntnis nehmen müssen“, sagte die gebürtige Thüringerin, die über die Landesliste Nordrhein-Westfalens wieder in den Bundestag eingezogen ist, dort selbst aber auch die Fünf-Prozent-Marke verfehlte.

Doch Wagenknechts Kritik ist in der Partei hochumstritten und überschattet auch die Konstituierung der neuen Bundestagsfraktion. „Wagenknecht, ihre Positionen und ihre Politikvorstellung sind verantwortlich für die massive Zerrissenheit in vielen Landesverbänden, für Parteiaustritte und der Grund, warum viele engagierte junge Menschen, die wir so dringend brauchen, nicht zu uns kommen“, heißt es in einer Stellungnahme mehrerer Linkspolitiker mit Immigrationshintergrund. 

Aktuell bilden Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch den Fraktionsvorsitz. Die Partei wird von Janine Wissler aus Hessen und der Thüringerin Susanne Hennig-Wellsow geführt. Am Personal will die Linke erst einmal nicht rühren. Es gibt auch kaum noch geeignetes Spitzenpersonal. 

Konkurrenz der AfD im Osten 

So ist es kein Wunder, dass neben Wagenknecht Altmeister Gregor Gysi zu den bekanntesten Politikern gehört. Nur dank der durch ihn sowie Gesine Lötzsch und Sören Pellmann gewonnenen Direktmandate in Berlin und Leipzig kann die Partei wieder in den Bundestag einziehen. Als Konsequenz aus dem Wahldebakel forderte Gysi, zur mitteldeutschen Identität zurückzukehren, die „nur noch und immer stärker“ von der AfD vertreten werde: „Es muss jeden Monat einen Antrag zur Situation in Ostdeutschland durch uns im Bundestag geben“, sagte er, der feststellte, dass es „mittlerweile mehr West- als Ostdeutsche in der Partei“ gebe. Er beklagte, dass zu viel miteinander über inhaltliche Fragen gestritten werde. Für viele Menschen entstehe so der Eindruck, „dass wir uns nicht um sie kümmern, sondern vorwiegend um uns selbst“.