28.03.2024

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Folge 42-21 vom 22. Oktober 2021 / John Boyd Dunlop / Seine Luftreifen ermöglichten einen Weltkonzern / Eigentlich hatte der vor 100 Jahren in Dublin gestorbene Tierarzt nur seine Nerven schonen und seinem Sohn helfen wollen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-21 vom 22. Oktober 2021

John Boyd Dunlop
Seine Luftreifen ermöglichten einen Weltkonzern
Eigentlich hatte der vor 100 Jahren in Dublin gestorbene Tierarzt nur seine Nerven schonen und seinem Sohn helfen wollen
Manuel Ruoff

Dunlop ist eine der bekanntesten Reifenmarken der Welt. Maßgeblichen Anteil hieran hat ihr Namensgeber, John Boyd Dunlop. Der am 5. Februar 1840 im schottischen Dreghorn geborene Spross einer Bauernfamilie wurde Tierarzt. Dunlop war aufgeweckt, aber von schwächlicher Natur, und die Eltern konnten ihm als Alternative zu einer Tätigkeit in der Landwirtschaft eine Ausbildung am Royal Dick Veterinary College ermöglichen. Zwei Jahre nach der Beendigung der Ausbildung eröffnete er mit 21 Jahren eine Tierarztpraxis in Irland, die er sehr lange betrieb. Sie sollte die am längsten praktizierende ganz Irlands werden.

Eigentlich galt Dunlops Interesse eher Tieren als Fahrrädern, aber sein Sohn hatte eines. Und damit beginnt die legendäre, vielfach ausgemalte Geschichte der Erfindung des luftgefüllten Reifens durch John Boyd Dunlop. 

Er selbst hatte die Mitte Vierzig bereits überschritten und sein um die zehn Jahre alter Sohn John ein Dreirad. An diesem Dreirad hatte Dunlop senior etwas auszusetzen. Mal heißt es, dass ihm das Gefährt zu laut gewesen sei, mal, dass ihn dessen Spuren im sorgsam gepflegten Rasen gestört hätten. Es ist aber auch davon die Rede, dass er die Chancen seines Filius bei Rennen mit dessen Freunden habe verbessern wollen. Jedenfalls ging er daran, das Dreirad zu optimieren. 

1889 Gründung von Dunlop

Dazu widmete er sich den Rädern beziehungsweise der Bereifung. Dunlop hatte schon als Kind eine Begabung für technische Zusammenhänge bewiesen und als Tierarzt für seine Tätigkeit Apparaturen konstruiert. Dabei hatte er Erfahrungen mit der Verarbeitung von Gummi gesammelt. Er nahm also schmale Gummistreifen, für die er seine Gummischürze zerschnitten haben soll, und klebte die Streifen zu einem Schlauch zusammen. Aus einem Schnuller beziehungsweise dem Oberteil einer Babyflasche sowie einer Stricknadel konstruierte er das Ventil. Den Schlauch umwickelte er dann mit Stoffstreifen, die aus dem Kleid seiner Ehefrau gestammt haben sollen, und pumpte ihn dann mithilfe einer Fußballpumpe auf. 

Am 28. Januar 1888 führte das Kind die erste Probefahrt durch, und die Erfindung des Vaters wusste zu überzeugen. Am 7. Dezember 1888 ließ Dunlop sich den pneumatischen Reifen patentieren. Bei einem lokalen Fahrradbauer ließ er 50 Räder mit Luftreifen anfertigen.

1895 Ausstieg aus Dunlop

Die Überlegenheit der neuen Technik erwies sich bei diversen Radrennen der sportbegeisterten Briten als überzeugend. Am 18. Mai 1889 wurde am Queen’s College Sports in Belfast der noch ein konventionelles Rad fahrende nationale Radrennmeister Arthur Du Cros von einem Gegner mit luftgefüllten Reifen geschlagen. Der Vater des geschlagenen Meisters, William Harvey Du Cros, kam mit Dunlop ins Gespräch. Noch im selben Jahr gründeten die beiden gemeinsam mit weiteren Teilhabern Dunlop Ltd. 1890 wurde die Reifenproduktion in Dublin aufgenommen. Dunlop expandierte. In Deutschland, im hessischen Hanau, wurde 1895 die erste Auslandsniederlassung unter dem Namen „The Dunlop Pneumatic and Tyre Co. GmbH“ gegründet. Weitere Innovationen wie die Einführung von Metallnieten als Vorläufer der Spikes (1908), des Cordgewebes in den Reifendecken (1922), des Lamellenprofils (1959) und des Stahlgürtelreifens (1972) begleitete den Aufstieg des Unternehmens zu einem Konzern mit einem in seinen besten Jahren jährlichen Umsatz im zehnstelligen Dollarbereich.

 Da war der Namensgeber des Unternehmens aber schon längst raus. Bereits sechs Jahre nach dessen Gründung zog sich Dunlop aus dem gemeinsamen Unternehmen mit Du Cros zurück. Angeblich waren dem Tiermediziner die Geschäftsmethoden seines Geschäftspartners zu ruppig. Er hatte ja noch seine Tierarztpraxis. Vor 100 Jahren, am 23. Oktober des Jahres 1921, starb der als höflich, guterzogen, zurückhaltenden und sanftmütig beschriebene Gentleman in Dublin.