25.04.2024

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Folge 42-21 vom 22. Oktober 2021 / Krimi / Obduktion führt auf die Spur des Täters / René Anours Roman zeichnet den steinigen Weg einer Ärztin zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach, die einen feinen Spürsinn für Verbrechen hat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-21 vom 22. Oktober 2021

Krimi
Obduktion führt auf die Spur des Täters
René Anours Roman zeichnet den steinigen Weg einer Ärztin zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach, die einen feinen Spürsinn für Verbrechen hat
Angela Selke

Im Wien des Jahres 1908 ist es für Frauen äußerst schwierig, berufstätig zu sein. Zu studieren und im heiratsfähigen Alter einer anspruchsvollen Tätigkeit nachzugehen, wird als unangebracht angesehen. Frauen sollten schnell einen Ehemann finden und Kinder bekommen – das war auch die allgemeine Auffassung der Wiener Bevölkerung.

Von dieser Meinung lässt sich die Ärztin Fanny Goldmann in dem Krimi „Die Toten-Ärztin. Wiener Blut“ nicht abhalten, bei der Wiener Gerichtsmedizin zu arbeiten. Sie hat nur mit Mühe einen Aushilfsjob bekommen, denn der Leiter des Instituts hält Frauen generell für hübsches Beiwerk. Besser als nichts, denkt sich Fanny und hilft wissensdurstig bei den Obduktionen. So erhält sie neue wissenschaftliche Informationen und technische Details beim Untersuchen der Leichen. Alle ekelerregenden Aspekte wie die stinkenden Körperflüssigkeiten nimmt sie nur als sachliche Tatsachen hin und versucht die Gerichtsmediziner mit ihren Entdeckungen zu unterstützen. Von den Kollegen wird sie wenig ernstgenommen.

Fanny bemerkt bei einem neuen Fall eines scheinbar Obdachlosen, dass es kein natürlicher Todesfall zu sein scheint. Doch die Ärzte und die Polizei wollen der Todesursache nicht weiter auf den Grund gehen. Fanny will wissen, warum der scheinbare Obdachlose unter seinem verschmutzten Mantel ein gepflegtes Äußeres aufweist. Nachts obduziert sie trotz strengsten Verbots die Leiche. Sie findet heraus, dass das Opfer mit Morphium getötet worden und nicht an einem Herzinfarkt gestorben ist. Sie hofft, dass ihre Obduktion nicht ans Tageslicht kommt und behält das Ergebnis für sich. Bei dem Toten hatte sie einen Zettel zu einem geheimnisvollen Treffen gefunden. In Fanny erwacht die Abenteuerlust, und sie macht sich auf den Weg zum Treffen. Dort stößt sie auf einen Polizisten mit dem Decknamen „Blaumeise“.

Ein paar Tage später erscheint eine neue Tote mit den gleichen Symptomen, wie Fanny wieder anhand einer heimlichen Untersuchung feststellen kann. Sie wendet sich an den sympathischen Polizisten, denn er scheint mit in die Ermittlungen verwickelt zu sein, und sie machen sich gemeinsam auf, die mysteriösen Mordfälle zu klären. Sie begeben sich dabei in große Gefahr, selbst Opfer des skrupellosen Mörders zu werden.

René Anour schreibt in einem sehr blumigen Stil. Vielleicht soll dies den Zeitgeist und die Art des Denkens der damaligen „Weibsbilder“ zum Ausdruck bringen. Dennoch ist der Roman erfrischend und spannend. 

René Anour: „Die Toten-Ärztin. Wiener Blut“, Rowohlt Verlag, Hamburg 2021, Taschenbuch, 410 Seiten, 12 Euro