25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 43-21 vom 29. Oktober 2021 / Oder-Neiße-Grenze / „Grenzschutz“, der wirkungslos sein soll / Zahl der illegalen Grenzübertritte steigt sprunghaft an – Bundesregierung scheut effektive Maßnahmen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-21 vom 29. Oktober 2021

Oder-Neiße-Grenze
„Grenzschutz“, der wirkungslos sein soll
Zahl der illegalen Grenzübertritte steigt sprunghaft an – Bundesregierung scheut effektive Maßnahmen
Norman Hanert

Obwohl über die sogenannte Weißrussland-Route immer mehr Iraker, Syrer und Afghanen illegal nach Vorpommern, die Mark Brandenburg und den Freistaat Sachsen einreisen, will die Bundesregierung bislang nicht einmal vorübergehend Einreisekontrollen an Oder und Neiße einführen. Seit Jahresbeginn registrierte die Bundespolizei mehr als  6000 illegale Einreisen über Weißrussland, davon entfielen gut 3700 allein auf den Oktober. 

Unter Verweis auf den „nahezu explosionsartigen“ Anstieg der Zahl von Aufgriffen hatte bereits der Vorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft, Heiko Teggatz, temporäre Grenzkontrollen gefordert. Inzwischen sprach sich auch der Landrat des Kreises Märkisch-Oderland, Gernot Schmidt (SPD), für die Einführung solcher Kontrollen aus. Gegenüber der „Märkischen Allgemeinen“ beklagte er: „Unser Partner Polen lässt die Bundesrepublik im Regen stehen.“

Laut Schmidt dürfen Migranten weiterziehen, ohne dass die polnischen Behörden ihre Personalien erfassen. Aus Sicht des Landrats ließen sich die Einreisen am einfachsten verhindern, wenn an den Brückenverbindungen, etwa in Küstrin oder Frankfurt an der Oder, Kontrollen erfolgten.

Lokalpolitiker schlagen Alarm

Auch Gubens Bürgermeister Fred Mahro (CDU) erklärte inzwischen, er „glaube auch, dass man temporäre Kontrollen tatsächlich als ein probates Mittel einsetzen kann“. Dabei wies er darauf hin, dass es Situationen wie die Europameisterschaft gab, in der auch Polen temporäre Grenzkontrollen durchgeführt hat. Gegenüber dem Sender RBB machte Mahro aber auch klar, dass es in erster Linie darum gehen müsse, an der polnischen EU-Außengrenze zu Weißrussland „wieder einen regulären Betrieb hinzubekommen“. „Es kann nicht so sein, dass man das Problem nach Deutschland durchwinkt“, so Mahro.

Guben bekommt den Anstieg illegaler Einwanderung derzeit besonders zu spüren. Bürgermeister Mahro war nach eigenen Angaben selbst vor Ort, als der Bundesgrenzschutz illegal Eingewanderte aufgriff. Für die Splitterpartei „Der Dritte Weg“ war der Anstieg der illegalen Immigration inzwischen Anlass, ihre Anhängerschaft zu einem „Grenzgang“ aufzurufen. Als Gegenreaktion rückten zahlreiche Polizisten an, die tatsächlich einige Dutzend Anhänger der Kleinpartei in der Region um Guben aufspürte und ihnen Platzverweise erteilte.

Die Region trifft der Anstieg der illegalen Einwanderung in einer ohnehin seit Jahren angespannten Lage. Neben Forst ist auch in Guben die Zahl von Diebstahlsfällen und Einbrüchen im Vergleich zum übrigen Brandenburg besonders hoch. Die Neißestadt war vor einigen Jahren auch von einer Welle brutaler Raubüberfälle auf Senioren betroffen. Als Täter war eine polnische Jugendbande ermittelt worden. Als Konsequenz aus der starken Kriminalitätsbelastung führt Brandenburgs Polizei seit einigen Jahren mit polnischen Beamten gemeinsame Streifen durch.

Den Ausbau solcher gemeinsamen Streifen regte inzwischen auch der scheidende Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) an. Wie auch Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU), lehnt die amtierende Bundesregierung jedoch stationäre Kontrollen an Oder und Neiße derzeit nch wie vor ab.

Die deutsch-polnischen Patrouillen und stationäre Kontrollen durch die Bundespolizei haben sehr verschiedene Wirkungen: Horst Seehofer selbst sagte, bei den Patrouillen gehe es darum, „mögliche Grenzgänger auf der Grünen Grenze zu identifizieren und auch Schleuser dingfest zu machen“.

Einfallstor deutsches Asylrecht

Erfolgt die Identifizierung der Illegalen durch die gemeinsamen Polizeistreifen bereits östlich der Oder vor dem späteren Grenzübertritt, besteht zumindest theoretisch die Möglichkeit, dass die Bundesrepublik unter Verweis auf die Dublin-Vereinbarungen ihre Rücküberstellung nach Polen vornimmt. Ob dies praktisch geschieht, ist angesichts der bisherigen Erfahrungen jedoch fraglich. Tschetschenen nutzen die Route über Weißrussland und Polen schon seit Jahren zur illegalen Einreise in das Bundesgebiet. In sehr vielen Fällen haben die hiesigen Behörden auf eine Rücküberstellung tschetschenischer Asylsucher an die polnischen Behörden jedoch verzichtet. Wie vor einigen Jahren eine parlamentarische Anfrage der brandenburgischen AfD-Landtagsfraktion ergab, betrieb die Bundesrepublik in vielen Fälle einen sogenannten Selbsteintritt in die Asylverfahren der Tschetschenen. Als Resultat war damit ganz offiziell nicht mehr Polen, sondern Deutschland für diese Asylverfahren zuständig.

Wie der Vorsitzende der Bundespolizeigewerkschafter Teggatz in seinem Schreiben an Seehofer aufzeigte, sind sofortige Zurückweisungen der illegal in die EU eingereisten Personen nur dann möglich, wenn der deutsche Innenminister die Einführung vorübergehender Kontrollen ganz offiziell bei der EU-Kommission anmeldet.