27.04.2024

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Folge 43-21 vom 29. Oktober 2021 / Berlin-Mitte / Flaute in der gesperrten Friedrichstraße / Trotz eindeutig negativer Resultate will grüne Senatorin an ihrem „Verkehrsversuch“ festhalten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-21 vom 29. Oktober 2021

Berlin-Mitte
Flaute in der gesperrten Friedrichstraße
Trotz eindeutig negativer Resultate will grüne Senatorin an ihrem „Verkehrsversuch“ festhalten
Frank Bücker

Im August 2020 ließ die nunmehr scheidende Berliner Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) einen Teil der Friedrichstraße in Berlin-Mitte für den Autoverkehr sperren. Sie behauptete, dies sei ein „Verkehrsversuch“, um die „Aufenthaltsqualität“ zu verbessern. Beobachter befürchteten schon damals, dass der Versuch zu einer Dauereinrichtung mutieren würde. 

Nun gibt es dort keine Autos mehr, aber Verkehrszählungen ergaben, dass es nun auch 35 Prozent weniger Fußgänger in der Friedrichstraße gibt. Unter den verbliebenen Passanten ließ das grün regierte Bezirksamt Mitte eine Umfrage erheben. Dabei erklärten 82 Prozent von 1.281 Befragten, sie wünschten sich dauerhaft eine Fußgängerzone. Eine fundierte Auswertung des Versuchs in der Friedrichstraße durch die Verkehrsverwaltung ist zwar noch nicht erfolgt, diese wird frühestens Anfang 2022 erwartet. Die Senatorin hat aber schon einmal festgestellt, die Sperrung sei „erfolgreich verlaufen“. Daher will sie nun dauerhafte Fakten schaffen. 

Günther und der Bezirk Mitte haben eine sogenannte Teileinziehung für den Autoverkehr bei der zuständigen Straßenbehörde beantragt: „Mit mehr Grün, Plätzen zum Bummeln und Verweilen – angepasst an die Klimaerhitzung, sehr gut erreichbar, aber ohne private Autos“, so die Senatorin. Sie will „die Attraktivität dieses prominenten Ortes und seiner Umgebung“ gemeinsam mit Berlinern und Anrainern neu gestalten. 

Von Gemeinsamkeit kann jedoch kaum die Rede sein, denn die meisten Gewerbetreibenden waren und sind gegen die Straßensperrung. In Wien gibt es einen scheinbar vergleichbaren Fall. Dort ließ die zuständige Verkehrsministerin Maria Vassilakou die Mariahilf-Straße mit den gleichen Argumenten sperren. Anders als in Berlin verzichtete Vassilakou aber darauf, die Mariahilfer Straße zum Radrennweg umzugestalten. Im Ergebnis gab es zumindest keine Schädigung der Gewerbetreibenden. Einige Geschäfte schlossen – andere öffneten. 

Handel und Gewerbe protestieren

In der Friedrichstraße ist das anders. Das Luxuskaufhaus „Quartier 206“ krankt an schwindendem Zuspruch. Sogar die Zwangsversteigerung steht im Raum. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU, Oliver Friederici: „Wer da allen Ernstes von einem ,vollen Erfolg‘ spricht und den Versuch zur Dauerlösung erklärt, betreibt Realitätsverweigerung.“ Frank-C. Hansel von der AfD wirft der Senatorin und ihrer Partei vor, die Geschäftsstruktur in der Friedrichstraße zu zerstören. Sogar in dem Zwischenbericht des Umweltsenators wird eingeräumt, dass auf dem gesperrten Straßenabschnitt nicht mehr Fußgänger flanieren als vor der Sperrung und zwei Drittel der Geschäftsleute sich einer Befragung verweigern. 

Sowohl der Verein „Die Mitte“, in dem die Gewerbetreibenden vor Ort organisiert sind, als auch der Handelsverband Berlin-Brandenburg sowie die Industrie- und Handelskammer (IHK) hatten gegen die Sperrung der Friedrichstraße protestiert. In der Straße eröffneten auch keine neuen Cafés und Restaurants, und auch keine neuen Läden.