24.04.2024

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Folge 44-21 vom 05. November 2021 / Abschied von der bürgerlichen Familie / Noch ist unklar, welche gesellschaftspolitischen Akzente die künftige Ampel-Koalition setzen wird. Jedoch sind sich sozial-demokratische, grüne und liberale Politiker einig darin, dass die klassische Vater-Mutter-Kind-Familie nicht mehr zeitgemäß ist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-21 vom 05. November 2021

Abschied von der bürgerlichen Familie
Noch ist unklar, welche gesellschaftspolitischen Akzente die künftige Ampel-Koalition setzen wird. Jedoch sind sich sozial-demokratische, grüne und liberale Politiker einig darin, dass die klassische Vater-Mutter-Kind-Familie nicht mehr zeitgemäß ist
Birgit Kelle

Das familienpolitische Programm der wahrscheinlichen Ampel-Regierung steht schon vor den Koalitionsgesprächen fest: Die bürgerliche Familienpolitik hat ausgedient. Längst fokussiert sich Familienpolitik auf die Interessen der bunten Ränder neuer identitärer und sexueller Lebensformen und vermeintlichen Opfergruppen, auch wenn rhetorisch gerne weiterhin die gesellschaftliche „Mitte“ beschworen wird. Die Mehrheit des kulturellen und statistischen Normalfalls aus Vater-Mutter-Kind ist jedoch aus dem Blickfeld geraten. 

Kurz vor der Sommerpause 2021 und im anrollenden Bundestagswahlkampf genehmigte sich die letzte Große Koalition unter Federführung der SPD, jedoch unter breitwilligem Abnicken der CDU, noch eine neue „Bundesstiftung Gleichstellung“, die mit Millionenetats die Geschlechterpolitik der Regierung definieren und sogar den Gleichstellungsbericht erstellen soll. Und besser als mit der gerade erst verkündeten Besetzungsliste für die bislang vakanten beiden Posten der, Zitat: „Direktor*innen“, hätte man nicht zusammenfassen können, was uns unter den Bedingungen einer wahrscheinlichen Ampel-Koalition als Gesellschaft in den kommenden Jahren an Frauen- und Familienpolitik erwarten wird. Denn die Führung wurde gerade mit Lisi Maier und Dr. Arn Sauer symbolhaft zum einen an den institutionalisierten Quoten-Feminismus und zum anderen an einen Transaktivisten der ersten Stunde vergeben.  

Zweifelhafte „Experten“

Maier, die mit „Elisabeth“ auch durchaus einen ernstzunehmenden Vornamen besitzt, kommt als Parteimitglied auf dem Ticket der SPD und war seit 2016 als stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Frauenrats aktiv, dem Sammelbecken steuerfinanzierter Gender-Mainstreaming-Damen. Arn Sauer wiederum ist Gründungmitglied des Bundesverbandes Trans* e.V. man rühmt ihn in der Szene als Referenten im Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsbereich, als Gender-Trainer und Engagierten bei TransInterQueer e.V. in Berlin.

Mit der gesamten Stiftung, die nichts anderes tun soll, als Kernaufgaben eines bereits aufgeblasenen Familienministeriums zu erledigen, hat man also einem inoffiziellen Expertentum durch einschlägige Lobbygruppen den Weg bereitet. Und die arbeiten jetzt ohne parlamentarische Kontrolle, aber mit sicheren Etats. Eine vorparlamentarische Gender-APO ist damit auf Jahre durchfinanziert, den Zugang zu dem Geldsegen regelt derzeit die SPD. Mit Arn Sauer haben auch die Grünen einen ehemaligen Stipendiaten ihrer Heinrich-Böll-Stiftung installiert. 

Sollte immer noch jemand glauben, Gleichstellungspolitik der Zukunft habe irgendetwas mit der statistischen Normalfrau und ihrer durchschnittlichen Familie mit 1,4 Kindern zu tun, der möge seine Hoffnungen gleich begraben. Denn es sind nicht nur diese beispielhaft herausgegriffenen Personalien, die dagegen sprechen, sondern eine Entwicklung, die sich seit Jahren anbahnt. Vorangetrieben von Linken und Grünen, und konsequent und naiv ignoriert von CDU und CSU.

Ignoranz der bürgerlichen Parteien 

„Das Familienministerium ist nicht wichtig.“ Der Satz war unfreiwillig die vielleicht kürzeste, aber wohl ehrlichste Begründung, warum die CDU ihren Status einer Volkspartei wahrscheinlich für immer verspielt hat. Sie hat ihn selbst fahrlässig verschenkt, indem sie ihren gesellschaftspolitischen Gestaltungsanspruch ohne Not aufgab. Der Satz fiel im Sommer vor der Bundestagswahl 2017 als Antwort eines Präsidiumsmitgliedes der CDU auf meine Frage, ob die Partei sich das Ressort Familie wieder zurückholen werde. Meine Frage nach einem Alleinstellungsmerkmal der CDU-Familienpolitik wurde nach sehr langem Nachdenken mit dem Satz: „Wir sind als einzige gegen die Homoehe“ beantwortet. Unabhängig davon, ob man das ernsthaft als familienpolitisches Konzept betrachten will, ist auch das zwischenzeitlich von der Geschichte überholt. Das Familienministerium war nicht wichtig, die harten Ressorts Innen, Finanzen, Wirtschaft relevant, der Rest Verhandlungs- und Abfallmasse für den kleineren Koalitionspartner.

Nicht nur der Altkanzler Gerhard Schröder, dem man bis an sein Lebensende das Bonmot vom Ressort „Frau und Gedöns“ feministisch nachtragen wird, unterschätzte in gewaltiger Fehleinschätzung die Gestaltungsmacht dieses Ministeriums. Die SPD-Frauen waren da viel klüger und bauten das Ressort vor allem mit dem Programm „Demokratie leben!“ zu einem finanziellen Umschlagplatz für unzählige vorparlamentarische Gruppen und Institutionen aus, die seither den „Kampf gegen Rechts“ strategisch geschickt mit dem Kampf für Genderpolitik inhaltlich verbunden haben. Die massiv von diesem Ministerium subventionierte Amadeu Antonio Stiftung mit ihrer „Fachstelle Gender, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus“ zeigt dies exemplarisch.

Die politische Dekonstruktion der Familie ist längst in vollem Gange und hat einen langen Vorlauf. Nicht mehr durch Abstammung, sondern durch zivilrechtliche Verträge soll sich Familie in Zukunft definieren. Mehrere Parteien und Akteure treiben dies abseits der Tagesberichterstattung seit vielen Jahren mit Beharrlichkeit sowohl im Bundestag als auch im vorparlamentarischen Raum und nicht zuletzt durch gezielte Musterklagen vor Gericht unter den unterschiedlichsten Labeln voran. 

Bereits 2015 ließ der damalige Justizminister Heiko Maas eine „Arbeitsgruppe Abstammungsrecht“ einsetzen. Ihr 130-Seiten-Abschlussbericht aus dem Jahr 2017 verwarf damals gar den Begriff der biologischen Abstammung als „missverständlich“ und empfahl stattdessen die „rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung“ als Ersatzbegriff für natürliche Elternschaft. Man kann das mit Fug und Recht als Paradigmenwechsel der Menschheitsgeschichte bezeichnen, wenn Elternschaft fortan im Regelfall nicht mehr durch biologische Fakten, sondern durch wieder lösbare Verträge determiniert sein soll. Seither beziehen sich zahlreiche politische Akteure auf die Ergebnisse dieser demokratisch unautorisierten „Expertenempfehlungen“ für ein neues Abstammungsgesetz.  

Familie für alle

Die im Anschluss an 2017 entwickelten Gesetzesinitiativen von Linken, Grünen, SPD und FDP lesen sich wie ein Entwurzelungs-Programm kommender Generationen: Mit-Mutterschaft für zwei Frauen ohne Nennung des Vaters, Vier-Elternschaft (wie es die FDP gerne hätte), Adoptionsrecht für Homosexuelle, Legalisierung von Eizellspende, Embryonenspende und zum Einstieg der vorerst „nicht-kommerziellen“ Leihmutterschaft, krankenkassenfinanzierte assistierte Samenspende für alleinstehende Frauen, neue selbstdefinierte Geschlechtseinträge von „non-binär“ bis „divers“ für Geburtsurkunden und Reisepässe, Kinderrechte in die Verfassung, Geschlechterwechsel ab 14 auch ohne Einverständnis der Eltern und nicht zuletzt als wesentlicher Baustein der Ersatz des aktuellen Transsexuellen-Gesetzes durch ein neues „Selbstbestimmungsgesetz“, bei dem ohne Arzt und Therapeut sich jeder selbst sein Geschlecht auf dem Standesamt „definiert“. Damit würde sich die Politik final von biologischen Faktoren zur Bestimmung von Geschlecht und Elternschaft verabschieden. 

Maas argumentierte damals, man müsse das Gesetz „den gesellschaftlichen Realitäten anpassen“.  Schon damals war zweifelhaft, ob die neuen Normen wirklich eine Anpassung, oder nicht eher eine Schaffung neuer Realität bedeuten. Der Satz von Maas wiederholt sich nun gerade wörtlich im Sondierungspapier als Begründung für eine Anpassung für „das Familienrecht, das Abstammungsrecht und das Transsexuellengesetz“. Aber auch für die Neuregelungen bei der Reproduktionsmedizin, die Einführung „neuer Verantwortungsgemeinschaften“ und einen undefinierten neuen „Pakt für Zusammenleben“, den man ermöglichen wolle. Von Familie spricht das Papier nahezu nichts, dafür von einem „Neustart der Familienförderung“ und auffällig davon, Kinder „elternunabhängig“ nicht nur mit Kinderrechten im Grundgesetz, sondern auch mit einer finanziellen Kindergrundversorgung, einem Wahlrecht ab 16, Ganztagsbetreuung von Kita bis Schule und elternunabhängigem BAföG („Lebenschancen-BAföG“) zu versorgen. Keine Frage, man hat sie abseits der Erziehungsberechtigten als Wählergruppe neu im Visier. Braucht es im „Vater Staat“ überhaupt noch biologische Eltern? 

Abseits parlamentarischer Mehrheiten agieren zudem inzwischen Non-Profit-Organisationen wie etwa die „Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GGF)“ offen als Brandbeschleuniger einer neuen Strategie einschlägiger LGBTIQ-Gruppen: klagen statt wählen. Wozu über Jahre Mehrheiten in Parlamenten suchen, wenn eine einzige Entscheidung vor dem Bundesverfassungsgericht ein ganzes Land kippen kann? Das hat ja bereits mit der Homoehe und dem Geschlechtseintrag „divers“ mustergültig und gut vorbereitet funktioniert. Man klagt sich entsprechend mit Dutzenden an konstruierten Musterfällen durch die Instanzen und sucht dafür offensiv nach Klienten. Parteien wie etwa die Grünen flankieren die Fälle mit passenden Gesetzesinitiativen. 

Regenbogen statt Schwarz-Rot-Gold

Im Themenblock Familie und Geschlechterpolitik stehen ausformulierte Gesetzesvorhaben in der Pipeline, es gibt hier allenfalls Nuancen in den Unterschieden bei Grünen, Linken, SPD und FDP. Im Sondierungspapier sagt man zusätzlich der wie auch immer definierten „Queer-Feindlichkeit“ den Kampf an, umzusetzen durch ein neues „Demokratiefördergesetz“. Man darf gespannt sein, welche Meinung dann noch als „demokratieförderlich“ oder dann doch als „Hassrede“ gilt. Zumal die Forderungen der LGBTI-Gruppen durch Ergänzung des Diskriminierungsverbotes des Grundgesetzes um den Faktor der „sexuellen Identität“ fortan vor Widerspruch bewahrt werden sollen.

Die Personal-Politik der Grünen wird der LGBT-Lobby und vor allem der Trans-Agenda weiteren Schwung verleihen, nicht nur in der Bundesstiftung Gleichstellung, sondern auch direkt im Parlament: Auf dem Ticket der Grünen sind nämlich mit Markus „Tessa“ Ganser und Nyke Slawik zwei „Transfrauen“ neu in den Bundestag eingezogen, die sich die Durchsetzung des besagten „Selbstbestimmungsgesetzes“ auf die Fahnen geschrieben haben. Es ist also wahrscheinlich, dass das Familien-Ressort wieder der SPD, noch wahrscheinlicher den Grünen in die Hände fallen wird, und dann wird in vielerlei Hinsicht ab sofort nicht mehr schwarz-rot-gold, sondern zunehmend regenbogenfarben die Fahne gehisst.






Birgit Kelle ist Publizistin und schreibt unter anderem für „Die Welt“, „Focus“ und „The European“. Zuletzt erschien „Noch Normal? Das lässt sich gendern! Gender-Politik ist das Problem, nicht die Lösung“ (FinanzBuch Verlag 2020). 

www.birgit-kelle.de