25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 44-21 vom 05. November 2021 / Klimapolitik / „Ampel“ stellt Kohlekompromiss infrage / Ein Vorziehen des Ausstiegs brächte vor allem die Brandenburger SPD in die Bredouille

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-21 vom 05. November 2021

Klimapolitik
„Ampel“ stellt Kohlekompromiss infrage
Ein Vorziehen des Ausstiegs brächte vor allem die Brandenburger SPD in die Bredouille
Hermann Müller

Über ein Jahr hatten die Mitglieder der sogenannten Kohlekommission gerungen, bis sie sich in einem Kompromiss auf die Beendigung der Kohleverstromung in Deutschland bis 2038 einigten. Bundestag und Bundesrat hatten auf Grundlage dieser Einigung vergangenen Sommer bereits ein Kohleausstiegsgesetz beschlossen. 

In ihren Sondierungsgesprächen zu einer „Ampel“-Koalition haben SPD, Grüne und FDP den mühsam ausgehandelten Zeitplan nun wieder infrage gestellt. In dem Papier, in dem die Ergebnisse der Sondierungsgespräche fixiert wurden, heißt es, „zur Einhaltung der Klimaschutzziele“ solle der Ausstieg aus der Kohleverstromung beschleunigt werden. „Idealerweise“ solle der Kohleausstieg bis 2030 gelingen, so die Verhandlungspartner. 

Zumindest ein Teil der ehemaligen Kohlekommission, bestehend aus Vertretern der betroffenen Kohleregionen, aus Wirtschafts- und Energieverbänden, Wissenschaftlern, Umweltverbänden und Gewerkschaften, muss sich mit dieser Absichtserklärung des „Ampel“-Bündnisses verprellt fühlen. Der Plan, den Kompromiss zur Abschaltung der Kohlekraftwerke aufzukündigen, hat besonders in Sachsen scharfe Kritik ausgelöst. Dessen Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) erinnerte daran, dass um den Kompromiss „hart errungen“ worden sei. Kretschmer sprach im Zusammenhang mit den „Ampel“-Plänen sogar von einem „Vertrauensbruch“.

Brandenburgs SPD gerät mit den Aufkündigungsplänen in eine besonders unangenehme Lage. Bei den Koalitionsgesprächen für eine neue Bundesregierung sitzen in Berlin auch Vertreter der märkischen SPD mit am Verhandlungstisch. Innerhalb der in Potsdam regierenden „Kenia“-Koalition muss sich die SPD wiederum den Wählern in der Lausitzer Kohleregion stellen. Dementsprechend schwierig fällt der Spagat aus, den die SPD in der Mark versucht. Brandenburgs SPD-Fraktionschef Erik Stohn sagte zu den „Ampel“-Plänen, er halte sie unter den jetzigen Bedingungen für unrealistisch. Zudem kündigte der Politiker auch Widerstand gegen einen früheren Kohleausstieg an. Dieser würde allerdings zum Teil auch die eigene Partei treffen, da sie das Sondierungspapier mitträgt.

Möglicher Ausweg aus dem Dilemma

Vor diesem Hintergrund bietet sich gerade für die SPD ein indirektes Vorgehen als Ausweg aus dem Dilemma an. SPD, Grüne und FDP müssen nämlich nicht zwangsläufig ganz direkt den Fahrplan zu den Kraftwerksabschaltungen per Gesetz umschreiben, um ihr Ziel zu erreichen. Die drei Parteien könnten stattdessen den nationalen CO₂-Emissionshandel als Kostenhebel nutzen. Zumindest theoretisch würde es den Energieversorgern dann freistehen, die Kraftwerke bis 2038 weiterlaufen zu lassen. Faktisch würden sich Kohlekraftwerke allerdings durch höhere Emissionskosten zu massiven Verlustbringern entwickeln. 

Schon aus wirtschaftlichem Eigeninteresse würde es für die Energieunternehmen dann sinnvoll sein, die Kraftwerke möglichst schnell stillzulegen. Aus Sicht einer künftigen Bundesregierung würde eine solche indirekte Lösung der Vorteil bieten, dass die Energieversorger nicht einmal Entschädigungszahlungen für die Kraftwerksabschaltungen geltend machen könnten.