20.04.2024

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Folge 44-21 vom 05. November 2021 / Satire / Lob der Maske / Sie schützt uns nicht nur vor dem Gottseibeiuns der Viren, sie integriert auch die bislang an den Rand gedrängten Fetischisten und versöhnt bunte Individualität mit unserem Drang zum Gehorsam

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-21 vom 05. November 2021

Satire
Lob der Maske
Sie schützt uns nicht nur vor dem Gottseibeiuns der Viren, sie integriert auch die bislang an den Rand gedrängten Fetischisten und versöhnt bunte Individualität mit unserem Drang zum Gehorsam
Wolfgang Kaufmann

Seit April 2020 prägen Masken – oder korrekt gesagt Mund-Nase-Bedeckungen – unseren Alltag. Und das ist gut so! Auch wenn ebenso unbelehrbare wie feindlich-negative Kräfte immer noch von einem „staatlich verordneten Maulkorb“ oder „Demuts-Lappen“ schwurbeln beziehungsweise gar völlig deplatzierte Vergleiche mit dem Gessler-Hut in Schillers Drama „Wilhelm Tell“ anstellen.

Zum Ersten retten die Masken permanent Leben. Und zwar ganz unabhängig davon, ob sie den Gottseibeiuns aus der Welt der natürlich oder künstlich entstandenen Viren namens Corona daran hindern, an die fragilen Körperzellen unserer mehrheitlich übergewichtigen Bevölkerung anzudocken. Wer seinen Mund mit hochwertigem Vlies aus vorzugsweise asiatischer Produktion versiegelt, kann weder rauchen noch Alkohol trinken und erst recht kein klimaschädliches Fleisch oder Süßes verzehren. 

Zum Zweiten hat die Beschaffung der Mund-Nase-Bedeckungen mehreren sehr notleidenden Menschen aus dem Niedriglohnsektor Politik zu ein paar wohlverdienten Nebeneinkünften verholfen. Dadurch wurden die Betroffenen nicht zum Sozialfall, was sicher zur spürbaren Entlastung der entsprechenden Kassen führte.

Zum Dritten erlauben die Masken eine deutlich bessere Kommunikation. Zwar verleiten sie manche Zeitgenossen etwas zum Nuscheln, das gleicht der Zugewinn auf nonverbalem Gebiet aber mehr als aus. Wie jeder Psychologe weiß, lügen Menschen mit dem Mund, während die Augen die Wahrheit verraten – außer natürlich bei Volksvertretern, deren Augen teilweise so leer sind wie ihre Wahlversprechen. Insofern ist es von Vorteil, dass wir nun nicht mehr von Nebensächlichkeiten im Antlitz des Gegenübers abgelenkt werden.

„Viel zu schön!“

Zum Vierten tragen die Masken zum gesellschaftlichen Frieden bei. Vorbei die Zeiten, zu denen sich einer der bärtigen Herren, die noch nicht so lange hier sind wie wir „Kartoffeln“, über grellrot geschminkte Lippen von „deutschen Schlampen“ derart echauffieren musste, dass er sich nur durch einen kurzen Messereinsatz oder lange Freitagsgebete zu beruhigen vermochte.

Zum Fünften – und das ist wohl das Beste überhaupt – haben die Masken unsere bislang so trist-graue Welt endlich bunter gemacht. Welch eine Vielfalt und Kreativität sieht man nun plötzlich auf Schritt und Tritt!

So bei den Maskenfetischisten, deren Szene viel zu lange ein betrübtes Schattendasein führte. Jetzt kann jeder in aller Öffentlichkeit zeigen, wie sehr er es genießt, seine wahre Identität hinter einer Larve zu verbergen, und muss diese Passion nicht mehr in schmuddeligen Klubs ausleben. Die neue Freiheit gilt sogar für Waldspaziergänge oder sportliche Aktivitäten vom Angeln bis zum Tennis, bei denen der Gesetzgeber (vorerst noch) ein Auge zudrückt, wenn es um die Pandemie-Bekämpfung vermittels partieller Gesichtsverhüllung geht. Diese Zielgruppe hatte wohl auch der Textilhersteller Van Laack im Auge, als er für seine Masken mit dem Spruch warb: „Viel zu schön, um sie nur einmal zu tragen.“

Endlich durchatmen können auch die gespaltenen Persönlichkeiten – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Einerseits verlangt der Vorsichtige in ihnen, es den Maskenfetischisten gleichzutun und beim Aufenthalt außerhalb der eigenen vier Wände grundsätzlich Mund-Nase-Bedeckungen der Klasse FFP2 oder höher zu tragen, andererseits sorgt dann aber der sanguinische Nonkonformist in einer anderen Nische der Psyche für das kecke Heraushängen des Gesichtserkers.

Oder nehmen wir die vielfach zu sehenden kohlrabenschwarzen Masken à la Joe Biden: Deren Träger praktizieren natürlich kein rassistisches „Blackfacing“, sondern zeigen eine herzerwärmende Geste der Solidarität mit den immer noch unterdrückten nichtweißen US-Bürgern von Kamala Harris abwärts. Sicher werden bald auch gelbe Gesichtsverhüllungen auftauchen, durch die deren Träger zeigen können, dass sie auf der Seite der zu Unrecht verleumdeten Forscher des Wuhan Institute of Virology stehen.

Bedauerliche Exzesse

Botschafter der Vielfalt sind zudem auch all jene, welche herausgefunden haben, dass „Maske“ ein arabisches Lehnwort ist und „Mashara“ für „Narr, Posse, Hänselei oder Scherz“ steht. Deshalb versehen sie ihre Mund-Nase-Bedeckungen mit allerlei urkomischen Aufschriften wie „Freistaat (sic!) Bayern“. Noch etwas putziger kommen hier wohl nur die Verkäufer in einem Supermarkt der sächsischen Kreisstadt Pirna daher, welche ihre Masken jetzt einseitig vom rechten Ohr herunterbaumeln lassen.

Leider zeigt sich auch an den Gesichtsverhüllungen, dass in unserer Gesellschaft nicht jeder auf der Sonnenseite des Lebens zu Hause ist, obwohl wir doch im besten Deutschland aller Zeiten weilen. Viele der Flaschensammler im Rentenalter, welche an Haltestellen in den Papierkörben wühlen und dabei Mund-Nase-Bedeckungen tragen, um nicht aufgrund einer empfindlichen Geldstrafe noch tiefer in Armut zu stürzen, haben das Hygiene-Utensil wohl kaum mehr gewechselt, seit sie dieses vor Monaten gratis in der Apotheke erhielten.

Ebenso führt der an sich legitime Drang, in jeder Alltagssituation ein Höchstmaß an Individualität zu demonstrieren, bedauerlicherweise in seltenen Einzelfällen zu argen Exzessen. Vor allem natürlich bei der AfD. Erinnert sei hier nur an den Auftritt des Bundestagsabgeordneten Thomas Seitz, welcher es tatsächlich wagte, seine untere Gesichtshälfte auf dem hochgefährlichen Weg vom Platz im Plenarsaal (keine Maskenpflicht) zum Rednerpult (keine Maskenpflicht) nur mit einem löcherigen Etwas zu verhüllen. Und zwar direkt vor den Augen der allseits beliebten Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth, welche so viel Renitenz nun wahrlich nicht verdient hat.

Aber ungeachtet solcher Querulanten: Viele Deutsche wollen ihre Mund-Nase-Bedeckung noch lange diszipliniert und überzeugt tragen – manche vielleicht sogar im Sarg. Also war der Sklavenbefreier und Indianerquäler Abraham Lincoln ein hervorragender Ratgeber, als er Masken-Aposteln wie Merkel und Söder als politisches Vermächtnis hinterließ: „Staatskunst ist die kluge Anwendung persönlicher Niedertracht für das Allgemeinwohl.“