23.04.2024

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Folge 45-21 vom 12. November 2021 / Carl Zeiss / Spitzenprodukte der Optik aus Deutschland / Das vor 175 Jahren gegründete Unternehmen hat nicht nur mit seinen Erzeugnissen, sondern auch mit seinem sozialen Engagement Maßstäbe gesetzt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-21 vom 12. November 2021

Carl Zeiss
Spitzenprodukte der Optik aus Deutschland
Das vor 175 Jahren gegründete Unternehmen hat nicht nur mit seinen Erzeugnissen, sondern auch mit seinem sozialen Engagement Maßstäbe gesetzt
Wolfgang Kaufmann

Am 17. November 1846 eröffnete der aus Weimar stammende Mechaniker Carl Zeiss in der Jenaer Neugasse einen Handwerksbetrieb mit angeschlossenem Laden. In dem reparierte oder baute er allerlei wissenschaftliche Instrumente und verkaufte darüber hinaus auch Brillen, Fernrohre, Mikroskope, Thermometer, Waagen und ähnliche Artikel von anderen Herstellern. Auf den Rat des renommierten Botanikers Matthias Jacob Schleiden hin begann Zeiss 1847 mit der Produktion einfacher Mikroskope, die bald zum Schwerpunkt des kleinen Unternehmens wurde. Später wagte er sich auch an die deutlich kompliziertere Herstellung von Mikroskopen mit zusammengefügten Linsensätzen, um eine stärkere Vergrößerung zu erzielen. 

Da es damals noch kein Berechnungsverfahren bezüglich der besten Kombination der Einzeloptiken gab, wurde solange herumexperimentiert, bis das Ergebnis als genügend empfunden wurde. Diesem unbefriedigenden Zustand des „Pröbelns“ versuchte Zeiss abzuhelfen, indem er ab 1866 mit dem Physiker Ernst Abbe kooperierte. Und dem Wissenschaftler gelang es 1872 tatsächlich, entsprechende Formeln zu entwickeln. Hierdurch standen die Mikroskope aus dem Hause Zeiss lange ohne gleichwertige Konkurrenz da.

Aufstieg bis zu den Weltkriegen

Allerdings fehlten Zeiss und Abbe, der 1875 Miteigentümer der schnell wachsenden Firma in Jena wurde, anfänglich geeignete optische Gläser. Das änderte sich 1884. Da kam der aus Witten stammende Chemiker Otto Schott in die thüringische Universitätsstadt und gründete mit Zeiss und Abbe das Glastechnische Laboratorium Schott & Genossen, die heutige Schott AG, und dieses lieferte Glas in der von Zeiss und Abbe gewünschten Qualität. So konnte Zeiss, als er am 3. Dezember 1888 starb, ein glänzend dastehendes Unternehmen mit 327 Beschäftigten hinterlassen.

Um dessen Fortbestand zu sichern und den nötigen wissenschaftlich-technischen Vorlauf zu gewährleisten, gründete Abbe nun die Carl-Zeiss-Stiftung. Diese diente ebenso der Bewahrung und dem weiteren Ausbau der sozialen Vergünstigungen, die den hochqualifizierten Zeissianern den Ruf einbrachten, „Arbeiteraristokraten“ zu sein. So garantierte das Stiftungsstatut den Beschäftigten einen einklagbaren Mindestlohn und finanzielle Erfolgsbeteiligungen, sechs Tage bezahlten Jahresurlaub und Abfindungen im Falle von betriebsbedingten Kündigungen. Außerdem existierte bereits ab 1875 eine Betriebskrankenkasse. Dazu kamen später noch Ansprüche auf Invaliden- oder Altersrenten nach fünf Jahren Zugehörigkeit zum Unternehmen. Und ab 1900 gehörte das Zeiss-Werk zu den wenigen deutschen Firmen, in denen der Achtstundentag galt. Insofern war die Carl-Zeiss-Stiftung als Alleineigentümerin des Unternehmens sowie des Schott’schen Glaswerkes eine Vorreiterin auf dem Gebiet der modernen Sozialpolitik.

Teilung zwischen den Siegern

Kontinuierlich erweiterte die von Zeiss geschaffene Firma die Produktpalette über Mikroskope hinaus. Ab 1890 wurden zusätzlich optische Messgeräte sowie fotografische Objektive gefertigt. Ab 1894 kamen Feldstecher und große astronomische Fernrohre hinzu. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stellte Zeiss darüber hinaus Brillen, Zubehör für die Augenheilkunde und geodätische Instrumente her. Eine besondere Sensation waren die einzigartigen Planetarien. In den beiden Weltkriegen kamen allerlei Bauteile für Flugzeuge, U-Boote und Panzer hinzu.

Erfolge im Osten wie im Westen

Zwischen April 1945 und Ende 1946 plünderten die Sowjets und Amerikaner das Unternehmen komplett aus. Die Siegermächte raubten sowohl seine Patente und Konstruktionsunterlagen als auch sämtliche Fertigungseinrichtungen und verschleppten viele Fachkräfte. Infolgedessen verlief die Wiederaufnahme der Produktion im Volkseigenen Betrieb Carl Zeiss Jena und der auf US-amerikanische Veranlassung abgespaltenen Tochterfirma Zeiss-Opton Optische Werke beziehungsweise dann später einfach Carl Zeiss im baden-württembergischen Oberkochen zunächst recht mühsam. Nach Anlaufschwierigkeiten ging es an beiden Standorten allerdings wieder steil aufwärts. Ein 1954 begonnener heftiger Markenstreit zwischen den nunmehrigen Konkurrenzunternehmen konnte 1971 beigelegt werden.

Bis zur deutschen Vereinigung machten sowohl das Ostwerk in Jena als auch das Westwerk in Oberkochen mit zahlreichen Pionierleistungen von sich reden. Im Westen brillierte man mit Elektronenmikroskopen, laserchirurgischen Geräten, hochleistungsfähigen Simultan-Spektrometern, Innovationen auf dem Gebiet der Halbleitertechnologie sowie Kameraobjektiven, mit denen 1969 auch die erste bemannte Mondlandung im Bild festgehalten wurde. 

Wiedervereinigung von Zeiss

In Osten entstanden der erste DDR-Computer OPREMA, die Multispektralkamera MKF6, die 1976 mit „Sojus 22“ ins All flog, sowie der Ein-Megabit-Chip U61000. Außerdem stellte der volkseigene Betrieb militärische Nachtsichtgeräte, Infrarot-Zielsuchköpfe für die Luft-Luft-Rakete K-13M und Feuerleit- und Zielanlagen für die sowjetischen Panzer T-55 und T-72 her. Bis 1989 stieg der Anteil der Rüstungsgüter am Produktportfolio auf immerhin rund ein Viertel.

Ende Juni 1990 begann dann die Privatisierung des VEB Carl Zeiss Jena. Diese ging mit einer formellen Wiedervereinigung der zwei Unternehmen in Ost und West einher. Allerdings endete die Rivalität damit nicht, wobei der hausinterne wirtschaftliche Wettbewerb sowohl durch permanente Kündigungen an beiden Standorten als auch ungünstige weltwirtschaftliche Rahmenbedingungen befeuert wurde. 

Mit dem überarbeiteten Statut der Carl-Zeiss-Stiftung vom 1. Juli 2004 mutierte der Carl-Zeiss-Konzern zur Aktiengesellschaft. Damit begann für Zeiss eine neue Ära. Allerdings versuchte das Unternehmen, seiner sozialen Verantwortung auch weiterhin gerecht zu werden. Davon profitieren heute indes nur noch die verbliebenen 32.000 Mitarbeiter – von einstmals fast 80.000 im Jahre 1989.





Gründungsväter und Väter des Erfolgs

Der aus Weimar stammende Mechaniker-Meister Carl Zeiss belieferte als Universitätsmechanikus die Universität Jena mit optischen Geräten.

Jenas Physikprofessor Ernst Abbe gab den Arbeiten von Zeiss eine wissenschaftliche Grundlage und gründete 1889 die Carl-Zeiss-Stiftung.

Der Glastechniker und Chemiker Otto Schott trat 1919 seine Anteile an dem Glastechnischen Laboratorium Schott & Genossen an die Carl-Zeiss-Stiftung ab.