25.04.2024

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Folge 46-21 vom 19. November 2021 / Ampel-Koalition Nach der anfänglichen Euphorie und Betonung der Gemeinsamkeiten zwischen Grünen und FDP treten nun zusehends die grundsätzlichen Unterschiede und Differenzen in den Vordergrund / Die Zwickmühle der FDP / Sowohl ein Einknicken gegenüber Rot-Grün als auch ein Verhandlungsabbruch bergen Gefahren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-21 vom 19. November 2021

Ampel-Koalition Nach der anfänglichen Euphorie und Betonung der Gemeinsamkeiten zwischen Grünen und FDP treten nun zusehends die grundsätzlichen Unterschiede und Differenzen in den Vordergrund
Die Zwickmühle der FDP
Sowohl ein Einknicken gegenüber Rot-Grün als auch ein Verhandlungsabbruch bergen Gefahren
Norman Hanert

Die Freie Demokratische Partei befindet sich derzeit in einer Lage, die weniger komfortabel ist, als dies das gute Abschneiden bei den Bundestagswahlen vermuten lässt. Die Partei hat am 26. September von Wählern profitiert, denen die AfD politisch zu rechts, die Union aber zu weit nach links gerutscht ist. Sollte sich die FDP in der angestrebten Ampel-Koalition zu weit auf die Positionen von SPD und Grünen zu bewegen, besteht für die Liberalen die Gefahr, dass diese bürgerlich orientierten Wechselwähler enttäuscht werden und für die FDP wieder verloren gehen. 

Diverse Bewährungsproben

Die angepeilte Ampel-Koalition hält für die Liberalen diverse Bewährungsproben bereit. Speziell die Wunschliste der Grünen für Investitionen in den „Klimaschutz“ ist lang und kostspielig. Zwar haben SPD, Grüne und FDP in ihrem Sondierungsgespräch vereinbart, die grundgesetzlich verankerte Schuldenbremse zu respektieren. Als möglichen Ausweg hatte die grüne Co-Chefin Annalena Baerbock allerdings die Idee ins Spiel gebracht, die derzeitige Lockerung der Schuldenbremse zu nutzen, um Schulden auf Vorrat zu machen. 

Verfassungsrechtler schätzen derartige Pläne allerdings als unzulässige Umgehung der Schuldenbremse ein. „Ich halte das Vorgehen für verfassungswidrig“, kritisierte beispielsweise Kyrill-Alexander Schwarz, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Würzburg, derartige Schuldenpläne. Auch Christoph Gröpl, Lehrstuhlinhaber für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität des Saarlandes, sprach mit Blick auf den Verschuldungsplan von einem „Verfassungsbruch par excellence“. Sollte das Bundesverfassungsgericht eines Tages zu einem ähnlichen Urteil kommen, wäre der Rufschaden für die FDP als selbsterklärte Rechtsstaatspartei, die sich der Einhaltung von Recht und Gesetz besonders verpflichtet fühle, erheblich. 

Eine ähnliche Glaubwürdigkeitsfalle droht der FDP in der Europapolitik. Die Regierungen Frankreichs und Italiens versuchen derzeit beispielsweise, die Maastricht-Kriterien ganz offiziell zu „reformieren“, also abzuschaffen.

Empfindlich könnten die Wähler der Freidemokraten auch reagieren, wenn die Ampel-Koalition unter dem Etikett des „Subventionsabbaus“ faktisch Steuern erhöht. Wie dies in der Praxis aussehen könnte, hat Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann bereits skizziert. Der Grünen-Politiker schlug vor, Mehrausgaben im Bundeshaushalt über die Abschaffung des Dienstwagenprivilegs oder Steuervorteile für Besserverdienende bei der Pendlerpauschale gegenzufinanzieren.

Folgen eines Verhandlungsabbruchs

Andererseits könnte ein Scheitern der Koalitionsverhandlungen auch für enttäuschte FDP-Wähler sorgen. Nach der Bundestagswahl 2017 waren die Liberalen aus den Sondierungsgesprächen für eine schwarz-gelb-grüne Koalition ausgestiegen. Den Abbruch der Gespräche mit der Union und Grünen begründete FDP-Chef Christian Linder seinerzeit mit den Worten: „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren.“ Sollten die Liberalen nun vier Jahre später abermals aus Verhandlungen zur Bildung eines Regierungsbündnisses aussteigen, würde das zwar möglicherweise ein Teil der Wähler als erneuten Beweis für Prinzipientreue honorieren, doch könnten gerade Wechselwähler einen solchen Schritt als Zeichen deuten, dass die FDP im Grunde gar nicht regieren will oder kann.





Kurzporträts

Der CSU-Chef Markus Söder warnte: „Es droht eine Koalition aus vermeintlich Besserwissenden der Grünen und Besserverdienenden der FDP.“

Der FDP-Vize Wolfgang Kubicki erteilte Plänen von SPD und Grünen zur Kreditfinanzierung von staatlichen Investitionen durch öffentliche Unternehmen eine Absage.

Luisa Neubauer, Aktivistin von „Fridays for Future“, sagte zu den Ampel-Gesprächen: „Was wir aus den Verhandlungen hören, lässt Schlimmes vermuten.“