20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 46-21 vom 19. November 2021 / Porträt / Reine „Chefinnensache“

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-21 vom 19. November 2021

Porträt
Reine „Chefinnensache“
H. Tews

Ob die Spitze der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) aus Verzweiflung ob der Kirchenaustritte zuletzt immer kämpferischer auftrat oder die Austritte durch die politischen Einmischungen des alten Vorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm erst provoziert wurden, lässt sich schwer sagen. Möglich ist beides. Klar ist, dass Bedford-Strohm zu allem eine Meinung hatte: zu den „Flüchtlingen“ im Mittelmeer, die natürlich gerettet, zum Klimawandel, der aufgehalten, und zum Gendern in der Kirche, das vorangetrieben werden müsste(n).

Die eigenen Schäflein hat er dabei ein wenig aus dem Auge verloren. Vielleicht ändert sich das mit Annette Kurschus, die jetzt zur neuen EKD-Vorsitzenden gewählt wurde. Die bisherige Stellvertreterin Bedford-Strohms bevorzugt ein diskreteres und weniger auf mediale Präsenz schielendes Auftreten als ihr Vorgänger.

In der Vergangenheit ist die 58-jährige Pastorentochter aus Hessen öffentlich bislang kaum groß in Erscheinung getreten. 2015 attestierte man ihr nach der Trauerfeier im Kölner Dom für die Opfer des Germanwings-Absturzes in Frankreich, in ihrer damaligen Funktion als Präses der westfälischen Landeskirche den richtigen Ton getroffen zu haben. Ein anderes Mal wagte sie sich 2019 beim Dortmunder Kirchentag aus der Deckung, als sie die Entscheidung unterstützte, AfD-Funktionären kein „Podium für ihre populistische Propaganda“ zu bieten. Und die Aufarbeitung von Missbrauchsskandalen, die unter Bedford-Strohm nur schleppend vorankam, will die frühere Pastorin aus Siegen, die auch Mitherausgeberin des christlichen Magazins „chrismon“ ist, nun zur „Chefinnensache“ machen.

Überhaupt wird die ganze evangelische Kirche zur „Chefinnensache“. Denn neben Kurschus stehen mit ihrer neuen Stellvertreterin, der Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs, sowie der Synoden-Präses Anna-Nicole Heinrich drei Frauen an der Spitze der evangelischen Kirche. Nachdem Margot Käßmann 2010 nach kurzer Amtszeit wegen ihrer Alkoholfahrt als EKD-Chefin zurücktrat, hat Kurschus nun die Chance zu zeigen, dass auch Frauen eine Organisation mit – noch – 20 Millionen Mitgliedern leiten können.