29.03.2024

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Folge 46-21 vom 19. November 2021 / Corona / Zahl psychischer Erkrankungen schnellt in die Höhe / Lockdown, Heimarbeit, Doppelbelastung: Nicht nur seelisch Vorbelasteten haben die Pandemie-Maßnahmen schwer zugesetzt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-21 vom 19. November 2021

Corona
Zahl psychischer Erkrankungen schnellt in die Höhe
Lockdown, Heimarbeit, Doppelbelastung: Nicht nur seelisch Vorbelasteten haben die Pandemie-Maßnahmen schwer zugesetzt
Peter Entinger

Die Corona-Maßnahmen führen zu harten Einschnitten in der Versorgung psychisch Erkrankter und zu einer wegbrechenden Alltagsstruktur, die für diese Patienten besonders wichtig ist. Dies hat auch dramatische Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Zudem hat im vergangenen halben Jahr jeder dritte Beschäftigte psychisch unter dem Arbeiten zu Hause gelitten. Das geht aus dem Deutschland-Barometer Depression 2021 hervor, einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. 

Die Befragung untersucht jährlich Einstellungen und Erfahrungen zur Depression in der Bevölkerung. Befragt wurden 5283 Personen zwischen 18 und 69 Jahren aus einem repräsentativen Online-Panel im September 2021. Nach Beendigung des zweiten Lockdowns berichteten 44 Prozent der Menschen mit diagnostizierter Depression von einer Verschlechterung ihres Krankheitsverlaufs in den vorangegangenen sechs Monaten – bis hin zu Suizidversuchen. 

Ganzes Ausmaß noch unbekannt

Auch für die Allgemeinbevölkerung ohne psychische Erkrankung ist die Situation aktuell deutlich belastender als zu Beginn der Pandemie. Von 1123 Umfrageteilnehmern, die während der Pandemie überwiegend zu Hause waren, gaben 33 Prozent an, dass sich der Verzicht auf den Arbeitsplatz und den Umgang mit Kollegen negativ auf das psychische Befinden ausgewirkt habe. Jeder Zehnte berichtete gar, dies treffe „sehr zu“. „Studien zeigen, dass häufig sie (die zu Hause Gebliebenen) es sind, die sich neben ihrem Job um die Kinder kümmern, wenn Kitas und Schulen geschlossen sind“, sagt Franziska Stiegler, Leiterin des Projekts Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt der Initiative Neue Qualität der Arbeit. 

Auch Alleinstehende gehören zur Gruppe derjenigen, die Gefahr laufen, in der Heimarbeit einen Burn-out zu erleiden. „Der soziale Austausch ist nachweislich eine wichtige Ressource für die psychische Balance, fehlender Austausch kann Stress auslösen“, so Stiegler. Bei 20 Prozent der Beschäftigten in Deutschland wurde schon einmal eine Depression festgestellt, berichtet das Magazin „Versicherungsbote“. Es handle sich um hohe Zahlen, bestätigt der Vorstandschef der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, Ulrich Heger: „In der Gesamtbevölkerung ist es so, dass jedes Jahr in Deutschland etwa acht Prozent der Erwachsenen unter einer behandlungsbedürftigen Depression leiden.“ 

Arbeit von zu Hause aus mache es für Kollegen und Vorgesetzte aber deutlich schwerer, Krankheitsanzeichen bei Kollegen zu finden. „Wegen der Häufigkeit der Erkrankung sollten Unternehmen aber dringend Basiswissen und auch Handlungskompetenz zu Depression und Suizidprävention aufbauen. Es ist wichtig, dass Menschen rascher professionelle Hilfe bekommen, die sich noch zur Arbeit schleppen, aber ihre Leistung bei Weitem nicht mehr erbringen können“, so Heger. 

Die Auswertung zeigt vor allem, dass die Corona-Krise besonders Menschen zu treffen scheint, die schon vor der Pandemie unter seelischen Erkrankungen wie Depressionen gelitten haben. Welchen Einfluss die Pandemie insgesamt habe, werde sich aber erst in einigen Jahren zeigen, heißt es in einer Mitteilung der Kaufmännischen Krankenkasse.