25.04.2024

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Folge 46-21 vom 19. November 2021 / Für Sie gelesen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-21 vom 19. November 2021

Für Sie gelesen

Zerstörte Jugendträume

Geboren 1932 in Königsberg, gehörte der Augenarzt und Sanitätsoffizier d. R. Wolf Joachim Eichstädt zu den sogenannten Weißen Jahrgängen. Für den Wehrdienst in der Wehrmacht war er zu jung und für den Dienst in der neuen Bundeswehr zu alt. 

In seinen Memoiren „Das Herz kam nicht mit“ erzählt der nun fast 90-Jährige lebhaft und anschaulich zunächst von seiner Kindheit in Ostpreußen und Weimar sowie von der Nachkriegszeit in Weimar mit sowjetischer Einquartierung. Das Kriegsende 1945 zerstörte Eichstädts Jugendtraum, Seeoffizier und nach der Pension im vormaligen Deutsch-Ostafrika Farmer zu werden. 

In Ostpreußen und Weimar

Seinen beruflichen Werdegang bis zur Niederlassung als Augenarzt mit eigener Praxis in Wiesbaden 1966 und seine militärische Laufbahn als Seiteneinsteiger ab 1965 schildert er ausführlich mit vielen Einzelheiten. Aufschlussreich sind seine Erfahrungsberichte aufgrund von langjährigen Aufenthalten in ost- und westdeutschen Heilstätten sowie in Davos infolge einer Erkrankung an Tuberkulose 1948. 

In Königsberg-Ponarth praktizierte bis 1937 der Großvater des Autors, Dr. med. Ernst Glang, als Allgemeinmediziner und Geburtshelfer, und nach diesem sein Onkel. Im Kreis Gerdauen befand sich das Gut Groß Schellenberg der Familie Eichstädt. 1936 zog er mit den Eltern (der jüngere Bruder war noch nicht geboren) nach Weimar, wohin sein Vater, der Polizeihauptmann Max Eichstädt, als Major der Wehrmacht zum Artillerie-Regiment (A.R.) 73 versetzt worden war. Im Oktober 1939 wurde Max Eichstädt Regimentskommandeur des A.R. 33, das später dem Afrikacorps unterstellt war. Er verlor sein Leben bei einem Angriff der britischen Task Force aus Malta auf die 16. Seetransportstaffel am 16. April 1941. 

Flucht in den Westen

Nach dem Verlust des geliebten Vaters sorgte die kluge und willensstarke Mutter aufopferungsvoll für ihre beiden Söhne. Sie hatte erkannt, dass diese als Generalssöhne in der sowjetischen Besatzungszone keine Aussicht auf eine akademische Laufbahn haben würden. 1949 gelang durch ihre kluge Planung die Flucht in den Westen. 

Mit der Witwenpension konnten die Brüder 1989 die Kosten für das Pflegeheim der Mutter bezahlen. Rückschauend stellt er sich die Frage, ob seine Niederlassung als Augenarzt in Wiesbaden „der Mutti zuliebe, die immer wie eine Löwin für ihre beiden Bengels gekämpft hat“, für sein persönliches Lebensglück die richtige Entscheidung war. „Wer weiß so etwas im Anfang?“ 1990 hat Eichstädt die Orte seiner glücklichen Kindheit besucht und begriffen, dass sie verloren sind. Es sind wenige Sätze wie diese, welche die Beweggründe für die Wahl des Buchtitels erahnen lassen. Dagmar Jestrzemski

Wolf Joachim Eichstädt: „Die Seele kam nicht mit. Von einem der letzten Preußen“, BoD – Books on Demand, Norderstedt 2020, broschiert, 204 Seiten, 7,99 Euro