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Folge 47-21 vom 26. November 2021 / Schweden / Bullerbü auf Abwegen / In dem skandinavischen Wohlfahrtsstaat profitieren die Schwedendemokraten von den Folgen unkontrollierter Einwanderung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-21 vom 26. November 2021

Schweden
Bullerbü auf Abwegen
In dem skandinavischen Wohlfahrtsstaat profitieren die Schwedendemokraten von den Folgen unkontrollierter Einwanderung

Fast jeden Tag eine Schießerei. Schweden ist längst nicht mehr die Idylle, die man aus Astrid Lindgrens Bullerbü-Romantik kannte. Stattdessen attackieren sich verfeindete Gangs und Drogendealer in den Vorstädten von Stockholm und Göteborg, in Malmö sowie kleineren Orten. Im vergangenen Jahr zählte die Polizei 366 Schießereien. 47 Menschen wurden dabei getötet, 117 verletzt. Fast jeden dritten Tag zündeten Bandenmitglieder Sprengstoff oder Handgranaten. 

„Das sind hohe Werte, die wir weder akzeptieren noch uns daran gewöhnen“, sagte Innenminister Mikael Damberg von den Sozialdemokraten Anfang des Jahres, als er die Polizeistatistik vorstellte. Die Regierung sei „kompromisslos gegen die Banden“. Doch viele Schweden zweifeln inzwischen daran, dass die rot-grüne Regierung die Lage noch unter Kontrolle hat. 

Sie werfen den Mainstream-Parteien inzwischen vor, mit der jahrzehntelangen unkontrollierten liberalen Einwanderungspolitik und einer oft scheiternden Integration den Boden für die Banden bereitet zu haben. Nach Angaben von Fachleuten ist etwa die Hälfte der Bandenmitglieder im Ausland geboren, etwa 85 Prozent besitzen einen Immigrationshintergrund, seien es Iraker, Afghanen, Syrer, Somali, Eritreer oder Nordafrikaner. Und trotzdem hatte Ministerpräsident Stefan Löfven noch vergangenes Jahr jeden Zusammenhang zwischen Immigration und Kriminalitätszunahme geleugnet. 

Das Thema Innere Sicherheit ist das wohl heißeste Eisen, das die nächste Regierungschefin Magdalena Andersson anpacken muss, die als Löfven-Nachfolgerin die wackelige rot-grüne Minderheitsregierung weiterführen soll. Das wird schwierig. Die Sozialdemokraten bekamen 2018 nur noch 28 Prozent der Stimmen, das schlechteste Ergebnis seit hundert Jahren.

Die zunehmende Unzufriedenheit der Wähler über die steigende Ausländerkriminalität und verfehlte Immigrationspolitik hat die rechte Partei Schwedendemokraten (SD) in den Wahlen beflügelt. 2010 zogen sie erstmals in den Reichstag ein, damals mit knapp sechs Prozent Stimmanteil. Bei der Wahl 2018 gewannen sie 17,5 Prozent. Im vergangenen Jahr übertraf die rechte Partei in Umfragen zeitweilig die Sozialdemokraten – entsprechend groß war die Panik.

Als die Schwedendemokraten in den späten 80er Jahren entstanden, kamen einige der Gründer aus der harten rechtsextremen Szene. Doch das ist lange her. Der 42-jährige Jimmie Åkesson, ein smarter Redner, der seit 2005 Parteivorsitzender ist, hat Neonazis und Hooligans rausgeworfen und der Partei ein freundliches Gesicht gegeben. Der früher geduldete Antisemitismus wich betonten Pro-Israel-Botschaften. Die martialische Flamme als Parteilogo wurde durch eine blau-gelbe Blume ersetzt. Durch moderates Auftreten und eine konsequente Fokussierung auf das Thema Innere Sicherheit und restriktivere Immigrationsgesetze ist Åkessons Partei für das schwedische Bürgertum, besonders auf dem Land, wählbar geworden. 

Aktuell liegen die Schwedendemokraten bei etwa 20 Prozent gleichauf mit den Konservativen. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass sie bei den nächsten Reichstagswahlen im September 2022 erstmals Einfluss auf eine Regierungsbildung bekommen.R.M.