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Folge 47-21 vom 26. November 2021 / Corona I / Datenchaos bei Erfassung von Geimpften und Ungeimpften / Klarheit liegt nicht unbedingt im Interesse des Gesundheitsministeriums – und bis jetzt hat es auch nichts gegen das Chaos unternommen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-21 vom 26. November 2021

Corona I
Datenchaos bei Erfassung von Geimpften und Ungeimpften
Klarheit liegt nicht unbedingt im Interesse des Gesundheitsministeriums – und bis jetzt hat es auch nichts gegen das Chaos unternommen
Wolfgang Kaufmann

An Lob von oben mangelt es nicht. Bei der „erfolgreichen Bekämpfung“ der Pandemie spiele der öffentliche Gesundheitsdienst eine „Schlüsselrolle“, teilt das Bundesgesundheitsministerium auf seiner Internetseite mit. Das gelte auch für die 375 Gesundheitsämter. In der Realität tragen diese indes maßgeblich dazu bei, dass präzise und vollständige Daten zur Beurteilung der Pandemielage fehlen. 

Ein typisches Beispiel hierfür sind die Angaben darüber, wie viele Geimpfte und Ungeimpfte jeweils symptomatisch an COVID-19 leiden beziehungsweise auf den Normal- oder Intensivstationen der Kliniken liegen. Die Gesundheitsämter melden zwar jeden positiv Getesteten 

akribisch an die zuständigen Landesbehörden, die dann ihrerseits das Robert-Koch-Institut informieren. Allerdings schaffen sie es oftmals nicht, die Betroffenen zu kontaktieren, um deren Impfstatus abzufragen. In manchen Bundesländern fehlen diese Angaben daher bei bis zu 30 Prozent der Kranken oder Hospitalisierten. Das verzerrt die Statistik insbesondere dann, wenn Personen mit unbekanntem Impfstatus in den Tabellen des Robert-Koch-Institutes pauschal als Ungeimpfte deklariert werden, wie das bis zum 22. September gängige Praxis war. Außerdem erfolgt die Weitergabe der Informationen auf unterschiedlichen analogen und digitalen Wegen, darunter auch immer noch per Fax, weil nach wie vor nicht alle Gesundheitsämter die zur Verfügung gestellte Standard-Software nutzen. Das führt zu Übermittlungsfehlern und weiteren Datenverlusten.

Mangelnde technische Ausstattung

Doch auch die Kliniken tragen ihren Teil zum Erfassungschaos bei. Dies liegt manchmal in der Natur der Sache, wenn der Patient sich bereits in einem Zustand befindet, in dem er nicht mehr in der Lage ist, über seinen Impfstatus Auskunft zu geben. Schwierig ist die Datenerhebung ebenso bei dementen Personen, wenn Angehörige keine verlässlichen Angaben machen können. Ansonsten scheitert es vielfach auch an der Sprachbarriere, was auf weitere organisatorische Defizite hindeutet.

Ein Manko ist zudem, dass in nicht wenigen Krankenhäusern Unklarheit darüber herrscht, ob infizierte Patienten überhaupt Auskunft über erhaltene Impfungen geben müssen und diese Angaben dann weiterzuleiten sind. So vertritt selbst das Gesundheitsministerium von Schleswig-Holstein die Ansicht: „Eine Auskunft über den Impfstatus ist freiwillig.“ Und aus Rheinland-Pfalz heißt es: „Die Krankenhäuser melden positive Fälle und Corona-bezogene stationäre Aufenthalte; es werden in der Regel keine Angaben zum Impfstatus gemacht. Die Krankenhäuser sind dazu auch nicht verpflichtet.“ Das freilich ist schlichtweg falsch. Seit dem 12. Juli obliegt es den Kliniken, ihre COVID-Kranken dem Gesundheitsamt zu melden und in diesem Zusammenhang neben den üblichen persönlichen Daten den Impfstatus und die verabreichten Vakzine mitzuteilen. So steht es explizit in der „Verordnung über die Erweiterung der Meldepflicht nach § 6 … des Infektionsschutzgesetzes auf Hospitalisierungen in Bezug auf die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19)“, welche die Bundesregierung erlassen hat. Und das Infektionsschutzgesetz gestattet außerdem auch, dass der Impfstatus bei der stationären Aufnahme abgefragt wird, wobei der Patient eine Mitwirkungspflicht hat. 

Unkenntnis über die Rechtslage

Aber selbst wenn die Krankenhäuser kooperieren, fehlen ihnen vielfach noch die Voraussetzungen zur digitalen Weiterleitung der Informationen. Deshalb kommen einmal mehr die urtümlichen Faxgeräte ins Spiel. 

Aus all den genannten Gründen heißt es in den letzten Wochenberichten des RKI: „Da für einen Teil der COVID-19-Fälle die Angaben zum Impfstatus unvollständig sind, ist von einer Untererfassung der geimpften COVID-Fälle auszugehen. Ausreichende Angaben zum Impfstatus lagen für 81 Prozent der symptomatischen COVID-19-Fälle vor.“

Bislang hat das Gesundheitsministerium nichts gegen diese Missstände unternommen. Das weckt den Verdacht, dass genaue Daten, die das ganze Ausmaß der COVID-19-Erkrankungen bei Geimpften belegen, unerwünscht sind.