19.04.2024

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Folge 47-21 vom 26. November 2021 / 80 Jahre Pearl Harbor / Dolchstoßlegende à la USA? / Was dafür spricht, dass die US-Führung Ziel und Zeitpunkt des japanischen Angriffs vom 7. Dezember 1941 vorher kannte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-21 vom 26. November 2021

80 Jahre Pearl Harbor
Dolchstoßlegende à la USA?
Was dafür spricht, dass die US-Führung Ziel und Zeitpunkt des japanischen Angriffs vom 7. Dezember 1941 vorher kannte
Wolfgang Kaufmann

Am 26. November 1941 stach ein in der Hitokappu-Bucht auf den Kurilen zusammengezogenes Angriffsgeschwader der kaiserlichen japanischen Marine unter Vizeadmiral Nagumo Chūichi in Richtung der zu den USA gehörenden Hawaii-Inseln in See. Zu dem Kampfverband gehörten sechs Flugzeugträger mit insgesamt 414 Maschinen, zwei Schlachtschiffe, drei Kreuzer, neun Zerstörer, drei U-Boote und acht Tanker beziehungsweise Versorgungsschiffe. 

Von der Trägergruppe starteten am 7. Dezember ab 6 Uhr zwei Wellen von 353 Flugzeugen, denen es gelang, die US-Luftabwehr auszuschalten und die im Flottenstützpunkt Pearl Harbor liegende Pazifikflotte der Vereinigten Staaten mit Bomben und Lufttorpedos zu attackieren. Dabei wurden bei nur sehr geringen Eigenverlusten fünf Schlachtschiffe versenkt sowie 188 Marine- und Armeeflugzeuge zerstört. Dazu kam die teilweise schwere Beschädigung von vier weiteren Schlachtschiffen, drei Kreuzern und sieben anderen Einheiten. Aufgrund des ohne vorherige Kriegserklärung erfolgten Angriffs verloren die US-Streitkräfte 2335 Mann. Darüber hinaus zählte man 68 getötete Zivilisten und 1178 Verwundete.

Am Tag darauf traten die USA offiziell in den Zweiten Weltkrieg ein. Der bislang in Isolationisten und Interventionisten gespaltene Kongress in Washington votierte hierfür angesichts der angeblichen japanischen „Infamy“ (Ehrlosigkeit) mit nur einer einzigen Gegenstimme. Dem folgten am 11. Dezember 1941 die Kriegserklärungen Deutschlands und Italiens an die Vereinigten Staaten, die sich dadurch nun auch ganz formell in die Anti-Hitler-Koalition einreihen konnten. Damit hatte der US-Präsident Franklin Delano Roosevelt sein Ziel erreicht. Er hatte auf dieses langfristig hingearbeitet. Und so kam der japanische Angriff denn auch keineswegs aus heiterem Himmel, sondern war eine zwangsläufige Folge des US-Handelns.

US-Ölembargo gegen Japan

Um die eigenen ökonomischen und politischen Interessen in Asien zu schützen und das wirtschaftlich prosperierende und militärisch auftrumpfende fernöstliche Kaiserreich, das zudem mit dem US-amerikanischen und britischen Hauptgegner Deutschland paktierte, in die Schranken zu weisen, traktierte Washington Tokio seit 1937 mit unablässigen Strafmaßnahmen. Diese gipfelten im Juli 1941 in einem Ölembargo, durch das Japan mit dem Rücken zur Wand stand und faktisch nur noch zwei Optionen hatte, entweder Verhandlungen mit dem Ziel, dass die USA das Embargo beenden, oder die militärische Inbesitznahme der Ölfelder Südostasiens. 

Die Gespräche zum Zwecke der friedlichen Beilegung der bilateralen Differenzen scheiterten an der Blockadehaltung der Vereinigten Staaten, für die der US-Präsident und dessen engeres Umfeld verantwortlich waren. Japan befand sich in einer Zwangslage, aus der es Ende 1941 kein friedliches Entkommen mehr gab.

Auch wenn die US-Führung also über den von ihr provozierten japanischen Angriff als solchen nicht überrascht sein konnte, bleibt noch die Frage, ob sie mit dem Angriff an diesem Ort und zu diesem Zeitpunkt gerechnet hat. Die Antwort lautet, dass es mehrere gewichtige Indizien gibt, die gegen die immer wieder behauptete Überrumpelung sprechen.

Am 25. November 1941 schrieb der US-Kriegsminister Henry L. Stimson nach Gesprächen mit Roosevelt in sein Tagebuch, die Frage sei, wie man die Japaner „in eine Position manövrieren könnte, in der sie den ersten Schuss abgeben würden, ohne dass uns zu viel passiert“. Bereits am Folgetag überreichte US-Außenminister Cordell Hull eine in scharfem Ton gehaltene Note an den japanischen Unterhändler Nomura Kichisaburō, die in Tokio als Ultimatum aufgefasst wurde und zum Auslaufbefehl für den Angriffsverband führte.

Gespräche ließen die USA scheitern

Auch befand sich die US-Pazifikflotte auf ausdrücklichen Befehl Roosevelts in Pearl Harbor und somit innerhalb der Reichweite japanischer Trägerverbände. Bereits im April 1940 hatte der Präsident sie aus der sicheren Heimatbasis in San Diego an der kalifornischen Küste in den exponierten Stützpunkt beordert, und zwar gegen den Widerstand ihres kommandierenden Admirals James O. Richardson, der schließlich wegen seiner anhaltenden Proteste im Februar 1941 abgelöst wurde. 

Dabei herrschte längst Klarheit darüber, wie gefährdet die Pazifikflotte auf Hawaii war. Immerhin hatten gleich zwei Manöver in den Jahren 1932 und 1938 gezeigt, welch verheerende Zerstörungen von Flugzeugträgern gestartete Marinefliegerkräfte in Pearl Harbor anrichten könnten. Dazu kam später als letzter mahnender Fingerzeig noch der erfolgreiche Angriff britischer Torpedoflieger auf die italienische Marinebasis in Tarent in der Nacht vom 11. auf den 12. November 1941. Damals setzten die Fairey-Swordfish-Bomber der Royal Navy die drei Schlachtschiffe „Conte di Cavour“, „Caio Duilio“ und „Littorio“ auf Grund.

Des Weiteren wurde die Meldung des US-Botschafters in Japan, Joseph C. Grew, vom 27. Januar 1941 ignoriert, der stets gut informierte peruanische Gesandte habe ihm zugetragen, das Kaiserreich werde einen Überraschungsangriff auf Pearl Harbor unternehmen, wenn es zu ernsthaften Differenzen mit den USA komme.

Ebenso wenig veranlassten die Hinweise der US-Funkaufklärung von Ende November 1941 – das aktuelle Kommunikationsmuster der japanischen Marine deute auf eine bevorstehende größere Aktion hin – das Weiße Haus zum Handeln. Und das, obwohl der Admiralstabschef der U.S. Navy, Harold R. Stark, daraufhin eindringlich vor aggressiven Handlungen der Japaner warnte. Gleichzeitig blieb auch die Teilentschlüsselung eines wichtigen japanischen Funkspruchs am 6. Dezember 1941, nach dessen Kenntnisnahme Roosevelt spontan herausplatzte „Das bedeutet Krieg!“, ohne Folgen.

Und dann wäre da noch der höchst bemerkenswerte Umstand, dass sich die auch in Pearl Harbor stationierten Flugzeugträger „Enterprise“, „Lexington“ und „Saratoga“ sowie sieben schwere Kreuzer und 14 Zerstörer am Morgen des 7. Dezember 1941 wegen dreier paralleler Routinemissionen auf See befanden.





USS Arizona Memorial

Neben 65 Japanern kostete der Angriff auf Pearl Harbor 2403 US-Amerikanern das Leben. 1177 Seeleute starben allein auf der „Arizona“. Das zu den mächtigsten Schiffen seiner Zeit zählende Schlachtschiff der Pennsylvania-Klasse sank in nur neun Minuten, nachdem am 7. Dezember 1941 um 8.06 Uhr eine panzerbrechenden 800-Kilogramm-Bombe das Oberdeck durchschlagen und die beiden Munitionskammern zur Explosion gebracht hatte. 

An dieser nicht sehr tiefen Stelle ragt bis heute ein kleiner Teil des Schiffswracks aus dem Wasser. So konnte 1950 der Kommandeur der Pacific Fleet am Hauptmast des gesunkenen Schiffes eine Fahnenstange befestigen und die US-Flagge hissen lassen. Anschließend schlug er die Errichtung eines staatlich finanzierten National Memorial vor. Dafür war jedoch während des Koreakrieges kein Geld da. 

1958 erteilte US-Präsident Dwight D. Eisenhower schließlich eine entsprechende Genehmigung, verlangte aber eine private Finanzierung des eine halbe Millionen US-Dollar teuren Projekts. Noch im selben Jahr stellte das Territory of Hawaii ein Startkapital von 50.000 Dollar zur Verfügung. Als drei Jahre später das nötige Geld noch nicht beisammen war, steuerte der Bund die noch fehlenden 150.000 Dollar bei. Am Memorial Day des Jahres 1962 wurde das USS Arizona Memorial durch den Vorsitzenden des Committee on Veterans’ Affairs und den Gouverneur von Hawaii eingeweiht.

Die ähnlich einer Brücke das Schiffswrack quer überspannende Konstruktion des österreichisch-amerikanischen Architekten Alfred Preis wurde zur Gedenkstätte aller während des Angriffs auf Pearl Harbor getötet Militärangehörigen der USA.M.R.