23.04.2024

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Folge 48-21 vom 03. Dezember 2021 / Dekolonialisierung / Als der größte Teil Ex-Deutsch-Ostafrikas unabhängig wurde / Vor 60 Jahren entließen die Briten Tanganjika in die Unabhängigkeit – Heute gehört es zu Tansania

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-21 vom 03. Dezember 2021

Dekolonialisierung
Als der größte Teil Ex-Deutsch-Ostafrikas unabhängig wurde
Vor 60 Jahren entließen die Briten Tanganjika in die Unabhängigkeit – Heute gehört es zu Tansania
Manuel Ruof

Deutsch-Ostafrika grenzte an die Kolonialreiche Großbritanniens, Belgiens und Portugals. Die drei europäischen Mächte gehörten zu den Siegermächten des Ersten Weltkrieges. So lag es nahe, dass alle drei ihre Grenzen arrondieren konnten, als das Deutsche Reich im Versailler Diktat mit seinen anderen Kolonien auch Deutsch-Ostafrika verlor. Belgien erhielt vom Völkerbund, dem Vorläufer der Vereinten Nationen, die an Belgisch-Kongo angrenzenden Gebiete Burundi und Ruanda. Und Portugal erhielt als Kriegsentschädigung das an Portugiesisch-Ostafrika angrenzende 395 Quadratkilometer große Kionga-Dreieck. Den ganzen großen Rest erhielt Großbritannien.

Es stellte sich die Frage nach der Benennung. „Deutsch-Ostafrika“ kam wegen der neuen Besitzverhältnisse ebenso wenig in Frage wie die Entsprechung „Britisch-Ostafrika“, denn so hieß bereits eine nördlich angrenzende Kolonie. Englands damaliger Kolonialminister Alfred Milner wünschte sich einen einheimisch klingenden Namen mit Lokalbezug. Da das Gebiet im Westen an den Tanganjikasee grenzt, entschied er sich für „Tanganyika Territory“. Gut vier Jahrzehnte übten die Briten dort die Herrschaft aus, also länger als die Deutschen. 

Im sogenannten Afrika-Jahr 1960 ließen die Kolonialherren auch in Tanganjika eine beschränkte Selbstregierung zu. Aus Parlamentswahlen ging die Tanganyika African National Union (TANU) als Sieger hervor. Deren Parteichef Julius K. Nyerere wurde Ministerpräsident. Anfänglich stand der Afrikaner allerdings nur an der Regierungsspitze eines autonomen Gebiets. In die Unabhängigkeit entlassen wurde Tanganjika dann vor 60 Jahren, am 9. Dezember 1961, im Rahmen eines Festaktes, an dem als Vertreter der Queen deren Ehemann teilnahm.

Ein halbes Jahr später wurde die heute nicht mehr bestehende Republik Tanganijka gegründet. Aus den noch im selben Jahr durchgeführten Präsidentschaftswahlen ging der bisherige Ministerpräsident Nyerere als Sieger hervor.

Vor der Küste Tanganjikas liegt die Insel Sansibar. Sansibar erlangte 1963 die Unabhängigkeit. Im Gegensatz zum Festland löste auf der Insel jedoch nicht eine schwarzafrikanische, sondern eine arabischstämmige Führung die britischen Kolonialherren ab. Das änderte indes 1964 eine Revolution. Aus dem Sultanat wurde eine Volksrepublik. Nun herrschten auch auf der Insel schwarzafrikanische Anhänger eines Afrikanischen Sozialismus. Das waren gute Voraussetzungen für eine Vereinigung der beiden Staaten. Noch im Jahre der sansibarischen Revolution schlossen sich die beiden zur Vereinigten Republik von Tanganjika und Sansibar zusammen. Und ebenfalls noch 1964 erhielt der neue Staat seinen heute noch gültigen Namen „Vereinigte Republik Tansania“. „Tansania“ ist ein Kunstwort, zusammengesetzt aus Teilen von „Tanganjika“ und „Sansibar“ sowie „Azania“, einem bereits in der Antike verwendeten Begriff für einen ostafrikanischen Küstenabschnitt unter Einschluss der Küste Tanganjikas beziehungsweise Tansanias.