28.03.2024

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Folge 49-21 vom 10. Dezember 2021 / 75 Jahre „Hörzu“ / Die erste in Deutschland nach 1945

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-21 vom 10. Dezember 2021

75 Jahre „Hörzu“
Die erste in Deutschland nach 1945
Manuel Ruoff

Der anspruchsvolle Rundfunkkonsument möchte nicht zappen, sondern gezielt das konsumieren, was ihn interessiert. Öffentlich-rechtliche Sender mit Sendungsbewusstsein kommen dem Wunsch heutzutage dadurch entgegen, dass sie den Internetnutzern eine Programmübersicht bieten und ein vom Sendetermin unabhängiges Angebot ausgestrahlter Sendungen in einer Mediathek.

Vor einem Dreivierteljahrhundert gab es noch kein Internet. Die BBC, der öffentlich-rechtliche Sender Großbritanniens, bot seinen Zuhörern jedoch eine Art nicht-elektronische Mediathek an. „The Listener“ (Der Hörer) war ein ab 1929 erschienenes Wochenmagazin, in dem Hörfunkbeiträge zum jederzeitigen Nachlesen abgedruckt wurden.

Nach dem Vorbild ihrer BBC schufen die Briten nach dem Zweiten Weltkrieg in ihrer nordwestdeutschen Besatzungszone den Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR). Und analog zu „The Listener“ entstanden 1946 im Auftrag des NWDR die „Nordwestdeutschen Hefte“. Gegründet und anfänglich herausgegeben wurden diese verschriftlichten Beiträge aus dem NWDR-Programm von den beiden NWDR-Chefredakteuren Axel Eggebrecht und Peter von Zahn. Als die britischen Besatzer in der Person des Chief Controller Hugh Greene aus Gründen der Machtteilung das Organ lieber in der Hand eines unabhängigen privaten Verlegers wissen wollten, sorgten Eggebrecht und von Zahn dafür, dass die Wahl auf den Hamburger Axel Springer fiel. Das Monopol, NWDR-Beiträge gegen einen vergleichsweise niedrigen Pauschalbetrag ansonsten kostenlos abdrucken zu dürfen, erlaubte Springer gute Gewinne.

Wie für die Auszüge aus dem NWDR-Programm gab es auch für eine Übersicht über das Programm des Senders einen Markt. Programmzeitschriften hatte es in Deutschland schon fast so lange gegeben wie den Rundfunk selbst und damit auch eine entsprechende Nachfrage. In der britischen Besatzungszone durfte dieser Markt jedoch anfänglich nicht bedient werden – bis Springer auch auf diesem Gebiet ein Monopol eingeräumt wurde. 1946 erhielt er nicht nur von den Besatzern die Lizenz, die erste deutsche Programmzeitschrift herauszugeben, sondern nutzte auch noch seine bewährt guten Kontakte zum NWDR, um sich von diesem das exklusive Recht zusichern zu lassen, dessen längerfristige Programmplanung über den einzelnen Tag hinaus abzudrucken. Auch ansonsten war diese Zeitschrift durch enge Kontakte mit dem NWDR privilegiert. Das relativiert die unternehmerische Leistung des Verlegers Springer, ohne sie deshalb in Frage zu stellen.

Vor 75 Jahren, am 11. Dezember 1946, erschien die erste Ausgabe der ersten deutschen Nachkriegsprogrammschrift. „Hör Zu!“ war anfänglich ihr programmatischer Name. „Hörzu“ heißt sie erst seit 1972. Die Auflage betrug anfänglich eine Viertelmillion. Heute beträgt sie mit rund 0,8 Millionen mehr als das Dreifache. Die besten Jahre scheint die alte Dame jedoch trotzdem hinter sich zu haben. Schließlich betrug die Auflage in den besten Zeiten über vier Millionen. Aber das Internet und unzählige meist billigere Konkurrenzprodukte setzen ihr zu. Aus der Programmzeitschrift ist eine geworden.