25.04.2024

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Folge 50-21 vom 17. Dezember 2021 / Kommentare / Ärztliche (Un-)Logik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-21 vom 17. Dezember 2021

Kommentare
Ärztliche (Un-)Logik
Norman Hanert

Lediglich zwölf Monate ist es her, als in Berlin eine Amtsposse um einem Corona-Test für Kopfschütteln sorgte. Bereits in der Abschiebehaft befindlich, hatte es ein Litauer abgelehnt, im Zuge einer ärztlichen Untersuchung bei sich einen Test durchführen zu lassen. Das „Nein“ des Mannes genügte, den Abschiebeversuch scheitern zu lassen. Der anwesende Arzt sah sich außerstande, ohne Corona-Test eine Reisefähigkeit zu bescheinigen. Der mehrfach Vorbestrafte wurde Ende Dezember 2020 wieder auf freien Fuß gesetzt, er tauchte in der Millionenmetropole Berlin unter.

Ein Jahr später erleben die Bürger einen Staat, der das Recht auf körperliche Unversehrtheit weniger großzügig auslegt. Mehrere Millionen Menschen, die weder genesen noch geimpft sind, unterliegen dem Zwang, Tag für Tag einen negativen Corona-Test vorweisen zu müssen, wenn sie Bus und Bahn nutzen oder an ihren Arbeitsplatz wollen.

Noch in den letzten Tagen seiner Amtszeit als Bundesgesundheitsminister preschte Jens Spahn mit dem Vorschlag vor, als Alternative zu einer Impfpflicht Menschen ohne Impfung oder Genesenenstatus weitgehend aus der Öffentlichkeit zu verbannen. Er stellt sich das so vor: „Stellt Euch darauf ein: 2G, geimpft oder genesen – und zwar auffrischgeimpft dann ab einem Punkt x –, gilt mindestens mal das ganze Jahr 2022. Wenn du irgendwie mehr tun willst, als dein Rathaus oder deinen Supermarkt zu besuchen, dann musst du geimpft sein.“ Er betonte noch: „Das hat nichts zu tun mit Impfmobbing.“ 

Sachlich begründen lässt sich Spahns Vorschlag nicht. Ein Sprecher seines (Ex-)Ministeriums hatte erst im August bestätigt, „dass nur wenige Infektionsfälle der Benutzung des öffentlichen Personenverkehrs zugeordnet werden können“. Ähnlich lautet der Befund des Robert-Koch-Instituts für den Einzelhandel. Spahns Vorschlag läuft obendrein darauf hinaus, Menschen aus dem öffentlichen Leben auszugrenzen, selbst wenn sie den Nachweis erbringen können, gesund zu sein.

Noch im Januar hatte Spahn erklärt: „In dieser Pandemie wird es keine Impfpflicht geben.“ Er ergänzte: „Wir setzen auf Argumente, auf Information und Vertrauen in den Impfstoff.“

Auch im Fall von Frank Ulrich Montgomery lohnt ein Blick zurück. Erst 2018 hatte sich der Ärztefunktionär entschieden gegen umfassende Alterstests bei Asylbewerbern ausgesprochen. Anlass der Diskussion waren seinerzeit der Mordfall von Kandel, bei dem ein Afghane ein 15 Jahre altes Mädchen erstochen hatte. Nach Zweifeln an der Altersangabe des Mannes hatten sich CDU-Politiker für obligatorische Altersbestimmungen für alle angeblich minderjährigen Asylbewerber ausgesprochen. 

Widersprüchliche Haltung

Im Januar 2018 beschied Montgomery gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“: „Wenn man das bei jedem Flüchtling täte, wäre das ein Eingriff in das Menschenwohl.“ In der damaligen Diskussion ging es unter anderem um die Frage, ob zur Altersbestimmung Handknochen geröntgt werden sollen. Montgomery, selbst Radiologe, befand damals: Röntgen ohne medizinische Indikation sei „ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit“.

Weniger zurückhaltend gab sich Montgomery unlängst, als es um eine Impfpflicht für Kinder mit Covid-Impfstoffen ging. Gegenüber „ZDFheute.de“ sprach er sich dafür aus, „auch Kinder in die Impfpflicht einzubeziehen“, wenn die Ständige Impfkommission die Impfung von Kindern empfehlen sollte. Er verstehe den Aufstand nicht: „Wir impfen 98 Prozent der Neugeborenen mit den Grundimpfungen, und da ist sehr viel mehr drinnen als in dem einen Impfstoff gegen Corona.“

Zur Erinnerung: Die von Spahn und Montgomery offenbar ohne viel Zweifel vorgetragenen Plädoyers für Impfungen beziehen sich auf eine völlig neuartige Generation von Impfstoffen, die innerhalb von Monaten entwickelt wurden und keines der sonst üblichen, bis zu zehnjährigen Prüfungsverfahren durchlaufen haben. In der EU haben sie deshalb bislang nur eine bedingte Zulassung erhalten. Mit Recht weisen die Pharmahersteller darauf hin, dass sie keine Aussagen zu langfristigen Nebenwirkungen treffen können, da entsprechende Studienergebnisse zum Teil erst 2023 vorliegen werden. Die Entscheidung, sich diese Impfstoffe in den Körper spritzen zu lassen, sollte nicht dem Bundestag, sondern jedem Bürger selbst überlassen bleiben.