25.04.2024

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Folge 50-21 vom 17. Dezember 2021 / Die Schätze des armen Norbert / Die Chorherren und -schwestern der Prämonstratenser gönnten sich wenig, ihren Kirchen dafür umso mehr – wie Magdeburg beweist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-21 vom 17. Dezember 2021

Die Schätze des armen Norbert
Die Chorherren und -schwestern der Prämonstratenser gönnten sich wenig, ihren Kirchen dafür umso mehr – wie Magdeburg beweist
Veit-Mario Thiede

Anno 1121 rief Norbert von Xanten (um 1080–1134) im französischen Prémontré den Prämonstratenser-Orden ins Leben. Fünf Jahre später wurde er auf Vorschlag König Lothars III. zum Erzbischof von Magdeburg gewählt. Dank Unterstützung der Prämonstratenser, die – anders als Mönche – regulierte Chorherren einer Stiftskirche sind, machte er sich um den Landesausbau und die Missionierung der in den Gebieten östlich der Elbe lebenden Slawen verdient. Deshalb heißt die dem heiligen Norbert und dem Prämonstratenser-Orden im Kulturhistorischen Museum Magdeburg gewidmete Schau: „Mit Bibel und Spaten“. 

Rund 160 Exponate berichten mit besonderer Beachtung des ehemaligen brandenburgisch-sächsischen Ordensgebietes über die Geschichte und Gegenwart des in aller Welt aktiven und seit 900 Jahren bestehenden Prämonstratenser-Ordens. Ihm gehören heute rund 1160 Brüder und 325 Schwestern in 90 Häusern an. Gegenwärtig haben die Chorherren hierzulande Niederlassungen in Speinshart, Windberg, Roggenburg und Duisburg-Hamborn, dessen Abtei nach der deutschen Vereinigung das Prämonstratenser-Priorat Magdeburg gegründet hat. Die Prämonstratenserinnen hingegen gaben ihr letztes deutsches Kloster 2007 auf.

Die von Norbert festgelegten Regeln verpflichteten die Brüder und Schwestern zu Askese und persönlicher Armut. Als äußerst glanzvoll erweisen sich jedoch die Ausstattungen der Kirchen, die in der Schau mit etlichen Prunkstücken vertreten sind. Die Taufschale (um 1170) und das als „Barbarossakopf“ berühmte Kopfreliquiar (1150–1170) des Evangelisten Johannes schenkte Kaiser Friedrich Barbarossa seinem Taufpaten Otto von Cappenberg. Der vermachte sie dem Cappenberger Prämonstratenser-Kloster, das viele Jahrhunderte später der Freiherr vom und zum Stein als Altersruhesitz erwarb. 

Die Silberkanne (13. Jh.) der heiligen Elisabeth von Thüringen gehörte zum Schatz des Prämonstratenserinnen-Klosters Altenberg bei Wetzlar. Dem stand als dritte Meisterin Elisabeths Tochter Gertrud vor. Der Reliquienschrein des Apostels Simon (um 1220/30) aus der Abtei Sayn ist ein Hauptwerk spätromanischer Schatzkunst und gehört mit seinen in die vergoldeten Wände und Dachschrägen eingelassenen Bergkristallscheiben zu den frühesten Reliquiaren, die den Blick auf die Reliquie freigeben. 

Eine weitere Attraktion ist das einzige Objekt, das direkt auf Norbert zurückgeht. Es handelt sich um einen „Kreuzfuß“ (1130–1140) aus vergoldeter Bronze, dessen Auftraggeber der Inschrift zufolge Norbert war. Auf dem als Halterung für ein Kreuz dienenden Werk des Gießers „Azzo“ sitzen die Figürchen der vier Evangelisten auf Raubkatzenköpfen. Oberhalb von ihnen ist der auferstehende Adam dargestellt, über den zwei gebeugte Engel eine Säule halten.

Erzbischof Norbert siedelte sich 1129 in dem bereits bestehenden Magdeburger Kloster Unser Lieben Frauen an. Es wurde zum Mutterkloster zahlreicher weiterer Ordensniederlassungen. Neun sind Korrespondenzorte der Sonderschau. Alle zeichnen sich durch bedeutende Bauwerke und einige auch durch erlesene Kirchenschätze aus. Die 1155 in Anwesenheit von Markgraf Al­brecht dem Bären geweihte Stiftskirche in Leitzkau ist heute eine gut erhaltene Ruine. Das Kloster und seinen Besitz zog Kurfürst Joachim II. von Brandenburg 1537 ein, um seine Schulden zu begleichen. 

Auch die Dome der Städte Havelberg und Brandenburg gehören zu den Korrespondenzorten, deren Domherren über Jahrhunderte aus den Reihen der Prämonstratenser stammten. Dieser Sitte bereitete Kurfürst Joachim I. 1506 mit päpstlicher Erlaubnis ein Ende, um Einfluss auf die Besetzung des Domherrenkollegiums nehmen zu können. 

Bei der Umwandlung in weltgeistliche Domherrenstifte bot der Kurfürst den Ordensleuten an, sich in eine andere Niederlassung der Prämonstratenser überweisen zu lassen. Davon machte jedoch niemand Gebrauch. Stattdessen traten sie aus ihrem Orden aus und blieben so den Domen von Brandenburg und Havelberg als Geistliche ohne Ordensgelübde erhalten. Ihr heutiges Erscheinungsbild besitzen die beiden Dome nicht zuletzt wegen der von den Hohenzollern veranlassten Baumaßnahmen: Schinkel war an dem von Brandenburg tätig, der von Havelberg verdankt seine beiden dem aus Quarzit gemauerten Westriegel aufgesetzten beiden Ziegelsteingeschosse einer Entscheidung Kaiser Wilhelms II.

Magdeburger Korrespondenzort ist das heute ein Kunstmuseum beherbergende Kloster Unser Lieben Frauen. Der 1134 verstorbene Norbert wurde seinem Wunsch gemäß in der Kirche des Klosters bestattet, was seit dem Übertritt Magdeburgs zur Reformation problematisch war. Da sich die Chorherren weigerten, die neuen Lehren anzunehmen, entzog ihnen der Stadtrat 1547 den Schlüssel der Klosterkirche. Aus dem Magdeburger Kloster machten sich 1601 die letzten Prämonstratenser davon. 

Und was wurde aus dem 1582 von Papst Gregor XIII. heiliggesprochenen Ordensgründer? Mithilfe eines kaiserlichen Gebots gelang es 1626 dem Abt Caspar von Questenburg, Norberts Gebeine aus Magdeburg nach Prag in sein Kloster Strahov zu überführen, wo sie in einem Altar aufbewahrt werden. Seine Magdeburger Grabstätte besteht noch, ist aber wegen der Restaurierung der ehemaligen Klosterkirche derzeit unzugänglich.

Bis 9. Januar im Kulturhistorischen Museum Magdeburg, Otto-von-Guericke-Str. 68–73, geöffnet Dienstag bis Freitag von 10 bis 17 Uhr, sonnabends und sonntags bis 18 Uhr. Eintritt: 9 Euro. Telefon (0391) 5403588, www.magdeburgermuseen.de. Informationen über die Korrespondenzorte: www.erbe-praemonstratenser.de