02.05.2024

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Folge 52-21 vom 31. Dezember 2021 / Presse / Ampel will „dritte Säule“ in die Medienlandschaft bauen / „Gemeinnützige Medien“ sollen Spender in den Markt locken – Kritiker sehen Gefahr für Unabhängigkeit und Vielfalt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 52-21 vom 31. Dezember 2021

Presse
Ampel will „dritte Säule“ in die Medienlandschaft bauen
„Gemeinnützige Medien“ sollen Spender in den Markt locken – Kritiker sehen Gefahr für Unabhängigkeit und Vielfalt
Norman Hanert

In ihrem Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP vereinbart, neue gesetzliche Rahmenbedingungen für die Förderung des gemeinnützigen Journalismus zu schaffen. Die Ampelkoalition plant unter anderem, gewisse Medienprojekte auch in steuerlicher Hinsicht künftig als gemeinnützig anzuerkennen. Spender könnten für ihre finanzielle Unterstützung dann eine steuerlich wirksame Spendenquittung erhalten.

Gerade für Stiftungen ist diese Einstufung ein wichtiges Argument. Viele der rund 23.000 Stiftungen in Deutschland dürfen nämlich per Satzung nur gemeinnützige Akteure unterstützen. Bei den nicht gewinnorientierten Medienangeboten ist eine Anerkennung der Gemeinnützigkeit bis jetzt nur über Umwege möglich. Etwa, indem die Projekte offiziell als Bildungsangebot oder als Angebot zum Verbraucherschutz betrieben wurden.

„Correctiv“ macht es bereits vor

Das wohl bekanntestes Beispiel für gemeinnützigen Journalismus ist das stiftungsfinanzierte Projekt „Correctiv“. Das Ende 2013 gegründete Recherche-Zentrum betreibt auch eine Online-Journalistenschule namens Reporterfabrik. Eine gewerbliche Tochtergesellschaft führt zudem sogenannte Faktenchecks für den Internetdienst Facebook durch. Befürworter sehen solche Formen des Journalismus bereits als künftige dritte Säule im deutschen Mediensystem, neben dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den privaten Verlagshäusern.

Ein Bedarf wird insbesondere im Bereich der regionalen Berichterstattung gesehen. Überall in Deutschland hat auf regionaler Ebene in den vergangenen Jahrzehnten ein Zeitungssterben stattgefunden. Viele Lokalblätter wurden eingestellt oder von großen Verlagsholdings übernommen. Vielerorts wurden Redaktionen zusammengelegt und personell ausgedünnt.

Vor diesem Hintergrund bezeichnete der Medienwissenschaftler Horst Röper gegenüber der – spendenfinanzierten –„Kontext: Wochenzeitung“ gemeinnützige Medienprojekte, „neben den Öffentlich-Rechtlichen und dem, was wir heute noch an Printmedien haben“, als unentbehrlich, wenn wir „überhaupt so etwas wie Vielfalt herstellen wollen“. Laut Röper gilt dies vor allem im Lokaljournalismus. 

Der Wissenschaftler spricht sich darüber hinaus für öffentliche Gelder für diesen Journalismus aus, weil „die jetzige alleinige Finanzierung über Werbung, stellenweise über Spenden nicht ausreichend“ sei. Ob sich langfristig die Hoffnungen auf ein Drei-Säulen-Modell aus Öffentlich-Rechtlichen, privaten Medienunternehmen und gemeinnützigen Projekten erfüllen, kann als fraglich angesehen werden. Gerade im lokaljournalistischen Bereich könnte das Aufkommen neuer Anbieter, die sich über Spenden und öffentliche Fördergelder finanzieren, zum endgültigen Rückzug von privaten Presseverlagen führen, die auf Rentabilität achten müssen. Mit der Spendenfinanzierung von Medienprojekten wächst laut Kritikern zudem die Gefahr, dass sich besonders finanzkräftige Großspender künftig immer öfter Einfluss auf die Berichterstattung erkaufen.