28.03.2024

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Folge 01-22 vom 07. Januar 2022 / Gewalt in Berlin / Es geschieht am helllichten Tag / Prügelattacken und Messerstiche – Neue Innensenatorin Iris Spranger sieht Handlungsbedarf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-22 vom 07. Januar 2022

Gewalt in Berlin
Es geschieht am helllichten Tag
Prügelattacken und Messerstiche – Neue Innensenatorin Iris Spranger sieht Handlungsbedarf
Norman Hanert

Als Berlins Regierender Bürgermeister stand Michael Müller von 2014 bis zum Herbst 2021 unter dem Personenschutz durch Beamte des Landeskriminalamtes. Nach seinem Abschied aus der Berliner Landespolitik lieferte der SPD-Politiker nun eine Einschätzung zur Sicherheitslage in der Hauptstadt, die möglicherweise viele Berliner nicht unbedingt teilen. In einem Interview räumte Müller zwar ein, dass „wie in allen Metropolen der Welt, täglich eine Vielzahl an Straftaten“ stattfinden, dennoch zog er für sich den Schluss: „Ja, ich fühle mich sicher in Berlin.“

Anderer Blick auf die Situation

Weniger unterkühlt wirkten die Einschätzungen, die von Berlins neuer Innensenatorin Iris Spranger (SPD) nach ihrer Amtsübernahme kamen. Sie sagte im Interview mit der „Berliner Morgenpost“: „Als erste weibliche Innensenatorin habe ich natürlich einen anderen Blick auf die Sicherheitsbedürfnisse von Frauen und Mädchen. Wenn ich nachts von den Koalitionsverhandlungen zu meinem Auto gegangen bin, habe ich mir schon das ein ums andere Mal die Frage gestellt, ob sich Frauen mit etwas mehr Licht nicht sicherer fühlen würden.“

Dabei dürfte bessere Beleuchtung kaum ausreichen, um vielen Berlinern das Gefühl von Angst und Bedrohung zu nehmen. Gerade in den letzten Wochen berichteten lokale Medien über rohe Gewalt auf den Straßen, die selbst für die Berliner Verhältnisse ungewöhnlich war.

Sofern er nicht wie die Spitzenpolitiker von Personenschützern begleitet wird, muss inzwischen jeder damit rechnen, auf den Straßen Berlins Opfer einer Gewalttat zu werden. Dies gilt längst nicht mehr nur für die Nachtzeit. Enthemmte Täter attackieren mittlerweile selbst am helllichten Tag zufällig vorbeikommende Passanten, Berlin-Touristen und machen selbst vor Senioren nicht halt.

Die Gemüter besonders erregt hat insbesondere ein Angriff auf einen Fußgänger, dem am 16. Dezember gegen 13 Uhr nach einem Streit auf dem Gehweg des Tempelhofer Damms mit einer Axt die linke Hand nahezu abgetrennt wurde.

Mehrere Polizisten, die zufällig am Tatort vorbeikamen, konnten dem Opfer zum Glück Erste Hilfe leisten, indem sie die Blutungen stoppten.

Per Hubschrauber wurde der schwerverletzte Mann ins Unfallkrankenhaus Marzahn geflogen, in dem er sofort operiert werden musste. Spezialisten für Handchirurgie gelang es, den Arm des Mannes zu retten.

Eine Woche später ging in Spandau am Nachmittag des 23. Dezember ein 27-jähriger Angreifer unvermittelt auf drei ältere Menschen los. Der Mann trat im Ortsteil Wilhelmstadt zunächst einer 85-jährigen Seniorin von hinten in den Rücken. Als die Frau am Boden lag, trat der Angreifer noch mehrmals in Richtung ihres Bauchs. Nur zehn Minuten später ging derselbe Täter auf einen 64-Jährigen und eine 66-jährige Rentnerin los, auf die er ebenfalls eintrat, nachdem er sie zu Boden gerissen hatte.

Am späten Nachmittag des ersten Weihnachtsfeiertags zog eine Gruppe von sechs Jugendlichen im Alter zwischen 13 und 15 Jahren durch Berlin-Mitte und attackierte zufällig vorbeikommende Personen. An der Jannowitzbrücke schlug zunächst ein 14-Jähriger aus der Gruppe einem Passanten unvermittelt ins Gesicht. Als sich das Opfer wehren wollte, schlugen noch mehrere andere Jugendliche zu. Die Schläger zogen weiter und schlugen am Rolandsufer auch noch auf ein 26-jähriges Paar aus den Niederlanden ein. Polizisten konnten die Gruppe wenig später in Tatortnähe festnehmen.

Angriffe auf Passanten häufen sich

Kaum noch für Aufsehen sorgt die Gewalt, die sich nachts auf Berlins Straßen abspielt. Noch kurz vor Weihnachten, in der Nacht zum 23. Dezember, wurde etwa ein Mann an einer Bushaltestelle in Berlin-Kreuzberg nach einem Streit krankenhausreif geprügelt. Fast schon Berliner Normalität sind mittlerweile auch Messerangriffe. Am zweiten Weihnachtsfeiertag umringte in der Reinickendorfer Straße in Berlin-Mitte eine Gruppe aus 15 Personen drei Männer. Ein Mann des Trios wurde aus der Gruppe durch einen Messerstich in den Unterbauch so schwer verletzt, dass er sofort notoperiert werden musste.

Berlins neue Innensenatorin, die sich bislang vor allem in der Finanz- und Baupolitik engagiert hat, kündigte zum Beginn ihrer Amtszeit ein ehrgeiziges Programm an. Neben einer Einstellungsoffensive bei Polizei und Feuerwehr will Spranger eine Polizeiwache am Kottbusser Tor einrichten und zudem auch mobile Wachen an kritischen Standorten einsetzen. Die Erfahrungen mit der Polizeiwache am Berliner Alexanderplatz lassen befürchten, dass die angekündigten Maßnahmen ohne begleitende Änderungen im Strafrecht und in der Justiz nicht ausreichen werden. Mitten auf dem „Alex“ ist seit Dezember 2017 eine Polizeiwache Tag und Nacht mit Beamten besetzt. Trotz der Polizeiwache ist der Platz ein Kriminalitäts-Brennpunkt in Berlin geblieben.