29.03.2024

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Folge 01-22 vom 07. Januar 2022 / Königsberg / Chefchirurg der Region ist neuer Oberbürgermeister / Jewgenij Ljubiwyj lebt erst seit vier Jahren in der Pregelmetropole – Politisch ist er noch ein Neuling

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-22 vom 07. Januar 2022

Königsberg
Chefchirurg der Region ist neuer Oberbürgermeister
Jewgenij Ljubiwyj lebt erst seit vier Jahren in der Pregelmetropole – Politisch ist er noch ein Neuling
Jurij Tschernyschew

Seit den letzten Wahlen der Abgeordneten für den Stadtrat in Königsberg gibt es einen neuen Oberbürgermeister: Jewgenij Ljubiwyj, Chefarzt des städtischen Notfallkrankenhauses.

Es sei daran erinnert, dass das Stadtoberhaupt von Königsberg früher von den Einwohnern der Stadt gewählt wurde und der Wahlsieger für gewöhnlich bis zur nächsten Wahl im Amt blieb. Doch nach einer Änderung der Stadtverfassung kann der Bürgermeister jederzeit wechseln, da er aus den Reihen der Stadtverordneten von selbigen gewählt wird. Bedenkt man, dass der Leiter der Königsberger Stadtverwaltung – zurzeit ist das Jelena Djatlowa –, der durch ein Auswahlverfahren gewählt wurde, für das Tagesgeschäft der öffentlichen Verwaltung zuständig ist, wechseln die Personalien an der Spitze recht häufig. 

Ein völlig Unbekannter

Für die Einwohner von Königsberg ist Ljubiwyj ein völlig Unbekannter in der Stadtverwaltung. Er wurde erstmals im September in den Stadtrat gewählt, und bereits auf der ersten Sitzung des neuen Stadtparlaments wurde seine Kandidatur von der Fraktion der Partei „Einiges Russland“ vorgeschlagen, die mit 21 von 27 Sitzen über eine absolute Mehrheit verfügt.

Der neue Bürgermeister hat darüber hinaus auch das Amt des Vorsitzenden des Stadtrats übernommen. Da das Amt des Bürgermeisters jedoch keine Überschneidungen zulässt, ist er bereits als Chefarzt zurückgetreten. Ljubiwyj ist nach wie vor der Chefchirurg der Region. Diese Stelle ist freiberuflich und wird nicht vergütet. Ljubiwyj selbst sagte nach seiner Wahl: „Für mich ist dies ein völlig neuer Weg in meinem Leben.“ 

In der Tat hatte er sich noch nie zuvor mit Politik beschäftigt. Außerdem hatte der neue Bürgermeister zum Zeitpunkt der Wahl nicht einmal seinen offiziellen Wohnsitz in Königsberg – in seinen Wahlunterlagen war Moskau als Ort der Registrierung angegeben. Seine Familie lebt noch in der Hauptstadt. Ljubiwyj kam erst vor vier Jahren ins Königsberger Gebiet, als er zum Chefarzt ernannt wurde.

Wohnsitz noch in Moskau

Dazu sagte er selbst: „Ich habe den medizinischen Teil der Stadt sehr gut kennengelernt, jetzt lerne ich die Kommunalwirtschaft kennen; natürlich bin ich viel gereist, natürlich habe ich viel gesehen, ich kenne den größten Teil der Stadt.“ 

Urbane Wirtschaft erfordert viel Scharfsinn und Erfahrung. Und bis es soweit ist, nutzt der Neue im Amt Tipps und Ratschläge seiner erfahreneren Kollegen. Vor allem die seines Vorgängers Andrej Kropotkin. Vor Kurzem hatte der Stadtrat den Haushaltsentwurf für die nächsten drei Jahre diskutiert und verabschiedet. Kropotkin war anwesend und beriet seinen Kollegen. 

Kropotkin hat sein Amt als Bürgermeister von Königsberg niedergelegt. Er verließ den Stadtrat, als er in die Regionalduma gewählt und deren Vorsitzender er wurde.

Übrigens waren nur 16 der 27 Abgeordneten bei der Anhörung zum Haushalt anwesend, der das wichtigste Thema für die Entwicklung der Stadt in der nächsten Zeit darstellt. Ljubiwyj rügte die abwesenden Abgeordneten, weil sie die öffentlichen Anhörungen geschwänzt hatten, und versicherte, dass er gegen diese Nachlässigkeit der gewählten Vertreter vorgehen werde.

Ljubiwyj bedient sich gelegentlich der medizinischen Sprache, wenn er über den Zustand der Wirtschaft der Stadt spricht: „Was die Stadt betrifft, sehe ich auf den ersten Blick kein Thema für Amputationen, aber für rekonstruktive, plastische Chirurgie, Kosmetologie – ja.“ Diese allgemeinen Worte lassen noch keine konkreten Rückschlüsse zu, welche Art von Entwicklungsstrategie der neue Bürgermeister verfolgt oder ob es überhaupt eine gibt. Auch anderweitig hat er sich bisher nicht dazu geäußert. Die Zeit wird zeigen, welche Art von Bürgermeister er sein wird.