25.04.2024

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Folge 01-22 vom 07. Januar 2022 / Deutschland / Verfassungsschutz auf Abwegen / Helmut Schmidt plötzlich rechtsextem? – Martin Wagener diagnostiziert kritikwürdige Fehlentscheidungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-22 vom 07. Januar 2022

Deutschland
Verfassungsschutz auf Abwegen
Helmut Schmidt plötzlich rechtsextem? – Martin Wagener diagnostiziert kritikwürdige Fehlentscheidungen
Bernd Kallina

Hätte Martin Wagener, Verfasser des Buches „Kulturkampf um das Volk“, es vor seiner Verbeamtung veröffentlicht, wäre er heute arbeitslos. Als hätte er geahnt, was ihm bevorstehen könnte, es trat prompt ein: Er erhielt de facto ein Lehrverbot, in dem ihm sowohl der Zutritt zum Schulgebäude des Bundes, als auch der Zugriff auf seine Lehrplattform verweigert wurden. 

Wagener, Professor für Politikwissenschaft und Sicherheitspolitik am Fachbereich Nachrichtendienste der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, macht von grundgesetzlich verbrieften Rechten (Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit) Gebrauch und verlor wegen Kritik am Regierungshandeln in einer ausgewiesen wissenschaftlichen Buchveröffentlichung seine Stellung. Leben wir nicht im freiheitlichsten Staat unserer Geschichte, in der Bundesrepublik Deutschland, wie führende Vertreter unserer politischen Klasse in Sonntagsreden stets betonen?

Bei näherer Betrachtung von Wageners Gedankengängen wird schnell klar, warum er sich in schwerem Gelände befindet. Er hat ein Werk vorgelegt, das in vorbildlich-wissenschaftlicher Präzision die sezierende Hand in die Wunden strategischer Fehlentwicklungen der Bundesrepublik Deutschland legt und dabei in sieben Kapiteln eine Fülle von schwer widerlegbaren Beweismitteln für seine Thesen präsentiert. Sie zu übergehen oder gar vorwurfsvoll als „populistisch“ beiseitezuschieben, wird nur bei böswilliger Auslegung möglich sein, womit allerdings zu rechnen ist – oder mit „Totschweigen“. 

Schwerpunkte seiner fundierten Kritik: Von deutschen Regierungen werde im Einklang mit Mainstream-Medien seit vielen Jahren ganz bewusst eine „nachhaltige Umformung der Zusammensetzung der Bevölkerung betrieben“. Diese vollziehe sich gegen die empirisch nachweisbare Ablehnung des Großteils der indigenen Bewohner unseres Landes. Dabei werde weitgehend ausgeblendet, dass „je bunter wir werden, desto mehr interethnische und interreligiöse Konflikte es langfristig geben wird“, wie Wagener betont. 

Fundierte Kritik an der Politik

Beginnend mit Rot-Grün nach 1998 wurde das Staatsangehörigkeitsrecht zugunsten einer multikulturellen Gesellschaft geändert. Diese abschüssige Weichenstellung setzte sich dann unter Angela Merkel nicht nur fort, sondern die CDU-Kanzlerin vertiefte und erweiterte sie bewusst durch illegale Massenimmigration, Stichwort „Flüchtlingskrise“ seit 2015 – bis heute. 

Die willkommenskulturelle Öffnung der Grenzen erfüllte jedoch den Tatbestand des „Rechtsbruchs“, was nicht etwa nur von Rechtsaußen-Vertretern behauptet wird. Als renommierter Zeuge steht dafür Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, zur Verfügung. 

Nicht zuletzt führe diese Politik zu einer „Herrschaft des Unrechts“, wie der frühere Ministerpräsident von Bayern, Horst Seehofer, zutreffend äußerte. Dies aber wirke sich nicht nur sicherheitspolitisch schon heute als äußerst riskant aus, siehe die immer schwerer zu beherrschenden Dauerkonflikte um nicht-integrierbare Immigranten im Land. Wie würden sie erst eskalieren, so die berechtigte Sorge des Verfassers, wenn in naher Zukunft ökonomische Krisen Deutschland und Europa heimsuchten? 

Von besonderer Brisanz scheint in diesem riskanten Umpolungsprozess die politische Einflussnahme des Bundesamtes für Verfassungsschutz unter der Leitung von Thomas Haldenwang zu sein, dem Nachfolger von Hans-Georg Maaßen. Einst wurde das Amt geschaffen, um das Grundgesetz zu schützen. Heute agiert es, wie Wagener vielfältig belegt, als intelligence to please, was bedeutet, „dass das Lagebild eine analytische Schieflage aufweist“. Es würden Berichte vorgelegt, in deren Mittelpunkt nicht die nüchterne Gefahrenanalyse steht, sondern die der Regierung gefallen sollen. Mit bedenklichen Folgen für konservativ-kritische Bürger und Parteien. Wer etwa Begriffe wie „Volk“, „Nation“ und „Vaterland“ positiv erwähnt, läuft schnell in eine „Rechtsextremismus-Falle“, denn nach den von Wagener quellenreich kritisierten neuen Maßstäben, „kann damit etwa die Hälfte der Deutschen als latent oder offen ‚rechtsextremistisch‘ eingestuft werden“. 

Zeitgeistige Maßstäbe

Im Rückblick auf bedeutende Persönlichkeiten der Bundesrepublik kommt es noch toller: Unter Zugrundelegung dieser zeitgeistigen Geheimdienst-Maßstäbe müssten Bundeskanzler Konrad Adenauer, Bundespräsident Richard von Weizsäcker oder der Staatsmann Helmut Schmidt als „rechtsextrem“ eingeordnet werden. Man denke nur an das berühmte Schmidt-Interview mit der „Frankfurter Rundschau“ (12. September 1992), in dem der überragende Kanzler zu Protokoll gab: „Sie dürfen aus Deutschland und Europa keine Einwanderungsländer machen. Das ertragen die Gesellschaften nicht. Dann entartet die Gesellschaft!“ Welch’ weise Voraussicht angesichts heutiger Dauerkonfliktverwerfungen.

Die Fehlentwicklung, die als Folge der Regierungspolitik die Bevölkerung gespalten hat, werde zusätzlich auch noch durch Voraussetzungen einer jahrzehntelang herbeigeführten geschichtspolitischen Lage begünstigt, wenn nicht sogar ursächlich herbeigeführt. Die maßgebliche BRD-Elite nutze nämlich die NS-Vergangenheit des Landes, „um das nationale Narrativ primär negativ aufzuladen“. Damit verhindere sie ein positives Selbstbild der Deutschen und schwäche deren Selbstbehauptungswillen. Galt in der alten Bundesrepublik die finale staatspolitische Zielsetzung laut Präambel des Grundgesetzes, dass „das gesamte deutsche Volk seine Einheit in Freiheit zu vollenden habe“, gälte nunmehr, verstärkt durch das linkspolitische Wirken der 68er Generation, das Credo: „Die deutsche Nation darf in der Form ihrer Gründung im 19. Jahrhundert wegen der Untaten der Nationalsozialisten keine Zukunft haben“, wie Wagener schreibt. 

Wer denkt da nicht angesichts der unerfreulichen Gemengelage im Land der Dichter und Denker an den Titel des Sarrazin-Buches „Deutschland schafft sich ab“? Da Letzteres der größte Sachbucherfolg der Nachkriegszeit wurde, das heißt, dass die Deutschen also gelesen haben, was ihnen bevorsteht, keimt noch Hoffnung auf Umkehr – vor allem, wenn der Leser in Ergänzung den empfehlenswerten Band von Martin Wagener zur Hand nimmt.

Martin Wagener, „Kulturkampf um das Volk. Der Verfassungsschutz und die nationale Identität der Deutschen“, Lau-Verlag Reinbek 2021, gebunden, 512 Seiten, 26 Euro