19.04.2024

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Folge 02-22 vom 14. Januar 2022 / Demonstrationen / Das trübe Treiben der „Schmutzfüße“ / Seit Jahrzehnten setzen deutsche Sicherheitsorgane Agents Provocateurs ein, um massive Maßnahmen gegen Protestbewegungen zu rechtfertigen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-22 vom 14. Januar 2022

Demonstrationen
Das trübe Treiben der „Schmutzfüße“
Seit Jahrzehnten setzen deutsche Sicherheitsorgane Agents Provocateurs ein, um massive Maßnahmen gegen Protestbewegungen zu rechtfertigen
Wolfgang Kaufmann

Die regierungsnahen Leitmedien meldeten zuletzt immer lauter: „Querdenker-Demos eskalieren“, „Corona-Leugner werden radikaler“ und „Gewalt bei Querdenker-Aufzügen“. Dabei stellt sich die Frage, wer tatsächlich für die zu beobachtenden vereinzelten Übergriffe gegen Polizisten sowie „Berichterstattende“ verantwortlich ist: Militante Impfgegner und Maßnahmen-Kritiker oder sogenannte Agents Provocateurs, welche im Solde der Sicherheitsorgane stehen und die Protestbewegung durch das publikumswirksame Begehen von Straftaten diskreditieren sollen? Letzteres erscheint auf den ersten Blick wie ein weitere wüste Verschwörungstheorie. Doch der Blick auf die Geschichte lehrt, dass der Einsatz solcher Personen hierzulande eine ebenso lange wie unrühmliche Tradition hat.

Am Anfang stand dabei die Schädigung rechter Parteien wie der NPD. So arbeitete zeitweise jeder siebte Funktionär jener Partei für die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder. Und viele der Maulwürfe gaben sich auch alle erdenkliche Mühe, „ihre“ Partei durch die gezielte Verbreitung antisemitischer und offen neonazistischer Hetzschriften oder andere Straftaten in Verruf zu bringen. Dieses Treiben hätte am Ende sogar zu einem Verbot der NPD führen können, wenn der Schwindel nicht 2003 aufgeflogen wäre. Trotzdem hielt der bundesdeutsche Inlandsgeheimdienst an den „Schmutzfüßen“ fest, wie der frühere Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen die Brunnenvergifter nannte.

Peter Urbach und die RAF

Spätestens ab 1968 wurden Provokateure in die linke Szene eingeschleust. So lieferte der V-Mann des Berliner Verfassungsschutzes Peter Urbach Waffen, Bomben und Molotowcocktails an Personen aus dem studentischen Milieu, die später zu den Gründungsmitgliedern der Rote Armee Fraktion und der linksterroristischen Bewegung 2. Juni gehörten. Die Brutalisierung von Teilen der Linken geht also zumindest auch auf das Konto des Staates. Waren es in den 1970er Jahren die „Stadtguerillas“, welche Schützenhilfe von Leuten wie Urbach erhielten, so infiltrierten die Anstifter aus den Reihen der Polizei und des Inlandsgeheimdienstes anschließend auch diverse Hausbesetzer- und Anarchisten-Gruppierungen.

Weiter ging es nach der Jahrtausendwende mit der Unterwanderung der Umweltaktivisten-Bewegung und globalisierungskritischer Zusammenschlüsse. 2007 riefen Provokateure während der Proteste gegen den G-8-Gipfel in Heiligendamm zur Gewalt gegen die „Bullen“ auf und schufen so die Handhabe für massive Einschränkungen des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit, die später sogar das Bundesverwaltungsgericht rügte. 

Ähnlich ging es im Juli 2018 im Vorfeld des G-20-Gipfels zu, als eingeschleuste Zivilbeamte der Polizei durch ihre rechtswidrigen Vermummungen passende Anlässe für die Auflösung von Demonstrationen schufen. Zuvor hatte der Linksfraktionschef Gregor Gysi den Verdacht geäußert, „dass bestimmte V-Leute geradezu zur Gewalt animieren, um das politische Anliegen totzumachen“. Dabei bezog er sich auch auf Äußerungen eines Polizisten gegenüber dem „Hamburger Abendblatt“: „Ich weiß, dass wir bei brisanten Großdemos verdeckt agierende Beamte, die als taktische Provokateure, als vermummte Steinewerfer fungieren, unter die Demonstranten schleusen. Sie werfen auf Befehl Steine oder Flaschen in Richtung der Polizei, damit die dann mit der Räumung beginnen kann.“

Solche Agents Provocateurs sollen auch während der Proteste gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 im September 2010 aktiv geworden sein, woraufhin die Sicherheitskräfte massiv Gewalt gegen die überwiegend friedlichen Demonstranten einsetzten. So kursierten Berichte über einen Vermummten mit professionellem Rückenprotektor und Funkstöpsel im Ohr, der Polizisten mit Pfefferspray attackierte, was sogar zu Parlamentarischen Anfragen im Landtag von Baden-Württemberg führte. Dennoch unterließ es die Stuttgarter Staatsanwaltschaft, nach dem Angreifer zu fahnden.

Kritische Polizisten opponieren

Möglicherweise handelte es sich bei ihm um einen Kollegen des britischen Agent Provocateur Mark Kennedy alias Mark Stone, der zwischen 2002 und 2009 die linke Szene in zwei Dutzend Staaten ausspionierte und dabei vielfach zu Straftaten aufstachelte. Kennedy arbeitete für die 1999 gegründete, von Scotland Yard geführte National Public Order Intelligence Unit (NPOIU) und war auch in Deutschland aktiv. Wie der damalige Chef des Bundeskriminalamts Jörg Ziercke im Januar 2011 vor dem Bundestags-Innenschuss eingestehen musste, ist Kennedy im Vorfeld des Gipfels in Heiligendamm von den Sicherheitsbehörden in Mecklenburg-Vorpommern angefordert worden und später noch auf Vermittlung des BKA für die Polizei in Baden-Württemberg tätig gewesen. 

Wahrscheinlich deswegen hatte die Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizistinnen und Polizisten im Oktober 2010 eine Pressemeldung veröffentlicht, in der sie den Einsatz eines „von Steuergeldern finanzierten Agent Provocateur“ anprangerte. Ähnlich ablehnend äußerte sich der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages 2018 per Gutachten auf Anforderung der Linkspartei: Der Staat dürfe „in keinem Fall unmittelbar durch seine Beamten oder mittelbar durch sie als Agents Provocateurs einen Grund für die Auflösung einer Versammlung schaffen.“

Aber halten sich die Sicherheitsorgane jetzt tatsächlich zurück? Nach Ansicht etlicher Organisatoren von Protestaktionen gegen die Corona-Politik ist dies mitnichten der Fall. So gab es im Vorfeld der großen Querdenker-Demonstration vom 3. April 2021 in Stuttgart Hinweise darauf, dass einhundert gewaltbereite „Hooligans“ bereitstünden, um zu randalieren und so massive Gegenreaktionen der Sicherheitskräfte zu rechtfertigen. Diese Krawallmacher traten zwar nicht in Erscheinung, was vielleicht aus den gezielten präventiven Anfragen der Veranstalter an die Polizei resultierte, dafür wurden aber mehrere Kleingruppen anderer Unruhestifter gesichtet, die sich auffällig von den übrigen Umzugsteilnehmern abhoben. War das nur Zufall oder zeigte sich da unvermittelt die Spitze eines veritablen Eisbergs?