23.04.2024

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Folge 02-22 vom 14. Januar 2022 / Unternehmenskultur / Da staunt man Bauklötze / Wenn Manager mit Lego spielen – Um spielerisch zu Lösungen zu kommen, nutzen viele Unternehmen die bunten Bausteine

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-22 vom 14. Januar 2022

Unternehmenskultur
Da staunt man Bauklötze
Wenn Manager mit Lego spielen – Um spielerisch zu Lösungen zu kommen, nutzen viele Unternehmen die bunten Bausteine
Stephanie Sieckmann

Die kleinen bunten Kunststoff-Bauklötzchen des dänischen Unternehmens Lego kennen viele Menschen weltweit aus ihrer Kindheit. Nach den Bausteinen entwickelte die Firma im Laufe der Zeit auch Bausätze zu verschiedenen Themen und sicherte sich damit die Gruppe der älteren Kinder und Jugendlichen, später auch eine Fangemeinde bastelbegeisterter Erwachsener. Mit der Erweiterung des Sortiments auf den Bereich „Lego Serious Play“, dem „ernsthaften Lego-Spiel“, hat das Spiele-Imperium zudem längst Einzug in die obersten Etagen von Unternehmen gehalten. Jetzt setzen Manager die Klötzchen aneinander.

„Problemlösung“ nennt sich das, wenn vier Herren im Anzug die rund 250 Legosteine, die ihnen ein Moderator jeweils zugewiesen hat, zusammenfügen. Während der eine sich daran versucht, ein Raumschiff zu gestalten, bricht seinem Sitznachbarn der Schweiß aus, weil seine Brücke nicht tragfähig ist. 

Was auf den ersten Blick kindisch erscheint, ist eine ernste Sache. Die Herren aus der Führungsetage sind Teilnehmer einer Arbeitsgruppe mit dem Ziel, Visionen für neue Geschäftsfelder zu entwickeln. Die erste Aufgabe lautet: „Gestalten Sie Ihren persönlichen oder beruflichen Meilenstein“ und ist dazu angedacht, erst einmal ins Spiel hineinzufinden. 

„Lego Serious Play“ ist aktuell ein weltweiter Berater-Hit in Konzernen. Unternehmensberater, die als Moderatoren für „Serious Play“ lizenziert sind, besuchen mit einem Koffer voller Legosteine Start-ups und Konzerne, um Entwickler, Manager oder Gründer bei der Entwicklung von Visionen zu unterstützen. Nicht nur Internetfirmen haben Interesse an den spielerischen Strategie-Workshops. Auch Unternehmen wie Daimler, Nestlé, SAP, Vodafone oder die Bundeswehr haben schon bei solchen Arbeitsgruppen auf das Spiel mit Legosteinen gesetzt. 

Als Tischlermeister Ole Kirk Christiansen 1932 in Dänemark ein Unternehmen gründete, das sich auf die Produktion von Holzspielzeug spezialisierte, hat er gutes Gespür bewiesen. Er hat sicher nicht damit gerechnet, dass einmal Chefetagen weltweit tätiger Unternehmen mit seinen Bauklötzchen spielen würden. Bei der Gründung waren die Holzklötze noch als reines Kinderspielzeug gedacht. 

Hochstapeln am Konferenztisch

Der Däne war findig und entwickelte seine Produktpalette fortwährend weiter. Mit der Umstellung auf Kunststoff-Spritzguss in den 1950er Jahren kamen die bunten Kunststoffsteine mit den markanten Noppen auf den Markt. Die Umgestaltung der Unterseite der Plastikbausteine ermöglichte schließlich ein sicheres Aufeinanderstapeln. Damit ergaben sich völlig neue Möglichkeiten. Bauteile wie Garagentore wurden hergestellt, Räder und Fahrzeuge ergänzten die Produktpalette.

Die Einführung der Lego-Technik-Serie, bei der auch Zahnräder, Elektromotoren und weitere Technikelemente verbaut werden konnten, war der nächste Entwicklungsschritt und die logische Weiterentwicklung. Dieser Schritt sorgte dafür, dass außer Kindern nun auch Jugendliche zur Kundschaft zählten. Mit der Entwicklung von Themenwelten und Lizenzprodukten wurden komplette Sätze angeboten, die dem Unternehmen dazu verhalfen, sich Platz drei der größten Spielwarenhersteller der Welt zu sichern. 

Vom Baukasten mit Kunststoff-Klötzchen und Zahnrädern hin zu einem Strategiespiel für Unternehmer ist es auf den ersten Blick noch ein weiter Weg. Doch manchmal liegt das Gute nah. Kjeld Kirk Kristiansen, der Enkel des Firmengründers, war in den 1990er Jahren nicht zufrieden mit den Strategieentwicklungsmethoden, die in der Entwicklungsabteilung und der Chefetage von Lego zur Verfügung standen. Konsequent begab er sich auf die Suche nach anderen Möglichkeiten. Und entdeckte sie in der hauseigenen Produktion. In der Zusammenarbeit mit zwei Wissenschaftlern aus Lausanne und dem damaligen Leiter der Lego A/S Produktentwicklung wurde „Lego Serious Play“ entwickelt. Bis die erste spielbare Version fertiggestellt war, vergingen noch einige Jahre. 

Schließlich wurde der Spielprozess für Manager, der eigentlich für das Lego-Unternehmen entwickelt worden war, im Jahr 2010 durch Lizenz auch für andere Firmen zugänglich gemacht. Seither tauchen die Bausätze mit bis zu 6500 Spielsteinen und Figuren auch in vielen Konferenzräumen auf. Inzwischen gibt es verschiedene Strategie-Prozesse wie „Realtime Strategy“ für die ganze Firma oder für das einzelne Management-Team. 

Spiel gut für Manager

Für Lego, dessen Name übrigens auf das dänische „leg godt“ – „spiel gut“ – zurückgeht, läuft es damit jetzt auch im Bereich Erwachsenenspiel prächtig. Nicht ganz unschuldig ist die Entwicklung hin zum Informationszeitalter. Angesichts der Informationsflut, die 24 Stunden am Tag über viele Konzerne hereinbricht, setzen Firmen heute vor allem auf Analysen, Zahlenkolonnen und Auswertungen. Damit bleiben jedoch wichtige Elemente wie das intuitive Entscheiden der Kunden oder auch noch unentdeckte Potentiale der eigenen Produkte außen vor. Der spielerische Umgang mit den Bauklötzchen bietet eine andere Herangehensweise, und zwar eine, die Erfolg verspricht. 

„Serious Play“ ist kein Marketing-Spaß, die Grundlage für die Erwachsenen-Variante des Lego-Spiels ist wissenschaftlich abgesichert. Forschungen im Bereich Psychologie haben schon vor vielen Jahren gezeigt, dass der Mensch im Spiel am schnellsten lernt. Das gilt nicht nur für Kinder. Jedoch wird der Spieltrieb im Laufe des Lebens schwächer, Erwachsene müssen sich deshalb gezielt an den Tisch setzen, um zu spielen.

Ebenfalls gesichert ist die Erkenntnis, dass die Hände eine enge Verbindung mit dem Gehirn haben und motorische Bewegungen in Kombination mit Denkprozessen zu einem verbesserten Verständnis führen. Außerdem wirkt sich das Spiel motivations- und leistungssteigernd aus. Unternehmer, die sich beruflich an das Experiment mit den Legosteinen herangewagt haben, loben, dass durch das Spiel die Intuition gestärkt wird und damit Ergebnisse erzielt werden, die sonst nicht erreicht werden können. Wenn es im Unternehmen gut flutscht, dann auch dank der kleinen Bausteine.