25.04.2024

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Folge 02-22 vom 14. Januar 2022 / Für Sie gelesen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-22 vom 14. Januar 2022

Für Sie gelesen

Tödlicher Widerstand 

Arno Esch gilt als Symbol des liberalen Widerstandes gegen die SED-Diktatur. Das aktuell erschienene Buch „Arno Esch“ von Natalja Jeske mit sehr vielen Dokumentationen enthüllt erstmals sein ganzes Leben. Geboren 1928 im Memelland, erlebte er mit seiner Familie das Kriegsende in Mecklenburg und damit in der russischen Besatzungszone. Während die meisten jungen Menschen das Vergangene schnell vergessen wollten, galt das nicht für Esch. Er wollte mitgestalten und trat 1946 der Liberal-Demotkratischen Partei Deutschlands (LDP) bei. Grund war deren Aufruf zur Achtung der Menschenwürde und der Freiheit. Eschs Vorbilder waren seine Professoren. Seit Herbst 1946 studierte er Jura an der Universität Rostock. 

Jeske sieht bei Esch nüchterne Sachlichkeit und Verschlossenheit, andererseits Begeisterungsfähigkeit und „eine ungeheure Angriffslust im Diskutieren“. Dabei ging Esch auf die Zuhörer ein, wollte sie überzeugen, ihre Köpfe gewinnen und dann die Parolen der SED/FDJ widerlegen. Seine vielen Aktivitäten und seine Dynamik brachten ihn bald in den LDP-Landesvorstand. 

Dumme westliche Propaganda

Nicht wenige Westdeutsche forderten damals, nach einer Wiedervereinigung auch alle Funktionäre der bürgerlichen Parteien zur Verantwortung zu ziehen. Aus Furcht vor der Schande einer „Entkommunifizierung“ ließen sich manche  zu allzu offenen Äußerungen hinreißen – und wurden vom sowjetischen Volkskommissariat des Inneren (NKWD) verhaftet. „Eine unbegreiflich dumme westliche ‚Ostpropaganda‘“, schrieb Eschs Mitstreiter Friedrich-Franz Wiese. Um noch etwas Einfluss zu haben, bejahte die LDP die Gründung der DDR und ihre Teilnahme an der Regierung. Zugleich trat Esch für das Entstehen einer „Radikal-Sozialen Freiheitspartei“ innerhalb der LDP ein, die geheim bleiben und erst nach Abzug der Russen in einem offenen politischen Kampf gegen die SED die Macht übernehmen sollte.

Mit seinen sehr vielen legalen Aktivitäten aber wurde Esch zur echten Gefahr für die SED-Staatsjugend. Er wusste um seine persönliche Gefähr-dung, glaubte aber an seine politi-schen Freunde – vergebens: Am 

18. Oktober 1949 wurden Esch und Wiese verhaftet. In insgesamt 17 Verhören wurden beide zermürbt. Um nicht weitere Mitglieder zu gefährden, nahm Esch alle Schuld auf sich. Ob-wohl in der UdSSR offiziell die Todesstrafe abgeschafft war, wurden beide dazu verurteilt. Im Gnadengesuch baten beide um eine Umwandlung in eine Freiheitsstrafe. Wegen seines politischen Verhaltens entschuldigte Esch sich jedoch nicht. Das Militärtribunal in Moskau minderte Wieses Strafe in 25 Jahre Arbeitslager. Bei Esch blieb es bei der Todesstrafe, die am 24. Juli 1952 vollstreckt wurde. Zuvor hatte er Mithäftlingen zugerufen: „Ein Arno Esch wird so aufrecht und gerade zu sterben wissen, wie er gelebt hat“. Friedrich-Wilhelm Schlomann

Natalja Jeske: „Arno Esch“, veröffentlicht von der Landesbeauftragten für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, Schwerin 2021, gebunden, 451 Seiten, Schutzgebühr 10 Euro