18.04.2024

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Folge 02-22 vom 14. Januar 2022 / Der Wochenrückblick / Kommen Sie noch mit? / Wie Christian Lindner seinen Schwenk begründet, und warum Olaf Scholz kalte Füße bekommt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-22 vom 14. Januar 2022

Der Wochenrückblick
Kommen Sie noch mit?
Wie Christian Lindner seinen Schwenk begründet, und warum Olaf Scholz kalte Füße bekommt
Hans Heckel

Worüber regen die sich eigentlich so auf? Egal, wohin man blickt: In bald jedem noch so kleinen Städtchen und längst auch zahllosen Dörfern des Landes versammeln sich immer größere Gruppen, oftmals viele tausend Leute, zum „Spaziergang“ gegen die Corona-Politik. Im Zentrum des Verdrusses steht die angepeilte Impfpflicht.

Dabei ist das Vorhaben doch sehr gut begründet! Vor der Wahl hieß es aus Politikermund zwar noch, dass es niemals zu einer Impfpflicht kommen werde – heiliger Eid! Besonders FDP-Chef Lindner hat sich da aus dem Fenster gelehnt, was man von ihm als Chef einer sich liberal nennenden Partei ja auch erwarten durfte.

Doch kaum war die Bundestagswahl durch, änderte sich die Ansage. Lindner begründet seinen jähen Seitenwechsel damit, dass sich ja auch die Lage geändert habe, worauf die Politik schließlich reagieren müsse. Niemand kann es bestreiten, da hat er recht: Tatsächlich stehen wir vor einer wesentlich anderen Situation als im vergangenen September. Die damals dominierende Delta-Variante ist durch Omikron verdrängt worden, das die spanische Regierung zur gewöhnlichen Grippe herabgestuft hat, weil die neue Mutante deutlich mildere Verläufe auslöst als ihre Vorgänger und deshalb eher mit einer Influenza vergleichbar sei als mit einer menschheitsbedrohenden Pandemie.

Diese Veränderung nimmt die deutsche Politik also zum Anlass, die Maßnahmen noch einmal drastisch zu verschärfen und den Zwang zum Impfen ins Spiel zu bringen. Sollte eine auf Omikron folgende Variante bei Durchschnittsgesunden nur noch einen bedeutungslosen Schnupfen hervorrufen, müssen wir wohl damit rechnen, dass Christian Lindner empfiehlt, den Deutschen nur noch im absoluten Ausnahmefall das Verlassen des Hauses zu erlauben – wegen der „veränderten Lage“.

Diesem Verständnis von Logik entspricht der Zeitplan zur Einführung der Pflicht. Erst einmal solle es Ende Januar eine „umfassende Orientierungsdebatte“ im Bundestag geben. Und wozu? Wer muss sich denn noch orientieren, wo bis auf die AfD-Spitze und Wolfgang Kubicki doch alle Parteiführungen längst für den Zwang sind? Es kommt noch besser: Im Februar findet wegen des Karnevals nur eine Sitzungswoche statt, sodass nicht vor der Woche ab dem 14. März mit einer Entscheidung zu rechnen sei, wie der „Tagesspiegel“ aus Koalitionskreisen erfahren haben will. Und dann muss der Bundesrat zustimmen, der aber erst wieder am 8. April tagt. Vor Anfang Mai werde das mit der Impfpflicht also nichts. Und wenn erst noch ein zentrales Register aufgebaut werden muss, in dem alle Geimpften verzeichnet sind, eher nicht vor Juni.

Fassen wir kurz zusammen: Es ist (fragen Sie Lauterbach!) höchster Alarm! „Die Politik muss handeln!“ Aber der Karneval hat Vorrang, da muss der Alarm warten. Der Bundesrat wiederum folgt seinem ganz eigenen Terminkalender, den er unter keinen Umständen anpassen kann. Und schließlich fordert die deutsche Statistik-Bürokratie ihr Recht, bevor auch nur irgendwas läuft. 

Die bestechende Logik des Ethikrats

Wie können diese „Spaziergänger“, die Schwurbler und Verschwörungsdingsdas nur auf den absurden Verdacht kommen, dass uns die Politik mit ihrem ständigen Panikprogramm eine Bären aufbindet? Ja, wie können die nur?

Interessant ist auch die Haltung des „Deutschen Ethikrates“ zur Impfpflicht. Unlängst noch lehnte das Gremium die Pflicht ab, nun ist es dafür, hat im Gleichklang mit der Regierung seine Richtung um 180 Grad gedreht. Selbstredend auch nur deshalb, weil sich eben die Lage verändert hat.

Die Ablehnung einer Pflicht begründete der Ethikrat unter anderem damit, dass ja gar nicht klar sei, ob man per Impfung vollständig vor einer Infektion geschützt sei. Heißt: Solange der zuverlässige Schutz vor Infektion durch eine Impfung nicht erwiesen ist, fehlt der Impfpflicht die ethische Grundlage. 

Da hat sich der Kenntnisstand bekanntermaßen deutlich verbessert. Heute wissen wir, dass uns die Impfung NICHT vor Ansteckung und Erkrankung schützt (sondern den Krankheitsverlauf bestenfalls lindert). Jetzt aber findet der Ethikrat eine Impfpflicht auf einmal vertretbar. Kommen Sie noch mit?

Müssen Sie auch gar nicht. Denn möglicherweise kommt sowieso alles ganz anders. Wissen Sie, was meine Furcht vor der Impfpflicht ganz wesentlich verringert hat? Es war das schöne Wort „Zentrales Impfregister“. Da sitzt eine Gesundheitsbürokratie, die schon bei der Aufstellung simpler Daten wie jener der zuletzt positiv Getesteten nach jedem Feiertag ins Schleudern gerät, die zettelt und faxt und bis heute lieber mit Mondzahlen herumjongliert, als endlich aufzuschlüsseln, wie viele Menschen nun wirklich „an“ und nicht bloß „im Zusammenhang mit“ Corona gestorben sind. Und diese Bürokratie soll also ein „Zentrales Impfregister“ erstellen? Das wird ein Schauspiel! 

Es sei nur daran erinnert, dass selbst das RKI im Oktober einräumen musste, seine Statistik der Geimpften falle um mehrere Millionen zu niedrig aus, weil viele Impfungen gar nicht nach oben gemeldet worden sind. Nun darf also gewettet werden: Schaffen die das mit dem Impfregister oder werden sie es (wie so vieles andere in der Pandemie) abermals vergeigen? Auf Ersteres setzt nur, wer Streit mit seinem Geld hat.

Da kann man schon verstehen, warum sich Kanzler Scholz in seiner legendär nebligen Art langsam von der Bühne schleicht, wenn es um die Impfpflicht geht. Im November verkündete er noch, dass er den „Verweigerern“ schon im März die Daumenschrauben anlegen wolle. Dann ging es in den Mai oder Juni, und nun wird schon gemunkelt, dass Karneval und Co. in Wahrheit bloß Vorwände seien, um aus der Nummer ganz wieder rauszukommen. Womöglich ahnt der Regierungschef das gellende Gelächter, das sich erhebt, wenn seine Regierung ganz simpel an der administrativen Umsetzung der Pflicht scheitert, weil sie das mit dem Register nicht hinbekommt.

Wer macht sich schon gerne lächerlich? Och, Dennis Radtke hat damit kein Problem. Der CDU-Abgeordnete im EU-Parlament hat die Gründung einer „Bundeskanzlerin-Merkel-Stiftung für Migration und Integration“ angeregt. Damit solle die Exkanzlerin für ihr „bleibendes Verdienst“ bei der „Bewältigung der Flüchtlingskrise“ geehrt werden.

Zur Erinnerung: Unter der Parole „Wir können nicht kontrollieren, wer über unsere Grenzen kommt“ hatte Merkel die Krise erst richtig in Schwung gebracht. Nebenbei war die Parole eine Lüge, wie wir seit den vielen Corona-Grenzschließungen alle wissen. Und ihr hervorstechendster Beitrag zur Integration der Millionen Neuankömmlinge kumulierte in dem Satz „Nun sind sie halt da ...“, der an Gleichgültigkeit gegenüber Einheimischen wie Eingereisten kaum zu überbieten war. Wenn das keine Ehrung wert ist!