07.05.2024

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Folge 03-22 vom 21. Januar 2022 / Kasachstan / Viele Akteure haben ein Auge auf die Rohstoffe geworfen / Neben Russland sind US-amerikanische, kanadische und britische Konzerne an der Ausbeutung beteiligt – China investiert in Erneuerbare Energien

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-22 vom 21. Januar 2022

Kasachstan
Viele Akteure haben ein Auge auf die Rohstoffe geworfen
Neben Russland sind US-amerikanische, kanadische und britische Konzerne an der Ausbeutung beteiligt – China investiert in Erneuerbare Energien
Manuela Rosenthal-Kappi

Lange galt Kasachstan als die Ex-Sowjetrepublik, die sich nach dem Zerfall der Sowjetunion wirtschaftlich am besten entwickelt hat. Die zentralasiatische Republik verfügt über große Öl- und Gasfelder am Kaspischen Meer sowie über bedeutende Steinkohlevorkommen. Sie hat große Vorkommen an Buntmetallen wie Gold, Kupfer und Nickel sowie an Uran. Bei Letzterem ist das Land Marktführer. Im Jahr 2020 betrug die Uranproduktion mit mehr als 19.000 Tonnen etwa 41 Prozent der weltweiten Förderung. 

Da wundert es nicht, dass sich seit der Unabhängigkeit Ende 1991 international agierende Konzerne um das Land bemühen. Langzeitpräsident Nursultan Nasarbajew, der Kasachstan von 1991 bis 2019 lenkte, ging strategische Partnerschaften mit Russland, China und den USA ein. Er versuchte, seine Republik nach Westen zu öffnen, ohne die Partnerschaft mit Russland aufzugeben. Durch Mitgliedschaften in zahlreichen Organisationen sicherte er sein Land ab. Kasachstan ist Vollmitglied der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten,  der UN sowie  der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Seit 2015 ist es auch Mitglied der Welthandelsorganisation, und es gibt ein Partnerschaftsabkommen mit der EU. Kasachstan ist darüber hinaus Gründungsmitglied der von Russland forcierten Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU).

Fördermenge soll wachsen

An der Ausbeutung der Rohstoffreserven sind seit Beginn der 2000er Jahre ausländische Konzerne beteiligt, die in die Infrastruktur investiert und zum wirtschaftlichen Erfolg Kasachstans beigetragen haben, dessen Bruttoinlandsprodukt (BIP) vor der Finanzkrise 2009 jährlich um die neun Prozent wuchs. Seitdem stieg das BIP zwar langsamer, doch soll die Fördermenge in Zukunft ausgeweitet werden. Im Kaspischen Meer liegen noch große unerschlossene Ölfelder.

Ob die jüngsten Unruhen, wie von Russland behauptet, vom Ausland geschürt, oder wie von Beobachtern vermutet, einer Clanfehde geschuldet sind, kann von außen schwer beurteilt werden. Wohl haben extrem erhöhte Energie- und Lebensmittelpreise zum Ausbruch der Krawalle geführt, sie sind jedoch auch Ausdruck der Wut auf die Eliten, die sich ein luxuriöses Leben leisten, während die Mehrheit der Bürger ein ärmliches Dasein führen muss. Alles sei irgendwie mit dem Nasarbajew-Clan verbunden – Korruption ebenso wie die Tatenlosigkeit der Verantwortlichen, sagen Kritiker.  

Tatsache ist, dass das Gros des in Kasachstan erwirtschafteten Geldes in die Kassen der Großunternehmen fließt, wobei vor allem ausländische Konzerne profitieren. Von der Fördermenge müssen sie zwar 40 bis 50 Prozent an den kasachischen Staat abgeben, dennoch besitzen sie einen großen Anteil der Firmen. So gehören elf von 13 Uranminen und Uranverarbeitungsfirmen Ausländern. Während der Proteste stiegen die Aktien dieser Firmen um neun Prozent, während die des staatlichen Bergbauunternehmens Kazatomprom um zehn Prozent fielen. Im Süden Kasachstans ist die Hälfte der Uran-Konzerne angesiedelt, die englischen, kanadischen und amerikanischen Firmen gehören. 

Auf die kasachischen Rohstoffe haben viele Akteure ein Auge geworfen, die miteinander um Einfluss konkurrieren. Die meisten Verflechtungen gibt es mit Russland. Der russische Konzern Rosatom ist an zahlreichen kasachischen Projekten beteiligt, und es laufen Verhandlungen über den Bau russischer Atommeiler. Die Konzerne Lukoil und Rosneft beteiligen sich an der Erschließung von Öllagerstätten im Kaspischen Meer. Von strategischer Bedeutung ist für Russland der Weltraumbahnhof Baikonur, für den jährlich 115 Millionen US-Dollar Pacht gezahlt werden. 

Verflechtungen mit Russland

Ein Konkurrent in Kasachstan sind die USA, die nach den Niederlanden der zweitgrößte westliche Investor sind. Die Unternehmen Chevron und Exxon kooperieren mit dem kasachischem Staatskonzern Kazmunaigaz bei der Ausbeutung des Ölfelds Tengiz nahe dem Kaspischen Meer. Es handelt sich um das sechstgrößte Ölfeld weltweit. Bis 2024 soll die Ölförderung mit amerikanischen Investitionen in Höhe von 45 Milliarden Dollar ausgebaut werden. 

China, dessen Energiebedarf stetig steigt, investiert in Erneuerbare Energien. Das Reich der Mitte liefert die Ausrüstung beispielsweise für Solar- und Windenergie und bezieht Gas, Öl und Kohle aus Kasachstan. 2020 schlossen Peking und Nur-Sultan  (Astana) eine Vereinbarung über den Bau einer Pipeline zur Lieferung von Flüssiggas. Eine Ölleitung führt bereits von Kasachstan in die westchinesische Provinz Xinjiang. 

Kasachstan ist neben Weißrussland Russlands wichtigster Bündnispartner. Weil das Land Mitglied im militärischen Bündnis „Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit“ ist, dem neben Kasachstan Russland, Weißrussland, Kirgisien, Tadschikistan und Armenien angehören, schickte Moskau Militär nach Almaty zur Eindämmung der Unruhen. China sieht sich zwar als strategischer Partner Kasachstans, hielt sich im Konflikt jedoch zurück.