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Folge 03-22 vom 21. Januar 2022 / Kommentare / Was will die Union?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-22 vom 21. Januar 2022

Kommentare
Was will die Union?
René Nehring

Über den Verlust zahlreicher inhaltlicher Grundüberzeugungen der CDU im Laufe der Ära Merkel ist viel geschrieben worden. Auch dass die Union heute kaum noch von anderen Parteien zu unterscheiden ist, ist ebenfalls wiederholt Gegenstand von Analysen geworden. 

Was jedoch kaum berücksichtigt wurde ist, dass in der CDU auf das Abräumen alter Überzeugungen in der Ära Merkel kein Aufschrei erfolgte, sondern vielmehr die Kanzlerin auf den Parteitagen stets stehende Ovationen bekam und Wahlergebnisse weit über 90 Prozent einfuhr. Weder die Stimmenverluste bei den Bürgern noch der rapide Rückgang an Mitgliedern, weder die kritischen Rufe von inneren Emigranten wie dem treuen Wolfgang Bosbach noch der lautstarke Abgang „alter Schlachtrösser“ wie Alexander Gauland oder Erika Steinbach haben irgendwo zu Unruhen geführt. 

Stattdessen vermittelten weite Teile der Partei das Gefühl, froh darüber zu sein, lästigen Ballast wie das Bekenntnis zum christlichen Glauben oder zum Vaterland (ein Wort, das bei Helmut Kohl noch in jeder Grundsatzrede auftauchte, während es Merkel nicht einmal mehr in den Mund nahm) endlich abwerfen zu können. 

Lediglich die Tatsache, dass ein langjähriger Aussteiger wie Friedrich Merz bei seiner Rückkehr vor drei Jahren beinahe aus dem Stand CDU-Vorsitzender werden konnte, ließ auf ein großes Unbehagen in weiten Teilen der Partei schließen. Merz’ große Aufgabe wird nun sein, zu erklären, wofür die CDU in den 20er Jahren des 21. Jahrhunderts steht. Dass weite Teile der Partei während der Merkel-Jahre so freudig bereit waren, alte Grundsätze über Bord zu werfen, zeigt die Schwere der Aufgabe. 

Fakt ist jedoch: Die Zeiten, in denen die Union allein mit dem Verwalten der Regierungsgeschäfte punkten konnte, sind vorbei. Eine Oppositionspartei muss sowohl den eigenen Anhängern als auch den Wählern erzählen, wofür sie steht und warum sie die bessere Alternative zur Regierung ist. Ansonsten wird sie jenseits der Funktionäre von niemandem gebraucht.