Sara Nanni war außer sich: „Gleich normalisiert sternTV einen Coronaschwurbler“, wetterte die Bundestagsabgeordnete der Grünen auf Twitter. Viele Twitter-Nutzer schlossen sich der Kritik an, große Medien griffen den „Shitstorm“ daraufhin auf.

Was war geschehen? In der Sendung „Der heiße Stuhl“ unter der Leitung von RTL-Politikchef Nikolaus Blome war Marcus Fuchs zu Gast. Der bekennende Anhänger der „Querdenken“-Bewegung in Dresden bekam so die Gelegenheit, seine Sicht auf die Corona-Politik darzulegen und zu begründen. Blome und Co. hatten die Gelegenheit, dem „Querdenker“ auf den Zahn zu fühlen und argumentativ Contra zu geben.

Debattenkultur, Bühne des freien Meinungsaustauschs in einer Demokratie, nannte man das einst. Doch heute gilt das offenbar für viele nicht mehr. Schon das bloße Zuwortkommenlassen von Vertretern abweichender Positionen gilt als Skandal. Der verräterische Vorwurf der „Normalisierung“ seitens der Grünen-Politikerin bringt das Elend auf den Punkt: Widerrede ist „unnormal“, ihre Protagonisten müssen aussortiert werden.

Wo und wann hat dieser Verfall der einst selbstverständlichen demokratischen Diskussionskultur eingesetzt? Zuvörderst bleibt hier das Postulat der „Alternativlosigkeit“ in Erinnerung, mit dem die damalige Kanzlerin Merkel ihre Politik gegen jede Kritik abdichten wollte. Dieses Unwort hat sich offenbar tief in die Geisteswelt gewisser Kreise eingebrannt. Selbst Bundespräsident Steinmeier sah sich dieser Tage Kritik ausgesetzt, nachdem er impfkritische Bürger, die ihm geschrieben hatten, zum Dialog eingeladen hatte. 

„Unnormal“ ist in einer freien Demokratie nicht die abweichende Meinung, sondern das Ansinnen, Abweichler mundtot zu machen.