08.05.2024

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Folge 03-22 vom 21. Januar 2022 / Bauernbarock / Jesu Kreuzigung im Elbsandsteingebirge / Kulturhistorisches Kleinod in der Sächsischen Schweiz – Die Kirche von Reinhardtsdorf-Schöna und ihre kurios bemalten Wandtafeln

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-22 vom 21. Januar 2022

Bauernbarock
Jesu Kreuzigung im Elbsandsteingebirge
Kulturhistorisches Kleinod in der Sächsischen Schweiz – Die Kirche von Reinhardtsdorf-Schöna und ihre kurios bemalten Wandtafeln
Wolfgang Kaufmann

Über die 1300-Seelen-Gemeinde Reinhardtsdorf-Schöna in der Sächsischen Schweiz nahe der Grenze zu Tschechien haben die Medien schon viel berichtet – allerdings stets nur im Zusammenhang mit ungewöhnlich guten Wahlergebnissen für die NPD. Dadurch fiel unter den Tisch, dass in Reinhardtsdorf eine Kirche steht, die zu den kulturhistorischen Kleinoden Deutschlands gehört.

Das Gotteshaus entstand um das Jahr 1200 herum, als Siedler aus Franken und Thüringen in das Elbsandsteingebirge kamen. Der ursprünglich romanische Bau wurde 1368 erstmals urkundlich erwähnt – und zwar als Gründung des Dekanates Aussig der Ordenskanzlei der Deutschritter. 1523 erfolgte eine Erweiterung der Kirche und die Neuweihung durch den Meißner Bischof Johannes VII. 

Zu dieser Zeit hing in Reinhardtsdorf bereits der geschnitzte gotische Flügelaltar von Gregor Hörcel, welcher unter anderem Kaiser Heinrich II., auch der Heilige genannt, und die Anna selbdritt zeigt, also die heilige Anna mit ihrer Tochter Maria und dem Jesuskind. Der Altar überstand den Zweiten Weltkrieg, weil er im Januar 1945 wieder an seinen angestammten Platz gebracht worden war, nachdem er über hundert Jahre lang zum Bestand der Dresdner Kunstsammlungen gehört hatte.

Im Zuge der Reformation und neuerlicher Erweiterungen erhielt das Kirchengebäude im Jahr 1681 einen barocken Altar mit der Darstellung des letzten Abendmahls sowie der Kreuzigung und Auferstehung Jesu des Künstlers Gottfried Schanker. Dieser dient heute als Hauptaltar, während Hörcels Meisterwerk jetzt die südliche Seitenwand des nunmehrigen evangelisch-lutherischen Gotteshauses ziert.

Zwischen 1681 und 1711 erfolgte zudem eine Bemalung der Emporen durch Schanker und Johann Georg Walter. Das machte die Kirche endgültig zu dem, was sie jetzt ist: ein Paradebeispiel für den sogenannten Bauernbarock, also die volkstümliche Stilrichtung, welche im Kontrast zum überladen-prunkvollen höfischen Barock steht. An der oberen Empore befinden sich 30 Bilder mit Szenen aus dem Alten Testament – dazu kommen 20 weitere Darstellungen zu Themen des Neuen Testaments an der unteren Empore. Dabei steht auf jeder der bemalten Tafeln Name und Beruf des Stifters sowie die gespendete Summe. 

Bemerkenswert an manchen dieser Kunstwerke ist, dass sie die biblischen Ereignisse vor dem Hintergrund der Landschaft der Sächsischen Schweiz zeigen. So findet die Kreuzigung Christi unterhalb der Schrammsteine statt – also Elbsandsteingebirge statt Golgatha. Mit ihren Gemälden schufen Schanker und Walter allerdings nicht nur Kuriosa, sondern auch einige der ältesten bekannten Darstellungen der Felsenwelt des Elbsandsteingebirges.