18.04.2024

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Folge 04-22 vom 28. Januar 2022 / Türkei / Recep Tayyip Erdoğans Griff nach Afrika / Wirtschaftlich wie militärisch engagiert sich das asiatische Land zunehmend auf dem Schwarzen Kontinent

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-22 vom 28. Januar 2022

Türkei
Recep Tayyip Erdoğans Griff nach Afrika
Wirtschaftlich wie militärisch engagiert sich das asiatische Land zunehmend auf dem Schwarzen Kontinent
Wolfgang Kaufmann

„Der türkische Fußabdruck in Afrika ist in kürzester Zeit größer geworden als der Fußabdruck der meisten europäischen Länder.“ So kommentiert der frühere Direktor der UN-Wirtschaftskommission für Afrika (UN/ECA) Carlos Lopes den zunehmenden Versuch Ankaras, strategische Partner auf dem Schwarzen Kontinent zu finden mit dem Ziel, seine eigenen wirtschaftlichen Probleme abzumildern und zugleich an weltpolitischem Gewicht zu gewinnen. Bei diesem Versuch inszeniert sich die Türkei als die bessere Alternative zur EU und den USA sowie auch zu anderen Großmächten wie Russland und China. 

Treibende Kraft des Ganzen ist Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan, der seit seinem Amtsantritt im August 2014 bereits 28 afrikanische Staaten besucht und Ende 2021 zum nunmehr dritten Türkei-Afrika-Gipfel nach Istanbul eingeladen hat. Unter Erdoğans Ägide vervielfachte die Türkei die Zahl ihrer Botschaften in Afrika auf 43. Eine davon, die in der somalischen Hauptstadt Mogadischu, ist sogar die größte Auslandsvertretung Ankaras überhaupt.

Nach einer Phase sprunghaften Wachstums hat das Handelsvolumen zwischen der Türkei und dem Schwarzen Kontinent mittlerweile ein Volumen von 25 Milliarden US-Dollar erreicht. Und bis 2025 soll nochmals eine Verdopplung erfolgen. Die Türkei importiert vor allem Rohstoffe und Nahrungsmittel, während sie im Gegenzug unter anderem Baumaterialien und -fahrzeuge, Textilien, medizinische Geräte sowie Hygieneartikel nach Afrika exportiert, wo die türkischen Erzeugnisse durchweg geschätzt werden. Man erhalte mit diesen „europäische Qualität zu asiatischen Preisen“, meinte beispielsweise der Chef der großen ivorischen Immobilienfirma SIG Group, Lilli Firmin Tre.

Am begehrtesten sind türkische Waffen wie die im libyschen Bürgerkrieg getesteten Kampf- und Aufklärungsdrohnen vom Typ Bayraktar TB2. Zwischen Januar und November vergangenen Jahres stieg der Wert der Rüstungsexporte Ankaras nach Äthiopien von 235.000 auf 94,6 Millionen US-Dollar. Ähnlich starke Zuwachsraten gab es bei den Waffenverkäufen nach Angola, Marokko, Tunesien und dem Tschad. 

Gleichzeitig fassten Erdoğans Streitkräfte in Afrika Fuß. Sichtbarster Ausdruck dessen ist die Errichtung der Militärbasis Somali Türk Görev Kuvveti Komutanlığı (Camp TURKSOM) bei Mogadischu, wo seit 2017 somalische Soldaten beziehungsweise Antiterrorkämpfer von türkischen Spezialisten ausgebildet werden.

Neuerdings erweist die Türkei dem bürgerkriegs- und dürregeplagten Somalia allerdings auch vielfältige humanitäre Hilfe. So baut sie in dem Krisenstaat am Horn von Afrika Straßen, Schulen und Krankenhäuser, darunter eines, das Erdoğans Namen trägt. Dafür sicherte sich Ankara im Gegenzug Aufträge aus dem Bergbau- und Energiesektor sowie Nutzungsrechte im Hafen von Mogadischu, einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt auf dem Weg vom Mittelmeer nach Fernost. Ähnliche nicht ganz uneigennützige Geschenke erhielten auch noch weitere afrikanische Staaten. Das Türkische Präsidium für Internationale Kooperation und Koordination (TİKA) eröffnete in diesem Zusammenhang in letzter Zeit 30 Koordinierungszentren auf dem Schwarzen Kontinent.

Ein wichtiger Teil der Charmeoffensive Ankaras ist darüber hinaus der Bau von Moscheen in Ländern mit einem mehr oder minder hohen muslimischen Bevölkerungsanteil wie Niger, Dschibuti, Mali, Ghana und Nigeria. Nicht zuletzt deshalb wurde nach dem letzten Staatsbesuch Erdoğans in Abuja von einer türkisch-nigerianischen „Romanze“ geschwärmt.