25.04.2024

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Folge 04-22 vom 28. Januar 2022 / EU-Projekt / Die Brücke der Zwietracht / Festland Kroatiens mit Halbinsel Pelješac „wiedervereinigt“ – China baut mit EU-Geldern eine Überquerung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-22 vom 28. Januar 2022

EU-Projekt
Die Brücke der Zwietracht
Festland Kroatiens mit Halbinsel Pelješac „wiedervereinigt“ – China baut mit EU-Geldern eine Überquerung
Bodo Bost

Die dalmatinische Küste Kroatiens ist zwar mehrere Tausend Kilometer lang, aber zum Süden hin nur noch wenige Kilometer breit, dazu hat sie bei Neum eine Lücke von drei Kilometern, um der Republik Bosnien und Herzegowina einen Meereszugang zu ermöglichen. 

Um diesen Meereszugang Bosniens herum hat Kroatien jetzt mit Hilfe von EU-Mitteln und einer chinesischen Baufirma eine gigantische Brücke von knapp 2,4 Kilometern Länge und bis zu 55 Metern Höhe gebaut, die neue Pelješac-Brücke, welche die Halbinsel Pelješac mit dem kroatischen Festland verbindet. Die beiden Teile Dalmatiens wurden dank der Brücke und des EU-Geldes nach 300 Jahren „wiedervereinigt“.

Das strategisch vorrangige Projekt hatte ein Volumen von 420 Millionen Euro, wobei die Europäische Union 85 Prozent beisteuerte. Die Straßen zur und von der Brücke sollen zum Beginn der Tourismussaison im Juni eröffnet werden. Bosnien-Herzegowina beklagt sich jetzt, dass die Brücke den Tourismus in Neum, der einzigen bosnischen Stadt an der Küste, beeinträchtigen würde. Allerdings hatte Sarajewo im Vorfeld dem Brückenbau zugestimmt und Zagreb behauptet, alles im Einklang mit dem Völkerrecht getan zu haben, da die Brücke in kroatischen Hoheitsgewässern gebaut wurde. Dennoch gibt es Streit zwischen dem EU-Mitglied Kroatien und dem zukünftigen EU-Mitglied Bosnien und Herzegowina.

Bereits im Jahr 2007, als Kroatien noch nicht zur EU gehörte, war mit dem Bau begonnen worden, aber die nur langsam verlaufenden Arbeiten waren 2010 wegen unzureichender Finanzierung gestoppt worden. Das Projekt wurde damit zunächst auf unabsehbare Zeit aufgeschoben. Erst nach dem EU-Beitritt Kroatiens zum 1. Juli 2013 flossen die Gelder wieder.

Allerdings machte die EU zunächst den Vorschlag, an der Stelle der Brücke eine wesentlich ökologischere Fährverbindung zu errichten. Auch über eine Transitautobahn durch den Neum-Korridor ohne Grenzkontrollen und Einreisemöglichkeit nach Bosnien-Herzegowina war als Alternative verhandelt worden. Aber die Kroaten ließen sich durch nichts vom Weiterbau abbringen, zumal auch Bosnien-Herzegowina 2017 zunächst dem Bauvorhaben zugestimmt hatte. 

Erst später kamen in Bosnien-Herzegowina Bedenken bezüglich der Dimensionen des Bauwerkes. Dabei wurde die Brücke aus dem Grund sehr hoch über das Meer gebaut, dass der einzige bosnisch-herzegowinische Zugang zum Mittelmeer bei Neum möglichst wenig beeinträchtigt wird. 2018 gab Kroatien den Zuschlag zum Bau der Brücke einer chinesischen Firma, nicht nur, weil diese billiger als einheimische Firmen war, sondern sie das Bauwerk auch schneller fertigstellen konnte. Ende Juli 2021 wurde der Rohbau trotz Corona und Lockdown von den Chinesen planmäßig abgeschlossen. 

Mit einer Gesamtlänge von 2374 Metern ist die Pelješac-Brücke die größte Schrägseilbrücke in Kroatien. Bei einem EU-Beitritt Bosnien-Herzegowinas könnte die Brücke relativ bedeutungslos werden, weil dann wegen der neuen EU-Binnengrenze freier Durchgangsverkehr gewährleistet würde.