26.04.2024

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Folge 04-22 vom 28. Januar 2022 / Kommentare / Vorverurteilt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-22 vom 28. Januar 2022

Kommentare
Vorverurteilt
Bodo Bost

Ohne gerichtlich handfesten Beweis oder Geständnis zieht die Mainstream-Presse anhand eines Gutachtens gegen den emeritierten Papst Benedikt XVI. her und verurteilt ihn in Bausch und Bogen. Der 94-Jährige hat die Unwahrheit gesagt, das heißt jedoch nicht, dass er gelogen hat.

Zeitgleich mit der Vorstellung des von der Erzdiözese München in Auftrag gegebenen Gutachtens zum sexuellen Missbrauch im Erzbistum durch die Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) hat in Deutschland eine beispiellose Empörungswelle gegen Benedikt XVI. begonnen. Zur besten Sendezeit wurde ohne Verteidigung in allen öffentlich-rechtlichen Medien und in der gedruckten Presse das Schuldig-Urteil über Benedikt XVI. gesprochen. Beweise konnte das Gutachten nicht liefern. Was an Beweisen fehlte, wurde durch Moralin in Übermaß ersetzt – wofür vorher die Kirche zuständig war. 

Dass ausgerechnet der spätere Papst aus Deutschland, der nur für kaum fünf Jahre in den über 70 Jahren, die das Gutachten untersuchte, Erzbischof in München war, im Vordergrund des Gutachtergerichts stand, erklärt sich wohl mit der Aussicht der Kanzlei, einen emeritierten, aber noch lebenden Papst endlich an den Pranger stellen zu können. Aber das ist ihr aufgrund der jetzt vorliegenden Fakten nicht gelungen. 

Trotzdem folgte die öffentlich in­strumentalisierte Meinung dem Urteil des Münchner Gutachter-Tribunals, als ob eine juristische Gutachterstelle bereits ein Gericht wäre. Vollmundig wurde im Fernsehen behauptet, dass der Emeritus als Erzbischof von München sehr wahrscheinlich von Missbrauchspriestern gewusst habe, die in der Seelsorge eingesetzt wurden. Allein der Ausdruck „sehr wahrscheinlich“ klingt nicht nach Beweis oder gar dem rauchenden Colt, von dem einige Medien sprachen, die den Papst bereits vom Mitwisser zum Mittäter dämonisierten. Wäre die Gutachterstelle ein normales Gericht gewesen, hätte der „Angeklagte“ Benedikt XVI. auf jeden Fall wegen Mangels an Beweisen freigesprochen werden müssen.

Erst nach der Vorverurteilung durch die mediale Öffentlichkeit fangen einige selbsternannte Richter an, das Gutachten von WSW und die Stellungnahme Ratzingers zu lesen. Im Mittelpunkt steht eine Ordinariatssitzung vom 15. Januar 1980, bei der Ratzinger als Erzbischof von München dabei gewesen war. Aus dem Protokoll der Sitzung, das als Hauptbeweis diente, geht nicht hervor, ob über den Fall des Missbrauchstäters H., der von Essen nach München wegen einer Psychotherapie versetzt worden war, überhaupt diskutiert wurde und wenn ja, ob der damalige Erzbischof wusste, wer da genau mit welcher Vorgeschichte in seine Diözese gekommen war.

Es drängt sich der Eindruck auf, als ob der emeritierte Papst als Sündenbock für eine Kirche herhalten muss, die anstatt Opfer die Täter geschützt hat. Allerdings trifft es mit Papst Benedikt den Falschen. Er hat als Papst beim Missbrauch die Wende eingeleitet, er hat den mit viel Geld gedeckten Missbrauch des „Legionäre Christi“-Gründers Marcial Maciel an mehr als 60 Kindern, der zudem ein Freund von Papst Johannes Paul II. war, ans Licht gebracht und ausgemerzt.