19.04.2024

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Folge 04-22 vom 28. Januar 2022 / Medizingeschichte / Zwei Forscher, die in Berlin wirkten / Rudolf Virchow und Hermann von Helmholtz sind nicht nur deutsche Ausnahmeforscher, sie machten die Hauptstadt auch zur „Gesundheitsstadt“

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-22 vom 28. Januar 2022

Medizingeschichte
Zwei Forscher, die in Berlin wirkten
Rudolf Virchow und Hermann von Helmholtz sind nicht nur deutsche Ausnahmeforscher, sie machten die Hauptstadt auch zur „Gesundheitsstadt“
Dirk Klosr

Vor 200 Jahren wurden Rudolf Virchow (1821–1902) und Hermann von Helmholtz (1821–1894) geboren. Für den Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer und den Mediziner Detlev Ganten war das willkommener Anlass, nicht nur diese beiden Ausnahmeforscher zu würdigen, sondern am Ort ihres hauptsächlichen Wirkens die Entwicklung der „Gesundheitsstadt Berlin“ nachzuzeichnen. 

Die Autoren beginnen mit einer Geschichte der Medizin. Sie wird dem Leser im Eiltempo seit der Antike bis zum 19. Jahrhundert dargestellt, dabei mit vielen spannenden Einzelheiten, oft in arg geraffter Form. Im Mittelpunkt des Buches stehen die wissenschaftlichen Lebensläufe der beiden Protagonisten. 

Der große Arzt Virchow war auch Politiker, Mitglied des Preußischen Landtags und später des Reichstags, und dabei ein intimer Feind Bismarcks, der ihn einmal sogar zum Duell aufforderte (was Virchow ablehnte und sich beim Kanzler entschuldigte). Sein Credo „Die Medizin ist eine soziale Wissenschaft, Politik ist weiter nichts als Medizin im Großen“ ist bis heute Allgemeingut.

Helmholtz, den man ehrfurchtsvoll den „Reichskanzler der Physik“ nannte, blieb bei seinem Fach. Unübersehbar sind die Anregungen und Entdeckungen, die der ebenfalls studierte Mediziner beiden Fächern gab und die vielfach bis heute Gültigkeit haben. Sein großes Organisationstalent bewies er, als auf sein Betreiben die Physikalisch-Technische Reichsanstalt (heute Bundesanstalt) gegründet wurde, deren erster Präsident er wurde.

Danach schwenken die Autoren nach einer ebenfalls recht kursorischen Geschichte der Medizin im 20. Jahrhundert um auf die medizinische Forschung in Berlin. Sie zeigen, wie durch Zusammenarbeit der drei Universitäten, der Charité und des mitunter etwas zu euphorisch genannten Max-Dellbrück-Zentrums für Molekulare Medizin (Ganten war dessen Gründungsvorstand) Spitzenleistungen angestrebt und wiederholt auch erreicht wurden, was bis zu Christian Drosten reicht.

Das Buch lässt seine Leser staunen angesichts herausragender Leistungen. Eine stärkere Konzentration nur auf Virchow und Helmholtz wäre sinnvoller gewesen, aber die Autoren wollten wohl Berlin in ein goldenes Licht rücken, was nicht immer überzeugt. Unerklärlich bleibt, wie ein solches Buch ohne ein Personen- und Sachregister ediert werden konnte. 

Ernst Peter Fischer/Detlev Ganten: „Die Idee des Humanen. Rudolf Virchow und Hermann von Helmholtz. Das Erbe der Charité“, Hirzel Verlag, Stuttgart 2021, gebunden, 264 Seiten, 26 Euro