25.04.2024

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Folge 05-22 vom 04. Februar 2022 / EU-Strommarktliberalisierung / Wegbereiter für Ökostrom / Das Ziel war weniger die Entlastung der Verbraucher als die Förderung der Energiewende

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-22 vom 04. Februar 2022

EU-Strommarktliberalisierung
Wegbereiter für Ökostrom
Das Ziel war weniger die Entlastung der Verbraucher als die Förderung der Energiewende

Die Rekordpreise für Energie und die Welle von aufgekündigten Lieferverträgen durch Billiganbieter hat inzwischen die Politik auf den Plan gerufen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck kündigte nun „rechtliche Änderungen“ und mehr Regulierung auf dem Energiemarkt an. Mit Blick auf Billigstromanbieter sprach Habeck von „Spekulation als Geschäftsmodell“, bei der darauf gesetzt werde, durch günstige Kurzfrist-Verträge eine langfristige Sicherung herzustellen. Der Vizekanzler forderte, dies müsse zumindest „transparenter gemacht werden“. 

Auf dem Energiegipfel des „Handelsblatts“ in Berlin kündigte er auch eine Regulierung von Langfrist-Hinterlegungen auf dem Energiemarkt an. Für Energievertriebsfirmen könnte dies bedeuten, dass sie einen bestimmten Teil ihrer Lieferverpflichtungen durch langfristige Beschaffungsverträge absichern müssen. Setzt die Bundesregierung diese Vorgabe durch, könnte dies das bisherige Geschäftsmodell der Billigstromanbieter stark in Frage stellen.

Insgesamt stellen die Ankündigungen von Regierungsmitgliedern, wieder stärker auf Regulierungen auf dem Energiemarkt und längere Lieferverträge setzen zu wollen, politisch eine Rolle rückwärts dar. Vor nicht allzu langer Zeit sind die vielen Billiganbieter auf dem Energiemarkt noch als Frucht der Energiemarktliberalisierung gefeiert worden.

Als Meilenstein gilt in diesem Zusammenhang die EU-Strommarktliberalisierung von 1998. Zum 20. Jubiläum im Jahr 2018 war diese Deregulierung noch als großer Erfolg dargestellt worden. So lobte etwa die Agentur für Erneuerbare Energien, dass „die Auflösung alter, von fossilen Energien geprägten Monopolen, den Weg frei machte für neue, häufig innovative, umweltfreundliche Unternehmen und Produkte“.

Aufschlussreich ist auch die Aussage: „Andererseits hinken Länder, die Chancen der Liberalisierung versäumten, häufig bei der Entwicklung Erneuerbarer Energien hinterher.“ Tatsächlich waren neben dem Einspeisevorrang für Öko-Strom die Erzwingung eines Netzzugangs für neue Stromanbieter und die Etablierung von sogenannten Spotmärkten ganz wesentliche Voraussetzungen, dass die Erneuerbaren Energien überhaupt derart stark auf Kosten der herkömmlichen Formen der Stromerzeugung wachsen konnten. Die wetterabhängige Stromerzeugung in Solaranlagen und Windkraftparks ist wegen der weiterhin fehlenden großtechnischen Speichermöglichkeit noch immer eine Energieversorgung nach dem Zufallsprinzip. Kaschiert wurde dies bislang durch die nun zu Ende gehend Blüte von Billigstromanbietern und die Schaffung von Spotmärkten wie der Leipziger Strombörse zum Verramschen des grünen Zufallsstroms. 

Aus Sicht der deutschen Verbraucher muss die Strommarktliberalisierung als unvollständig angesehen werden. Bis Ende des Jahres 2006 konnten deutsche Stromanbieter mit Hilfe der sogenannten Auslandsschutzklausel ausländischen Anbietern den Zugang zum Netz untersagen. Und nach dem Wegfall dieser Beschränkung ist es für hiesige Endverbraucher mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden, direkt einen Stromvertrag mit einem ausländischen Versorger, abzuschließen.N.H.