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Folge 05-22 vom 04. Februar 2022 / AfD / Heilloses Chaos an der Saar / Zwei Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber – Einzug in den Landtag dennoch ziemlich sicher

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-22 vom 04. Februar 2022

AfD
Heilloses Chaos an der Saar
Zwei Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber – Einzug in den Landtag dennoch ziemlich sicher
Peter Entinger

In den acht Jahren seit ihrer Gründung hat die AfD im Saarland schon für einige Ka-priolen gesorgt. Einmal versuchte der Bundesvorstand den Verband aufzulösen, dann wurde ein Notvorstand eingesetzt. Doch das Schauspiel, welches die 300 Mann starke Truppe derzeit abliefert, hatten selbst hart gesottene Beobachter der politischen Szene nicht für möglich gehalten. 

Knapp zwei Monate vor der Landtagswahl am 27. März steht die Partei ohne Landesliste und mit einer umstrittenen Kreisliste da. Das Wahlrecht im kleinsten Bundesland der Republik ist kompliziert. Die Parteien treten in aller Regel mit einer Landesliste und drei Listen in den Kreisen Saarbrücken, Saarlouis und Neunkirchen an. 41 der 51 Sitze im Landtag werden über die Kreislisten besetzt. Tritt eine Partei ohne Landesliste an, werden ihre Stimmen den Kreisen zugerechnet.

Um das Chaos innerhalb der AfD zu verstehen, muss man zurückblicken. Von 2015 bis 2020 hatte der mittlerweile 84-jährige Fraktionsvorsitzende im Landtag, Josef Dörr, die Partei fest im Griff. Seine Gegner behaupten bis heute, der Ex-Grüne habe Stimmen gekauft und Mitgliederlisten manipuliert. Bewiesen ist das nicht. Dennoch putschte sich der Bundestagsabgeordnete Christian Wirth vor mehr als einem Jahr an die Spitze der Landespartei. Und bei den Aufstellungen der Landes- sowie der Wahlkreisliste in Saarbrücken ging Dörr leer aus. Doch der gewiefte Strippenzieher bediente sich der Mittel seiner Gegner und focht alle Abstimmungen an, in denen er unterlegen war. Und so kippte das Landgericht zunächst die Neuwahl des Landesvorstands – worauf der Bundesvorstand Wirth umgehend zum Notvorsitzenden ernannte – und anschließend auch die Wahlkreisliste in Saarbrücken. Der Bundesvorstand lud zur Neuwahl und nur Fraktionschef Dörr trat an. Dörrs Gegner, die sich in mehrere Lager aufteilen und der Neuversammlung fern blieben, nahmen daraufhin den Spitzenkandidaten und bisherigen Generalsekretär Kai Melling ins Visier. Ohne Absprache mit dem Landesvorsitzenden Wirth tauschten Landes-Vize Christoph Schaufert und der bisherige Saarbrücker Wahlkreis-Primus Rene Selzer die Vertrauenspersonen aus und bestimmten den Völklinger Stadtrat Patrick Ruttar sowie den Saarbrücker Kreischef und Dörr-Sohn Michael, pikanterweise mit seinem Vater verfeindet, zu neuen Vertrauensleuten. Diese zogen – laut Einschätzung von Juristen rechtswirksam – die Landesliste zurück und beließen die Saarbrücker Kreisliste, die laut Landgericht ungültig sei, bei der Wahlleitung. Immerhin in einem Punkt herrscht nun Klarheit. Der Kreiswahlausschuss hat die Saarbrücker „Dörr-Liste“ mittlerweile zugelassen, die „Selzer-Liste“ dagegen nicht. 

Selbst ohne Landesliste wird die AfD, die zuletzt auf sieben bis zehn Prozent in den Umfragen kam, ziemlich sicher in den Landtag einziehen. Doch ob die Parlamentarier dann auch eine Fraktion der AfD bilden können, steht in den Sternen. Unter anderem gegen Neunkircher Wahlkreis-Spitzenkandidaten Schaufert hat der Bundesvorstand mittlerweile ein Ausschlussverfahren eingeleitet, gegen Dörr senior ist seit Jahren eins anhängig. Chaos pur an der Saar.