26.04.2024

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Folge 05-22 vom 04. Februar 2022 / Wirtschaft / Berliner Einzelhandel verzweifelt über 2G-Regeln / Viele Verwaltungsgerichte haben umstrittene Restriktionen gekippt – nicht so die Richter an der Spree

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-22 vom 04. Februar 2022

Wirtschaft
Berliner Einzelhandel verzweifelt über 2G-Regeln
Viele Verwaltungsgerichte haben umstrittene Restriktionen gekippt – nicht so die Richter an der Spree
Frank Bücker

In Stettin sind die Geschäfte gut besucht, viele Kunden sprechen deutsch. Manch ein Berliner oder Brandenburger macht sich auf den Weg in die pommersche Hauptstadt, um dort unbelästigt von Ordnungs- und Gesundheitsämtern „shoppen“ zu gehen. Die Bekleidungskette Ernsting’s Family scheiterte vor dem Berliner Verwaltungsgericht gerade mit ihrem Antrag, die 2G-Regeln aufzuheben. Schon vor Weihnachten versuchte es Galeria Kaufhof mit einem ähnlichen Vorstoß. 

Woolworth hatte eine Zeit lang davon abgesehen, 2G-Kontrollen bei ihren Kunden überhaupt vorzunehmen, knickte dann aber wieder ein. Verwaltungsgerichte in Niedersachsen, Bayern, Baden-Württemberg und dem Saarland haben allerdings die entsprechenden Maßnahmen ihrer Landesregierungen inzwischen für rechtswidrig erklärt. Der Unternehmenschef von Ernsting’s Family, Timm Homann, ist wütend. Er sprach von einer „Bananenrepublik“ und kündigte an, weiter juristisch „gegen diesen Regelungsirrsinn“ vorgehen zu wollen. 

„Ungesetzlich, undemokratisch“

Nach seinem Scheitern in erster Instanz kann er noch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg anrufen. Die Beschlüsse seien „unverhältnismäßig, ungesetzlich, undemokratisch ... Dagegen werden wir klagen, bis zum letzten Euro. Das staatspolitische Versagen muss adressiert werden, zumindest müssen die entstandenen Schäden fair und mit Anstand (und eben nicht verschlagen-schlumpfig ohne jede Integrität) für die ausgeglichen werden, die besondere Opfer bringen.“ Manchen erstaunte das ärztlich-virologische Fachwissen, das die Berliner Richter sich selbst zumessen. In deren Urteil heißt es: Angesichts der „extrem hohen Infektionszahlen“ durch die Omikron-Variante und „insbesondere ungeimpfter Personen“ seien die Pflichten für den Einzelhandel verhältnismäßig. Dabei machte das Gericht auch deutlich, dass Hygienemaßnahmen nicht genauso wirksam seien wie die Kontaktvermeidung mit nicht immunisierten Personen. Stichprobenartige Kontrollen reichten ebenso wenig aus. Den Aufwand für das Personal hält die Kammer für vertretbar. 

Das Wegbleiben der Kunden und die juristischen Begründungen der gegenteiligen Urteile anderer Bundesländer scheinen die Richter in Berlin nicht von ihrer Linie abgebracht zu haben. So heißt es im Urteil des OVG Lüneburg: „Die 2G-Regelung im Einzelhandel in der konkreten Ausgestaltung nach § 9a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 bis 3 der Corona-VO ist derzeit keine notwendige Schutzmaßnahme.“ Im von den 2G-Regeln nicht umfassten Lebensmitteleinzelhandel finde der weit überwiegende Teil täglicher Kundenkontakte statt. 

Auch die Erforderlichkeit sei zweifelhaft. Der Senat habe bereits mehrfach beanstandet, dass verlässliche und nachvollziehbare Feststellungen zur tatsächlichen Infektionsrelevanz des Geschehens im Einzelhandel fehlten. Es sei nicht ersichtlich, dass die Erforschung von Infektionsumfeldern auch durch das Land Niedersachsen intensiviert worden sei, um die Zielgenauigkeit der Schutzmaßnahmen zu erhöhen.