18.04.2024

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Folge 05-22 vom 04. Februar 2022 / Nordrhein-Westfalen / Wie NRW zu seinem dritten Landesteil kam / Vor 75 Jahren verlor das Land Lippe seine Selbstständigkeit – Die Briten ließen ihm die Wahl zwischen seinen beiden Nachbarn

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-22 vom 04. Februar 2022

Nordrhein-Westfalen
Wie NRW zu seinem dritten Landesteil kam
Vor 75 Jahren verlor das Land Lippe seine Selbstständigkeit – Die Briten ließen ihm die Wahl zwischen seinen beiden Nachbarn
Manuel Ruoff

Vor einem Dreivierteljahrhundert endete eine jahrhundertelange Selbstständigkeit Lippes. Die Herrschaft war 1528 zur Reichsgrafschaft und 1789 zum Fürstentum erhoben worden. Das Fürstentum fiel nicht Napoleons Flurbereinigung zum Opfer, sondern wurde als Rheinbundstaat dessen Verbündeter. Das traditionell eng mit dem ebenfalls protestantischen Preußen verbündete Fürstentum überstand sowohl die europäische Neuordnung nach Napoleons Sturz als auch den Deutschen Krieg 1866. Nach der Novemberrevolution 1918 wurde aus dem Fürstentum ein Freistaat.

Nach dem Zweiten Weltkrieg machten die Sieger- und Besatzungsmächte weitgehend Schluss mit der Kleinstaaterei. Nach der Gründung von Nordrhein-Westfalen am 23. August 1946 und Niedersachsen am 1. November 1946 lag Lippe zwischen diesen beiden größeren Ländern und wurde von der britischen Besatzungsmacht vor die Wahl gestellt, sich einem der beiden anzuschließen.

Verständlicherweise machten die Entscheidungsträger auf der Seite Lippes ihre Wahl nicht zuletzt davon abhängig, welches Land Lippe mehr Eigenständigkeit einräumte. Niedersachsens Möglichkeiten waren da beschränkt. Zu dem Land gehörten auch so schon diverse vormalige Kleinstaaten. Bei jedem Lippe eingeräumten Recht bestand für Hannover das Risiko, dass vergleichbare Rechte auch in Oldenburg, Braunschweig oder Schaumburg gefordert wurden.

Das Problem gab es bei Nordrhein-Westfalen nicht. Es war aus den beiden großen Provinzen Nordrhein und Westfalen gebildet worden, und in ihm waren bis dahin keine vormaligen Kleinstaaten aufgegangen. So entfiel für Düsseldorf bei Zugeständnissen gegenüber Lippe das Risiko, für den Zusammenhalt des Landes gefährliche Präzedenzfälle zu schaffen.

Vor diesem Hintergrund fiel in Lippe die Entscheidung für NRW. Am 5. Dezember 1946 einigten sich die Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und des Landes Lippe auf die sogenannten Lippischen Punktationen, „Richtlinien“ für die Behandlung des lippischen Landesteils nach der Eingliederung des Landes Lippe in NRW. Einige Wochen darauf, am 21. Januar 1947, verlor das Land Lippe durch die Verordnung Nr. 77 der britischen Militärregierung „seine Selbstständigkeit als Land“ und wurde „Teil des Landes Nordrhein-Westfalen“. Dieses Ereignis spiegelt bis zum heutigen Tage das Wappen Nordrhein-Westfalens wider, enthält es doch neben einem linksschrägen silbernen Wellenbalken in grünem Feld für Nordrhein und dem springenden silbernen Sachsenross in rotem Feld für Westfalen in einer eingebogenen silbernen Spitze die Lippische Rose.

Das Vermögen des Landes Lippe, zu dem neben den vormaligen Besitzungen der lippischen Fürstenfamilie weitere Einrichtungen wie das Landestheater Detmold, die Lippische Landesbibliothek Detmold sowie die Staatsbäder in Bad Salzuflen und Bad Meinberg gehörten, fiel entsprechend den Lippischen Punktationen nicht an das Land Nordrhein-Westfalen. Für dessen Verwaltung wurde am 12. Oktober 1949 der heute noch existierende Landesverband Lippe (LVL) gegründet. 

Auch ansonsten wurde auf lippische Befindlichkeiten Rücksicht genommen. Das vormalige Territorium des Landes Lippe wurde nicht geteilt, sondern mit dem des Regierungsbezirkes Minden zu einem neuen Regierungsbezirk zusammengelegt. Dessen Regierungspräsident wurde der letzte Regierungschef Lippes, Heinrich Drake. Sitz des Regierungspräsidenten wurde die vormalige Hauptstadt Lippes, Detmold.