19.04.2024

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Folge 06-22 vom 11. Februar 2022 / Frankreich / „Union der Rechten“ statt Spaltung / Marine Le Pen geht bei den Präsidentschaftswahlen die Luft aus – Widersacher Zemmour im Aufwind

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-22 vom 11. Februar 2022

Frankreich
„Union der Rechten“ statt Spaltung
Marine Le Pen geht bei den Präsidentschaftswahlen die Luft aus – Widersacher Zemmour im Aufwind
Bodo Bost

Bislang galt Marine Le Pen als aussichtsreiche Kandidatin ihrer rechtskonservativen Partei Rassemblement National (RN) für die französische Präsidentschaftswahl im April. Aber ihr Wahlkampf wirkt nach zwei Niederlagen bei den vergangenen Wahlen wie erschlafft. Deshalb setzen sich immer mehr Schwergewichte ihrer Partei von ihr ab und schließen sich Eric Zemmour an, der neuen Schwung ins rechte Lager gebracht hat und jetzt eine „Union der Rechten“ fordert. 

Im Vorjahr hatte sogar die Nichte von Le Pen, Marion Maréchal, Zemmour nach Budapest zu einem Treffen der europäischen Rechten begleitet. Mit Maréchal im Hintergrund, die bislang noch keine Präferenz zwischen ihrer Tante und Zemmour geäußert hat, würde sich sogar der Familienclan der Le Pens spalten. Bereits vor zwei Wochen konnte Zemmour den Überläufer Guillaume Peltier, Vizepräsident der gaullistischen Republikaner, begrüßen. Peltier wurde zum Vizepräsidenten von Zemmours Partei Recon­quête, Deutsch: „Rückeroberung“, ernannt und zu dessen Kampagnensprecher befördert. Die republikanische Präsidentschaftskandidatin Valérie Pécresse ließ Peltier umgehend aus der Partei ausschließen. 

Inzwischen haben sich auch der Europaabgeordnete des RN, Jérôme Rivière, und das ehemalige führende Mitglied der rechten Bewegung Génération identitaire, Damien Rieu, die beide Maréchal nahestehen, der „Union der Rechten“ angeschlossen. Beide beschwören mit Zemmour und Peltier die katholische Identität Frankreichs. Rieu war zuletzt parlamentarischer Mitarbeiter von Le Pens Schwager Philippe Olivier, dem Organisator ihrer Wahlkampagne. Deshalb wird Le Pen der Verlust von Rieu besonders schmerzen, da er ihre Wahlkampfstrategie kennt und dieses Wissen gegen sie einsetzen kann. 

Rieu begründete seinen Wechsel damit, dass Le Pen sich weigere, die Theorie der „Umvolkung“ anzuerkennen und damit das Ausmaß der Masseneinwanderung herunterspiele. Der jüdische Algerienfranzose Zemmour wähnt Frankreich, wie der Schriftsteller Houellebecq in seinem Roman „die Unterwerfung“, vor der Herausforderung einer muslimischen Machtübernahme und fordert die Vertreibung oder die Assimilierung der Muslime. 

Einheit oder Niederlage

Ein zweiter EU-Abgeordneter der RN, Gilbert Collard, trat kürzlich in Cannes werbewirksam zu Zemmour über mit dem Kommentar: „Der Wagemut, die Tapferkeit, die Vitalität ist heute auf der Seite Zemmours.“ Dann prophezeite er: „Der Tag wird kommen, da wird Marine Le Pen sich Eric Zemmour anschließen.“ Vor ihm hatte bereits Philippe de Villiers, eine der bekanntesten Gestalten der französischen Rechten, Zemmour als unerschrockenen Vorkämpfer für einen Zusammenschluss der „Patrioten“ gelobt. Derzeit liegt die Kandidatin des RN in Meinungsumfragen immer noch knapp vor Zemmour, beide führen jedoch mittlerweile ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Pécresse. Sie alle liegen in Umfragen zwischen 

13 und 18 Prozent der Stimmen und damit weit hinter Amtsinhaber Emmanuel Macron, der auf 25 Prozent kommt. 

Über Le Pen gab es in letzter Zeit viel Unmut in ihrer Partei. Zum einen deshalb, weil sie Verwandte zu hohen Posten verholfen hatte, und zum anderen, weil sie den Frauenanteil in der Führungsspitze erhöhen will. Der Unmut darüber äußert sich jetzt in Parteiwechseln. Zudem ist die Partei hochverschuldet, im Gegensatz zu Zemmour, hinter dem finanzstarke Gönner stehen wie der Milliardär Vincent Bolloré. Um sicher in die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen zu kommen, das wissen Zemmour und Le Pen, bedarf es der Einheit rechter Protestparteien, sonst könnte die Gaullistin Pécresse die lachende Dritte werden und gegen Macron in die Endrunde einziehen.