29.03.2024

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Folge 06-22 vom 11. Februar 2022 / BdV-Bensheim / Ein Hoch auf das Reisen und Nicht-Vergessen / Die Hessische Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler nahm privat an einer Studien- und Erlebnisreise teil

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-22 vom 11. Februar 2022

BdV-Bensheim
Ein Hoch auf das Reisen und Nicht-Vergessen
Die Hessische Landesbeauftragte für Heimatvertriebene und Spätaussiedler nahm privat an einer Studien- und Erlebnisreise teil
Brigitte Sattler

Die BdV-Vorsitzende Ortsverband Bensheim, Brigitte Sattler, hat mit 27 Personen eine interessante Studien- und Erlebnisreise nach Warschau, Masuren, Ostpreußen und Danzig unternommen. Am 8. Oktober 2021 flog die Gruppe nach Warschau. Nach einer Stadtrundfahrt und einem Spaziergang durch die Altstadt ging die Fahrt mit dem Bus weiter nach Nikolaiken, einem wunderschönen Ort an der masurischen Seenplatte. Hier schiffte die Gruppe auf der „Classic Lady“, einem kleinen Schiff mit sehr freundlicher, polnischer aber deutschsprachiger Crew, für vier Tage und Nächte ein. Bei herrlichem Sonnenschein, herbstlich bunten Alleen und Wäldern konnte die Gruppe Masuren mit interessanten Ausflugszielen genießen. Das russisch-orthodoxe Philipponenkloster in Eckertsdorf [Wojnowo] stand zuerst auf dem Programm. Das Kloster wurde 1847 von den in Russland verfolgten „Altgläubigen“ gegründet. Diese Glaubensgemeinschaft fand im damaligen toleranten Preußen unter Friedrich Wilhelm IV. eine neue Heimat, ebenso wie die ihres Glaubens wegen verfolgten Hugenotten, Salzburger, Holländer und anderen. Auf dem romantischen Flüsschen Kruttinna wurde eine Stocherkahnfahrt unternommen. Die Gruppe bummelte durch Nikolaiken und Loetzen, besuchte die Festung Boyen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, die auf einer Fläche von 100 Hektar zwischen Löwentin- und Mauersee errichtet wurde. Die barocke Wallfahrtskirche in Heiligenlinde beeindruckte mit ihrer prachtvollen Innenausstattung und einem Orgelkonzert mit beweglichen Figuren. In der Wolfsschanze, dem berühmt berüchtigten Führerhauptquartier, erinnert ein Gedenkstein an die Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944, an den Grafen von Stauffenberg und das leider misslungene Attentat auf Hitler.

Sattler, die schon unzählige Reisen durch Ostpreußen, das Baltikum und Russland organisiert, gelenkt und geleitet hat, freute sich besonders über die Begleitung der Landesbeauftragten der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Margarete Ziegler-Raschdorf, die privat an der Reise teilnahm. Sattler konnte ihr und der ganzen Gruppe nicht nur die Heimat Ostpreußen zeigen, sondern auch zwei besondere geschichtsträchtige Orte.

In Zondem [Sadry], einem kleinen Dorf bei Sensburg, hat die deutsche Familie Dickti über drei Generationen, auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten, ein kleines Paradies geschaffen. Das kleine Bauernhaus, die Scheune und ein ausgebauter Stall wurden ein Museum, eine einzigartige Heimatstube mit wunderschönen Ausstellungsstücken, die von deutscher Tradition und früheren Zeiten erzählen. Ein neues Haus, das Pension Christel, bietet heute 28 Doppel- und Einzelzimmer für Gäste. Eine große Wiese mit Grillhütte und der wunderschöne Garten bieten viele Erholungsmöglichkeiten. In häuslich angenehmer Atmosphäre bewirtet Familie Dickti ihre Gäste mit ostpreußischen Köstlichkeiten. Die sehr gepflegte, imposante Ferienanlage wird von Sohn Waldemar und seiner Frau weitergeführt. Die Gruppe war sehr beeindruckt von der Lebensleistung der deutschen Familie Dickti.

Der zweite Höhepunkt war der Besuch in Langgut [Leguty], gelegen zwischen Allenstein und Osterode. In Potleiken [Potleiky] fährt man durch eine herrliche Allee zu dem ehemaligen sehr großen Gut Grassnitz, einst im Besitz der Familie von Stein und Kaminski. Nach dem Krieg wirkte Graf von Lehndorff als Arzt und Pfarrer zwei Jahre in Langgut und half seiner Tante bis zu seiner Ausweisung. In Langgut wird die kleine evangelische Kirche, die heute unter Denkmalschutz steht, und der Friedhof von Margarete Wisniewska und ihrer Familie, seit über 40 Jahren gehegt und gepflegt. Auf unermüdliches Betreiben von der bereits 90-jährigen Wisniewska konnten die sterblichen Überreste von Deutschen, die im Krieg in Langgut erschossen und auf den Feldern verscharrt wurden, auf dem Friedhof in vier Gräbern beigesetzt werden. Ein würdiger großer Gedenkstein aus Granit in deutscher und polnischer Sprache erinnert an das Kriegsgeschehen. In der Kirche erzählte die Zeitzeugin Wisniewska sehr bewegt über die schlimmen Erlebnisse im Krieg. Sie berichtete aber auch über die Schwierigkeiten einen für die deutsche Geschichte so wichtigen Ort zu pflegen und zu erhalten. Die Begegnung mit den Menschen in Langgut werden der Reisegruppe in guter Erinnerung bleiben, sie übergab Wisniewska eine Spende zum Erhalt der Kirche. Nach einer Führung durch Allenstein und durch die imposante und größte Burganlage des deutschen Ritterordens, der Marienburg, ging die Reise weiter nach Danzig. Die Gruppe erkundete die wunderschöne Hansestadt mit einer interessanten Führung. Ein Orgelkonzert im Zisterzienserkloster in Oliva [Oliwa], dem heutigen Bischofssitz von Danzig, rundete das Programm ab. Im Seebad Zoppot (Sopot) mit seinem prachtvollen Grandhotel, konnten die Reiseteilnehmer bei einem Spaziergang auf dem 500 Meter langen Seesteg die Ostsee genießen. Zurück in Danzig gab es zum Ausklang dieser beeindruckenden Reise ein stilvolles Abendessen in einem traditionsreichen Altstadtrestaurant. 

Diese Reisebeschreibung möge bei vielen Lesern das Interesse wecken, Ostpreußen weiterhin zu bereisen und die verbliebenen Deutschen in Langgut und Zondern zu besuchen.