25.04.2024

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Folge 06-22 vom 11. Februar 2022 / Spurensuche / Wir sollten nicht wissen, dass es sie gab / Eine Aufarbeitung der Geschichte im Pommerschen Landesmuseum

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-22 vom 11. Februar 2022

Spurensuche
Wir sollten nicht wissen, dass es sie gab
Eine Aufarbeitung der Geschichte im Pommerschen Landesmuseum

Am 12./13. Februar 1940 wurden 1120 Juden aus dem Regierungsbezirk Stettin verhaftet und in das vom Dritten Reich besetzte Generalgouvernement deportiert. Im Pommerschen Landesmuseum gehen die beiden Stettiner Künstlerinnen Natalia Szostak und Weronika Fibich den Spuren einiger von ihnen nach. 

Auf diese Weise finden die Künstlerinnen einen persönlichen Zugang zu dieser ersten Deportation deutscher Juden aus dem sogenannten Altreich in ein besetztes Gebiet. Die Historikerin Hannah Arendt sah darin ein „Experiment“ im Hinblick auf den Ablauf weiterer Deportationen, die das nationalsozialistische Regime in den Folgejahren in nahezu ganz Europa durchführte. 

Die künstlerische Intervention geht diesem Denkansatz nach und basiert auf Archivmaterialien und Forschungsergebnissen. Das Fundament bildet dabei die Aufnahme vorgefundener Zeichen, aus denen sich das damalige Geschehen ablesen lässt. Neben dem Sammeln von Artefakten und der Schaffung eines multimedialen Registers steht der Versuch einer individuellen Form der Erinnerungspraxis (durch Abschreiben, Verlesen, Folgen einer Route) im Fokus.

Am 12. Februar 2021, 81 Jahre nach der Deportation, machten sich die beiden Künstlerinnen auf die Reise. Natalia Szostak fasst ihre Eindrücke in diese Worte: „Begleitet hat uns auf dem Weg gen Südosten der Nachhall der in einem Brief der Deportierten gelesenen Worte: Sie und unsere alten Freunde sind nicht mehr am alten Ort.“ 

In Stettin und Głusk habe sich seit 1940 vieles verändert: „Unter ihrer alten Adresse gibt es kein Mietshaus mehr. Es bleibt auch keine Leere. Der freigewordene Raum füllt sich schnell wieder. Er trügt mit beliebigem Inhalt. Ein Name anstelle eines Namens, ein Gesicht anstelle eines Gesichts. Tarnung. Wir sollten nicht wissen, dass Käte und Martin getötet wurden. Wir sollten nicht wissen, dass es sie gab.“ Die Ausstellung läuft in Kooperation mit der Kulturreferentin für Pommern und Ostbrandenburg, dem Teatr Kana und der Akademia Sztuki w Szczecinie im Rahmen des Festjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“.

Eröffnung am 12. Februar

Bei der Eröffnung am 12. Februar geben die beiden Künstlerinnen Szostak und Fibich geben beim Gang durch die Ausstellung von 11 bis 12 Uhr Einblicke in ihre künstlerische Intervention und ihre Erfahrungen von der Reise auf den Spuren der Deportierten. Die Veranstaltung wird gedolmetscht. Die Personenzahl ist begrenzt.

Am Donnerstag, den 21. April, moderiert Magdalena Gebala ab 18 Uhr eine Podiumsdiskussion mit Szostak, Fibich und Eryk Krasucki, die eine Kooperation mit dem Deutschen Kulturforum östliches Europa und der Kulturreferentin für Pommern und Ostbrandenburg ist.

Pommersches Landesmuseum, Rakower Straße 9, 17489 Greifswald, geöffnet von Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr und ab November bis April von 10 bis 17 Uhr. Bitte informieren Sie sich vor dem Besuch über die jeweils geltenden Regeln. Aktuell gilt 2G+: Zutritt nur für Geimpfte oder Genesene mit zusätzlichem negativem Schnelltest. Personen mit Boosterimpfung sind von der Testpflicht befreit.  Internet: www.pommersches-landesmuseum.de