19.04.2024

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Folge 06-22 vom 11. Februar 2022 / Kinderfreude / Fastnacht in Pommern / Die Hüppel wurden eifrig bestückt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-22 vom 11. Februar 2022

Kinderfreude
Fastnacht in Pommern
Die Hüppel wurden eifrig bestückt

Dass diesem Dienstag, der zunächst den gleichen Lauf aller Februartage nahm, eine besondere Bedeutung zukam, wurde bald offenbar. Überall in der Stadt lag der warme Duft frischen Kuchens über den Bäckereien, deren Schaufenster und Läden angefüllt waren mit leckeren Pfannkuchen und den eben nur um diese Zeit auftauchenden Brezeln, den Fastnachtsbrezeln. Die Schulkinder, die um 12 Uhr dem geöffneten Schultor enteilten, hatten es heute besonders eilig, aus ihren Augen lachte der helle Glanz der Vorfreude, und hurtig verschwanden sie in ihren elterlichen Wohnungen.

Aber es währte nicht lange, da belebten sie von neuem die Straßen, die sonst um diese Zeit leer und still zu sein pflegten. Einzeln, zu zweien oder auch in kleinen Gruppen begannen sie, verkleidet und mit Larven versehen, ihre Wanderung von Haus zu Haus, von Tür zu Tür und sagten den Erwachsenen die Sprüchlein her, die diesen aus ihrer Jugendzeit noch meistens selbst im Gedächtnis hafteten. Da plapperte der Kindermund dann: „Fastlohmt, Fastlohmt uppe witte Schimmel, we mi wat gifft, de kümmt in’n Himmel; we mi nischt gifft, de kümmt in’t Höll, da gifft’t wat mit de Düwelskell!“

Oder: „Hüppel di Püppel, die Wurst hat zwei Zippel, der Speck hat vier Ecken, der soll uns gut schmecken!“

Und die Angesprochenen wussten auch ohne die Hinweise der Heischesprüche, was Brauch war, und steckten auf die ihnen entgegengestreckten Hüppel, die entrindeten Zweiggabeln, eine Fastnachtsbrezel oder drückten in die Kinderhand ein Ei oder ein paar Pfennige. Mit dem Erfolg wuchs die Freude der Kinder, aber auch der Trubel und das Lärmen auf den Straßen. 

Hier umringte eine Schar eine besonders schöne Maske und versuchte gewaltsam, den Träger zu entlarven, dort bemühte sich ein Trupp, dem anderen den Rang abzulaufen, und stob polternd und lärmend davon. Unaufhörlich ertönten die Ladenklingeln der Bäcker, Fleischer und Kaufleute, und die Hüppel der Kinder füllten sich mit Speckstückchen, Wurstzipfeln, Pfannkuchen und Fastnachtsbrezeln. Ja, das war ein Nachmittag voller schönster Kinderfreuden, nur schade, dass er so schnell verflog, dass die Dämmerung die Stadt so bald einhüllte; der munteren Gesellschaft wegen hätte der Spaß ruhig noch ein Weilchen andauern können.

Gefunden in einer alten Veröffentlichung von Alfred Lucht * 1898 in Stralsund, † 1961, Heimatschriftsteller und Lehrer

Im westlichen Teil Pommerns aß man am Fastlabend Heißwecken, „Heitwecken in Melk“, die wurden von den Hausfrauen gebacken. Hier sammelten die Kinder ihre Gaben in einer Kiepe ein.B.S.