19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 06-22 vom 11. Februar 2022 / Euthanasie / Opfer der Vernichtung / Ulrich Raschkowski zeichnet den Weg seines Onkels Kurt Georg Vogt nach, der als Epileptiker während der NS-Diktatur weggesperrt und getötet wurde

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-22 vom 11. Februar 2022

Euthanasie
Opfer der Vernichtung
Ulrich Raschkowski zeichnet den Weg seines Onkels Kurt Georg Vogt nach, der als Epileptiker während der NS-Diktatur weggesperrt und getötet wurde
Dagmar Jestrzemski

Unter der Bezeichnung „Aktion T4“ wurden von 1939 bis 1941 die weitgehend geheim gehaltenen „Euthanasie“-Morde des nationalsozialistischen Regimes an Erwachsenen in sechs Tötungsanstalten vollzogen. Etwa 13.720 behinderte und psychisch kranke Menschen starben qualvoll aufgrund des Postulats „unwerten Lebens“ der NS-Rassenideologie. 

Eines der Opfer war der am 21. September 1912 in Königsberg geborene Kurt Georg Vogt. Sein Leben wurde am 4. August 1941 in der Gaskammer der zur Vernichtungsanstalt umfunktionierten Heil- und Pflegeanstalt Pirna-Sonnenstein ausgelöscht. An das Schicksal seines Onkels erinnert Ulrich Raschkowski aus Wolfsburg mit dem ergreifenden Werk „Kurt Georg Vogt 1921-1941. Opfer der ‚Euthanasie‘“. Mit Unterstützung von Gedenkstätten und Archiven sowie anhand von Literatur konnte der Autor den Lebenslauf von Vogt rekonstruieren, ein Licht auf die Vorgänge in der Krankenanstalt werfen, in der dieser als „Fallsüchtiger“ (Epileptiker) den größten Teil seines Lebens verbracht hat, und auf die Umstände seines Todes. Der kleine Band ist mit Fotos, Dokumentenabbildungen und Kartenausschnitten ausgestattet. 

1924 lieferten die Eltern ihren damals elfjährigen Sohn in die Carlshöfer Anstalten bei Rastenburg ein. In der diakonischen Einrichtung wurden vorwiegend Epileptiker betreut, ab 1937 auf Anordnung des Gauleiters Koch auch Menschen mit psychischen und geistigen Beeinträchtigungen. Nachdem die Carlshöfer Anstalten im März 1939 in das Eigentum der Provinz Ostpreußen übergegangen waren, erfolgte in Vorbereitung der „Euthanasie“-Aktion zunächst die Verteilung der Patienten an andere Orte. Vogt wurde nach mehreren Zwischenaufenthalten am 4. August 1940 nach Pirna-Sonnenstein transportiert. 

Raschkowski vermutet, dass er dort noch am selben Tag mit Gas ermordet wurde. Von der „Trostbriefabteilung“ erhielten die Hinterbliebenen ein Schreiben mit Angabe einer fingierten Todesursache und eine angeblich in Hadamar, der Tötungsanstalt in Hessen, ausgestellte Todesurkunde. Etliche Fragen bleiben offen. 

Von der Erschütterung vieler kirchlicher Mitwisser des grauenhaften Geschehens zeugt die flammende Euthanasiepredigt des Münsteraner Bischofs Clemens August Graf von Galen vom 3. August 1941, die am Schluss der Darstellung zu lesen ist und als Fanal bis heute nachwirkt.

Ulrich Raschkowski: „Kurt Georg Vogt 1921-1941. Opfer der „Euthanasie“, Verlag Ph.C.W. Schmidt, Neustadt an der Aisch 2021, gebunden, 96 Seiten, 14 Euro