26.04.2024

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Folge 06-22 vom 11. Februar 2022 / Der Wochenrückblick / Es ist soweit / Wie Söder den Anfang vom Ende markiert, und wie die Union vor sich selbst davonschleicht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-22 vom 11. Februar 2022

Der Wochenrückblick
Es ist soweit
Wie Söder den Anfang vom Ende markiert, und wie die Union vor sich selbst davonschleicht
Hans Heckel

Wir haben es geahnt, vor Monaten schon: Um herauszubekommen, wann „es“ vorbei ist, müssen wir nur den Söder-Markus im Auge behalten. Sobald der die Seiten wechselt, ist es soweit. Genau das hat er nun getan mit seiner Ankündigung, die Impfpflicht für Pflegekräfte in Bayern nicht umzusetzen. Die übrigen unionsgeführten Länder sind dem Bayern im Vertrauen auf dessen demographischen Spürsinn bereits gefolgt. Es ist soweit: Das ist der Anfang vom Ende der Pandemie-Maßnahmen. 

Dies heißt aber nicht, dass es jetzt langweilig wird, ganz im Gegenteil. Nichts fürchtet die politische Elite Deutschlands mehr als einen „Tag der Freiheit“, an dem nahezu alle Einschränkungen und Schikanen auf einmal abgeschafft werden. Daher verlegt man sich auf Tippelschritte, die alles nur noch wirrer machen, weshalb wir den Verantwortlichen in den kommenden Wochen dabei zusehen dürfen, wie sie sich immer tiefer in ihrem immer absurder anmutenden Vorschriftenknäuel verheddern. 

Karl Lauterbach ahnt das Verhängnis und greift zu einem Gegenmittel, das leider alles nur noch grotesker macht: fanatische Sturheit. „Die ergriffenen Maßnahmen funktionieren“, behauptete der Minister tapfer in seiner Pressekonferenz vergangenen Dienstag. Genau das aber tun sie nicht, Beispiel 2G und 2G-plus: Da auch doppelt und dreifach Geimpfte andere Leute anstecken können, war das ja nicht aus Gründen des Infektionsschutzes eingeführt worden, sondern als absichtliche Zumutung für Ungeimpfte, damit die sich doch noch impfen lassen. Machen die aber nicht, wie der minimale Zuwachs an Neugeimpften seit Wochen belegt. 

Wenn Lauterbach das unter „Funktionieren“ versteht, darf man annehmen, dass er auch seine künftigen Maßnahmen unter strikter Ausblendung der Wirklichkeit einfädeln wird. Und genau das hat er auch vor:  Die Gesundheitsämter schreien regelrecht Alarm wegen der Impfpflicht für Pfleger. In Köln rechnet das Amt mit 15.000 ungeimpften Beschäftigten, in Dresden mit 14.000, die ab dem 16. März eigentlich nicht mehr arbeiten dürften. 

Die Zahlen hat der „Focus“ auf Nachfrage erfahren. Eine Nachfrage, die der zuständige Minister offenbar für völlig überflüssig hält, sonst hätten ja auch seine Leute da mal anrufen können. Haben sie aber nicht, weil der Chef des Hauses seine Erkenntnisse über den Stand der Dinge lieber aus „Anekdoten“ zusammenschustert, wie wir hier schon neulich erwähnt haben. Und der Wind hat ihm das Lied erzählt, dass da nur eine ganz kleine Schar von extremen Impfgegnern wegbleiben werde. Damit hat sich für Lauterbach jede weitere Untersuchung erübrigt, denn was wissen Gesundheitsämter schon vom Gesundheitswesen?

Und wenn wirklich so viele Pfleger davonlaufen, wie zu befürchten steht? Dann hat man immerhin jene „Überlastung des Gesundheitsbereichs“ erlangt, vor der die Politik zwar seit zwei Jahren stetig warnt, die sich durch Corona allein aber einfach nicht einstellen wollte. Kommt sie nun doch noch, könnte man damit weitere Maßnahmen rechtfertigen.

Dafür, dagegen – vielleicht

Denn, wie gesagt, das Schlimmste wäre für Lauterbach und Co. ein Ende aller Maßnahmen. Ein regierungsfreundlicher TV-Reporter in Berlin warnte vor ein paar Tagen eindringlich davor, „panisch zu öffnen“. Was man nicht alles faselt, wenn einem die Argumente ausgehen.

Das Fernziel der Lockdowner lautet „Long Lockdown“. Wenn alles vorbei ist und die ganze Welt außerhalb Deutschlands den Kram vollends hinter sich gelassen hat, wird Dr. Lauterbach vors Mikrofon treten und verkünden, dass man in der Bundesrepublik an vielen Maßnahmen trotzdem „vorerst“ festhalten müsse. Begründung: Man könne ja nicht ausschließen, dass irgendwann irgendwo irgendwer irgendwen irgendwie mit irgendwas infiziert, weshalb „weiterhin äußerste Vorsicht geboten“ sei, da wir auf keinen Fall riskieren dürften, dass unser Gesundheitssystem ... 

Die Union entdeckt derweil die Wonnen der Oppositionsrolle. Hat ein bisschen gedauert. Aber nun haben die Schwarzen endlich gemerkt, dass man – im Unterschied zu den 16 Merkel-Jahren – durchaus mal wieder „dagegen“ sein darf, ohne sogleich als rechtsradikal an die Wand genagelt zu werden. Das probieren sie jetzt bei der allgemeinen Impfpflicht aus, Söders Coup war da nur der Vorgeschmack.

Allerdings stellt sich der Union hier ein unangenehmes Problem: Im September war sie noch strickt gegen eine allgemeine Impfpflicht, ab November trat sie dann ebenso energisch für die Pflicht ein. Jetzt plötzlich mit gleicher Emphase wieder gegen das Gesetz auf den Plan zu treten, könnte den Verdacht eines übertrieben sportlichen Opportunismus wecken.

Also wie rauskommen aus der Nummer? Mit einem Wischiwaschi-Vorschlag, der weder „Impfpflicht“ sagt noch Impfpflicht ausschließt: dafür, dagegen – vielleicht. Das Werk nennt sich „Impf-Vorsorge-Gesetz“. Damit soll jetzt beschlossen werden, dass im Oktober eine Impfkampagne gestartet werden kann, wenn eine weitere Virus-Variante aufgetaucht ist und ein darauf zugeschnittener Impfstoff entwickelt wurde und in ausreichender Menge bereitgestellt werden kann. Der soll dann in kurzer Zeit an eine noch festzulegende Zielgruppe – etwa Alte oder besonders Kranke – verimpft werden. 

Warum benötigt man dazu ein Gesetz, noch dazu auf Vorrat? Weil die Union ein Gesetz vorschlagen muss, um dahinter zu verstecken, dass sie gar kein Gesetz mehr will.

Zu Letzterem hat sie einigen Grund, denn das Bild über die Stimmung im Volk ändert sich gerade kräftig. Praktisch die gesamte Corona-Zeit hindurch haben Medien den Deutschen vermittelt, dass „Querdenker“ und „Spaziergänger“ nur eine kleine radikale Minderheit repräsentierten, während die breite Mehrheit stramm hinter der Pandemie-Politik der Regierung stehe.

So ganz glauben mochten wir das ja von Anfang an nicht. Nun tröpfelt durch, dass es schon 2020 Untersuchungen gab, die eine sehr viel breitere Sympathie für die Demonstranten ermittelt haben als damals dargestellt. Jeder achte kann sich danach sogar vorstellen, selbst bei den „Spaziergängern“ mitzugehen. Dazu kommen weitere bis zu 40 Prozent, die Verständnis äußern für die „Spazierer“. Kleine radikale Minderheit? 

Laut dem Institut INSA glaubt sogar schon fast jeder vierte Deutsche, dass er (wieder) in einer Diktatur lebe. Das ist tatsächlich noch eine Minderheit – aber „klein“ ist die auch nicht mehr. Die Tragik des Karl Lauterbach könnte darin bestehen, dass er den regierungsfreundlichen Medien die Behauptung geglaubt hat, dass da nur unbedeutende Randgruppen aufbegehrten. Historisch gesehen ging es meistens schlecht aus für einen Politiker, der seinen eigenen Propagandisten auf den Leim gegangen ist.