28.03.2024

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Folge 07-22 vom 18. Februar 2022 / Machtpolitik / Sanktionen – aber nur zum Schaden der Partner / Während Nord Stream 2 dämonisiert wird, importieren die USA russisches Erdöl in Massen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-22 vom 18. Februar 2022

Machtpolitik
Sanktionen – aber nur zum Schaden der Partner
Während Nord Stream 2 dämonisiert wird, importieren die USA russisches Erdöl in Massen
Norman Hanert

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat bei ihrem zweiten Kiew-Besuch die Bereitschaft erklärt, dass die Bundesrepublik im Falle neuer Sanktionen gegen Russland die Konsequenzen tragen werde. Deutschland, so die Grünen-Politikerin, sei das mit Russland wirtschaftlich am engsten verbundene Land des Westens. Anlässlich eines Treffens mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba sagte Baerbock in der ersten Februarwoche in Kiew: „Wir sind auch selbst bereit, einen hohen wirtschaftlichen Preis zu zahlen.“ 

Auch beim Antrittsbesuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Washington waren neue Russland-Sanktionen ein Hauptthema. Beobachtern fiel dabei allerdings auf, dass Scholz es sorgsam vermied, die Erdgasleitung Nord Stream 2 beim Namen zu nennen. 

Im Kontrast dazu kündigte Gastgeber Joe Biden bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Bundeskanzler an, im Falle einer russischen Invasion in der Ukraine „wird es kein Nord Stream 2 mehr geben“. Unbeantwortet ließ der US-Präsident allerdings die Frage eines Journalisten, ob die USA im Konfliktfall planen, die Einfuhr russischen Öls in die USA zu stoppen.

Dabei geht es keineswegs um eine rhetorische Frage. Ungeachtet der Kritik, die aus den Vereinigten Staaten an der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 in den vergangenen Jahren kam, ist die Bedeutung Russlands als Energielieferant der USA gewachsen. Ungeachtet der Krim- und Ukraine-Krise konnte Russland seinen Marktanteil bei den Ölimporten der USA seit 2014 fast verdoppeln. Im Jahr 2020 hat Russland fast 27 Millionen Tonnen Rohöl und Ölprodukte in die USA exportiert. Als Lieferant der USA konnte Russland damit Saudi-Arabien abhängen und vergangenes Jahr zum zweitgrößten Öllieferanten der USA nach Kanada aufsteigen. Gefragt sind insbesondere halbraffinierte Öle wie das russische Masut-100, das amerikanische Raffinerien als Ersatz für schlammiges Rohöl aus Venezuela dient. Aufgrund von Sanktionen sind die Öllieferungen aus Venezuela in die USA seit einigen Jahren versiegt.

In den USA hat der Verband „National Foreign Trade Council“ Biden bereits gemahnt, es mit den Sanktionen gegen Russland nicht zu überziehen. Aus Sicht von Jake Colvin, dem Präsidenten des Verbandes, sollte es im Fall von Sanktionen nicht nur Ausnahmeregelungen, etwa für Medikamente, geben. Der Verband, der Interessen von Unternehmen wie General Electric und Chevron vertritt, die im Russland-Geschäft aktiv sind, will auch Übergangsfristen, die es gestatten, bestehende Verträge und Verpflichtungen zu erfüllen. Die Biden-Regierung und der Kongress müssten „die Details richtig ausarbeiten, falls sie die angedrohten Sanktionen durchsetzen müssen“, so Colvin. Aus Furcht vor der Beschlagnahme von Vermögenswerten bei der Nichterfüllung von Verträgen haben sich schon Energieunternehmen direkt an US-Abgeordnete gewandt. Auch dabei ging es um eine „Abkühlungs-“ oder „Abwicklungsphase“ für den Fall neuer Russland-Sanktionen. Ein Sprecher des American Petroleum Institutes forderte, „die Sanktionen sollten so gezielt wie möglich sein, um den potentiellen Schaden für die Wettbewerbsfähigkeit der US-Unternehmen zu begrenzen“.