25.04.2024

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Folge 07-22 vom 18. Februar 2022 / TV-Kritk / Krumme Geschäfte im „Ostzoo“ / Betrug und Untreue kurz nach 1989 – Die ARD-Krimiserie „ZERV“ über Vereinigungskriminalität

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-22 vom 18. Februar 2022

TV-Kritk
Krumme Geschäfte im „Ostzoo“
Betrug und Untreue kurz nach 1989 – Die ARD-Krimiserie „ZERV“ über Vereinigungskriminalität
Anne Martin

Sperriger geht es kaum, aber so hieß sie tatsächlich, die größte Sonderkommission der deutschen Kriminalpolizei nach der deutschen Vereinigung: „Zentrale Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität“, kurz „ZERV“, eingesetzt noch von Helmut Kohl. 

Von 1991 bis zu ihrer Auflösung im Jahre 2000 arbeiteten West- und Ost-Ermittler gemeinsam, um krumme Geschäfte wie Waffenhandel und Korruption im Zuge der deutschen Vereinigung aufzuarbeiten. In sechs Doppelfolgen („ZERV – Zeit der Abrechnung“, 22., 23., und 24. Fe­bruar) leuchtet Das Erste jetzt hinter die Kulissen der Behörde. 

Wie unter dem Brennglas werden dabei auch die Mentalitätsunterschiede zwischen Ost und West freigelegt: „Kaputte Telefone, kaputte Toiletten, kein Material“, beschwert sich West-Kommissar Peter Simon (Fabian Hinrichs) bei Dienstantritt. Seine Ost-Kollegin Karo Schubert (Nadja Uhl) hält dagegen: „So latscht ihr fröhlich pfeifend durch den Ostzoo und guckt, wie ihr uns verwursten könnt.“ 

Wie die berlinernde Uhl mit zerzauster Minipli und wuchtiger Lederjacke den schlaumeiernden West-Ermittler auflaufen lässt, ist eine Freude zu sehen. „Der Fuchs ist schlau und stellt sich dumm, beim Wessi ist es andersrum“, grinst sie – vertrauensvolle Zusammenarbeit geht anders. Aber wie zu erwarten, kommen sich „Besserwessi“ und „Jammerossi“ Fall für Fall näher. Was sie herausfinden, lässt keines der beiden Deutschland gut dastehen. Westdeutschland war an Waffenverkäufen im großen Stil beteiligt, in Mitteldeutschland decken die Ermittler die Verbrechen in den Jugendwerkhöfen auf, in denen vermeintlich schwer erziehbare Jugendliche misshandelt wurden. Außerdem setzen sie sich auf die Spur eines im Babyalter von der Stasi entführten Kindes, dessen Vater nicht linientreu war. 

Was die Ermittler aus staubigen Akten klauben, ist ungeheuerlich und reicht tief in die Familien hinein. So taucht der angeblich tödlich verunglückte Vater von Kommissarin Schubert unter falschem Namen im Westen wieder auf – die Wirren nach 1989 machten es möglich. 

Der Rückblick auf die Kinderjahre der frisch vereinigten Republik fällt mal spannend, mal tragikomisch aus. Was von Vertuschung und dreisten Lügen vernebelt scheint, wird vor allem durch die beherzt agierenden Ost-Ermittlerinnen aufgedeckt. Kommissarin Schubert und ihre Kollegin, Kriminaldetektivin Uta (Fritzi Haberlandt), zeigen dabei beispielhaft, wie vor allem der menschliche Zusammenhalt die Knute einer Diktatur erträglich machte. 

Fast 700 Ermittler waren im Auftrag der ZERV unterwegs, am Ende ihres Einsatzes hatten sie über 20.000 Fälle bearbeitet und einige Milliarden D-Mark an veruntreuten Geldern zurückgewonnen. Die sehenswerte Serie wird nach Ausstrahlung der ersten beiden Folgen am 22. Februar durch eine Dokumentation ergänzt.