18.04.2024

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Folge 07-22 vom 18. Februar 2022 / Deutschunterricht / „Wir müssen laut sein!“ / Warschau setzt Verordnungen um, die gegen den Deutschunterricht als Minderheitensprache zielen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-22 vom 18. Februar 2022

Deutschunterricht
„Wir müssen laut sein!“
Warschau setzt Verordnungen um, die gegen den Deutschunterricht als Minderheitensprache zielen

Der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Bernd Fabritius, fordert eine Korrektur der die Deutsche Minderheit diskriminierenden Verordnung. Hintergrund ist (Siehe S. 4) die Kürzung der Förderung des Deutschunterrichts als Minderheitensprache in der Republik Polen um zunächst zwei Drittel und dann vollständig: „Die Bundesregierung ist überrascht worden von dieser Entscheidung des polnischen Bildungsministeriums. Sie stellt nach meiner Überzeugung eine bedauerliche und offene Diskriminierung der deutschen Minderheit dar. Die zur Begründung dieser Diskriminierung von der polnischen Regierung angeführten Annahmen sind völlig unzutreffend und wären darüber hinaus auch nicht geeignet, derartige Restriktionen mit einer für kommende Generationen sehr nachteiligen Wirkung für eigene Staatsbürger zu beschließen. Der Vorwurf der polnischen Regierung einer vermeintlich fehlenden Unterstützung der Bundesrepublik für Polnischunterricht an deutschen Schulen ist völlig unzutreffend.“

Der Bundesbeauftragte informierte weiter: „Die Zahl der Polnisch-Lernenden an deutschen Schulen hat sich seit 1991 um das 13-fache erhöht und seit 2005 noch einmal fast verdreifacht. Alleine 14.246 Oberschüler, die Polnisch als Herkunftssprache lernen, profitierten 2020 von deutschen Bildungsausgaben in Höhe von 202,3 Millionen Euro, die in den Bildungssystemen der Länder vom deutschen Steuerzahler zur Verfügung gestellt werden. Zudem stärkt das 2020 gegründete Kompetenz- und Koordinierungszentrum für Polnisch in St. Mariental den Polnisch-Unterricht in Deutschland. Auch das Deutsche Polen-Institut leistet wichtige Arbeit und wird von öffentlichen deutschen Stellen unterstützt. Es gibt herausragende Modellprojekte in den Grenzregionen und seit 2013 eine Strategie der Kultusministerkonferenz zur Förderung von Polnisch als Herkunftssprache. Die Geschäftsstelle der Polonia wurde zuletzt mit 85.000 Euro jährlich aus Mitteln des Bundesinnenministeriums unterstützt.“ Es sei daher wichtig, dass diese Fakten Eingang in die weiteren Beratungen finden und Polen die Diskriminierung stoppe, so Fabritius. „Diese Fakten zeigen, wie breit die polnische Gemeinschaft in Deutschland finanziell und ideell unterstützt wird. ... Ich hoffe daher, dass durch ein Wiederaufgreifen bilateraler Gespräche die bestehenden Missverständnisse ausgeräumt und die diskriminierenden Maßnahmen gegen die deutsche Minderheit zurückgenommen werden.“ Bereits am 22. Februar wird der Bundesbeauftragte zu weiteren Gesprächen mit der polnischen Regierung nach Warschau reisen.

Was kann man tun? So fragte die PAZ den Vertreter der Landsmannschaft Ostpreußen in Allenstein, Damian Wierzchowski, der selbst Deutschlehrer ist. „Wir müssen laut sein! Mit großem Druck kann sich noch etwas ändern“, war seine Antwort, die er weiter ergänzte: „Den Menschen in der Republik Polen muss klar sein, dass es hier eine Deutsche Minderheit gibt, in Deutschland gibt es aber keine polnische Minderheit. Den Menschen muss bewusst werden, dass die Minderheiten unter Schutz stehen, dass in der polnischen Verfassung ganz klar dieser Schutz enthalten ist, dass die Republik Polen als Vertragspartner der Europäischen Charta der Minderheiten- oder Regionalsprachen sich verpflichtet hat, Deutsch als Minderheitensprache zu fördern.“

Wierzchowski hat den Eindruck, dass ein rasches Agieren seitens des Bildungsministeriums geschehe, um Reaktionen keine Zeit zu lassen, um Transparenz zu verhindern. Er befürchtet, dass Schulen, die erst einmal geschlossen sind, weil sie sich nicht mehr finanzieren können, nicht wieder reaktiviert werden. Schülern werde nicht nur ein weiterer Schulweg zugemutet, viele Lehrer würden auch arbeitslos.

Tatsächlich geht das Handeln des Bildungsministers Przemysław Czarneks noch viel weiter. Bereits im Oktober 2021 titelte die „Süddeutsche Zeitung“ „Przemysław Czarnek will Frauen das Studium erschweren und hält LGBT für ähnlich gefährlich wie den Nationalsozialismus. Er soll den ,Kampf um die polnische Seele‘ in die Universitäten tragen.“ Die „Deutsche Welle“ berichtete im Januar 2022 von der verstärkten ideologischen Überwachung der Schulen: „Das Parlament in Warschau verabschiedete am vergangenen Donnerstag (13.01.2022) eine Gesetzesnovelle, die die Kompetenzen der zentralen staatlichen Schulaufsichtsbehörde auf Kosten der lokalen Selbstverwaltung stärkt. Schulleitern, die Anweisungen aus der Zentrale nicht umsetzen, droht nach nur einer einzigen Abmahnung die sofortige Entlassung. Erweitert wurden auch die Kontrollmöglichkeiten des Bildungsministeriums über private Schulen und andere Bildungseinrichtungen.“

Die Deutsche Minderheit scheint nur ein Dorn von vielen im Auge des Bildungsministers zu sein, der herausgezogen und vernichtet wird. In Anbetracht der Lage hofft Henryk Hoch vom Verband der Deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren, wie er der PAZ gegenüber äußerte, auf eine neue Regierung. Die nächste Parlamentswahl wird aber erst nächstes Jahr stattfinden. CRS