19.04.2024

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Folge 07-22 vom 18. Februar 2022 / Karelien / Grenzerfahrungen in Finnland / Nur Wölfe, Bären und Elche kommen durch – Ein Erfahrungsbericht von der finnisch-russischen Grenze

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-22 vom 18. Februar 2022

Karelien
Grenzerfahrungen in Finnland
Nur Wölfe, Bären und Elche kommen durch – Ein Erfahrungsbericht von der finnisch-russischen Grenze
Peer Schmidt-Walther

Kürzlich waren ein Kollege und ich beruflich in Südost-Finnland unterwegs. Dabei kollidierten wir quasi auch mit der finnischen Geschichte. Kurzer historischer Exkurs dazu: Der Ostteil des Landes zwischen dem eisfreien Hafen Petsamo an der Barentssee und Vyborg am Finnischen Meerbusen musste nach dem Fortsetzungskrieg 1944 an die Sowjetunion abgetreten werden. 

Die Grenze schmerzt noch heute, wie uns – auch jüngere – Finnen immer wieder bestätigen. Stellenweise passiert man noch die musealen Stellungen mit Waffen (samt finnischem Hoheitsabzeichen, dem umgekehrten Hakenkreuz) der Armee von Feldmarschall Mannerheim gegen die sowjetischen Angreifer. 

Wir waren allerdings in völlig friedlicher Absicht unterwegs. Die winterlichen Verhältnisse mit hohem Schnee und niedrigen Temperaturen bis minus 30 Grad eigneten sich nämlich hervorragend für den Test eines neuen Pkw-Modells. Dabei gerieten wir auch in die Nähe der finnisch-russischen Grenze. In 500 Metern Abstand warnten uns zwei Schilder unmissverständlich davor weiterzufahren. So ganz ernst nahmen wir das allerdings nicht, weil wir weder Zaun noch Wachturm sahen und Grenzen ja inzwischen obsolet sind. 

Der tief verschneite Pfad zwang uns letztlich zur Umkehr – was auch gut so war. Auffallend vor dem Waldstreifen, der laut Navigationsgerät auch den Grenzverlauf markierte, nur ein hoher Mast mit allerlei Antennen. Ähnlich solchen für Telekommunikation, die in Finnland fast nur mobil verläuft. Wir dachten uns nichts weiter dabei. Bis unseren Waldweg mehrfach ein Pkw in hoher Fahrt kreuzte. Vier Männer in Tarnuniform schienen uns nicht zu beachten. 

Zurück auf der Hauptstraße, begegnete uns plötzlich ein dunkelgrüner Kombi. Der machte abrupt kehrt und eskortierte uns auf den nächsten Parkplatz. Was dann folgte, war eine penible Kontrolle der Dokumente durch die drei finnischen Grenzschützer. Ob wir den 500-Meter-Abstand beachtet hätten? Wir bejahten. Sie drohten mit einer Kontrolle unserer Reifenspuren. Gegenfrage: Woher sie das wüssten? Vielsagendes Lächeln. Aha, die Sendemasten mit Videokameras. Im Falle der Linienüberschreitung müssten wir mit einer hohen Strafe rechnen. 

Wir gaben uns zahm und führten die löchrige EU-Außengrenzen an sowie das grün-linke „Argument“, man könne diese Grenzen doch nicht gegen illegale Eindringliche schützen. Die Grenzer lachten nur und meinten: „Wir schaffen das! Die erzählen euch Märchen, denn technisch ist selbst unsere 1340 Kilometer lange Grenze mit Russland, übrigens die längste EU-Außengrenze, problemlos zu überwachen. Drüben machen die das auch. Die einzigen, die da unkontrolliert rüberkommen, sind Wölfe, Bären und Elche.“

Und in festgelegten Abständen auch die russischen Grenzer, wie uns ein Einheimischer berichtete. Die zieht es nämlich unwiderstehlich in die finnische Sauna. Dazu werden sie gern von ihren blau-weißen Kollegen aus Finnland eingeladen. Das ist hier in Karelien schon Tradition, neuer Kalter Krieg hin oder her. 

Zuvor gilt es allerdings, den jeweiligen Grenzabschnitt gemeinsam abzulaufen und zu kontrollieren. Dann schmeckt das finnische Karhu/Bären-Bier beim gemeinsamen Schwitzen umso besser. „Kippes!“ prosten die einen, „na sdarowje!“ die anderen. Wie friedlich es doch zugehen kann an dieser knallharten Demarkationslinie!